
© Herbert Kroiss/defa-spektrum
Am 3. November wird im Filmmuseum die neue Dauerausstellung „Traumfabrik. 100 Jahre Film in Babelsberg“ eröffnet. Sie stellt in sieben Themenbereichen die Gewerke vor, die am Entstehen eines Films beteiligt sind. Die PNN stimmen in den kommenden Wochen mit sieben kleinen Geschichten auf die Ausstellung ein. Heute heißt es zum Abschluss „Premiere“.
Sie kostete 2,50 Mark: die Premierenkarte zur Uraufführung von „Paul und Paula“ im Berliner Kino „Kosmos“. Datiert ist sie auf den 29. März 1973 und stammt aus dem Nachlass von Heiner Carow, der den Film selbst drehte. Ob er den kleinen grauen „Papierschnipsel“ tatsächlich bezahlen musste, ist nicht mehr zu erfahren, denn der Regisseur ist 1997 gestorben. Sein Film gehört jedoch zu den bleibenden aus Defa-Zeiten und ist auch bei nachgeborenen Generationen Kult.
Schon vor der Premiere gab es eine Studiovorführung im „Defa 70“ Babelsberg und die wurde mit Standing Ovations gefeiert. Die Mitarbeiter waren begeistert. Doch alsbald machten Gerüchte die Runde, dass „Die Legende von Paul und Paula“ verboten werden könnte. Der Staatsratsvorsitzende der DDR, Erich Honecker, hatte sich amVormittag des 29. März im „Kosmos“ den Film intern angeschaut. Heiner Carow ging jedenfalls am Abend sehr aufgeregt und mit gemischten Gefühlen ins Kino. Und er wunderte sich nicht schlecht über die Leute, die da so kamen. Die meisten sahen aus wie Behördenangestellte, offensichtlich von Ministerien abkommandiert. Und so klatschte am Ende auch nur die Hälfte wie euphorisiert, während die andere reglos verharrte. Doch die Liebesgeschichte durfte trotz dieses Szenarios ihren Siegeszug antreten. Erich Honecker hatte persönlich entschieden, den Film freizugeben, da er in „Paul und Paula“ ein Angebot speziell für junge Menschen sah. Und das wurde auch ins Ausland mit großem Erfolg verkauft. Schauspielerin Angelica Domröse sowie Drehbuchautor Ulrich Plenzdorf durften 1975 sogar nach Zürich reisen, um den Film vorzustellen und dort auch eine Pressekonferenz zu geben. Das kam nicht oft vor in der Defa-Geschichte.
Mit etwa drei Millionen Zuschauern wurde die „Legende“ ein Kassenschlager. Angelica Domröse und Winfried Glatzeder verkörperten darin ein romantisches Paar, das alles in die Waagschale ihrer Liebe warf, um am Ende doch in ihrem Glück zu scheitern.
Der Film verhalf auch den Puhdys zum Durchbruch. Die von Peter Gotthardt komponierten Filmsongs „Geh zu ihr“ oder „Wenn ein Mensch lebt“ wurden die ersten Hits der Band. Dabei wollte Gotthard eigentlich ein Trompetenkonzert von Bach für den Film verwenden. Doch dann entdeckte er die Puhdys. Die Texte für die Songs, in die man während der Ausstellung reinhören kann, schrieb Ulrich Plenzdorf unter Verwendung von Versen aus dem Alten Testament.
Die kleine unscheinbare Kinokarte kann also eine Menge „erzählen“. Man sollte sie an der nostalgischen „Kinokasse“ in der Ausstellung also nicht übersehen.Heidi Jäger
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