Kultur: „Nur“ Hintergrundfolie
Ausstellung im Neuen Palais: „Der Traum vom Orient – Kaiser Wilhelm II. im osmanischen Reich“
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Ausstellung im Neuen Palais: „Der Traum vom Orient – Kaiser Wilhelm II. im osmanischen Reich“ Von Klaus Büstrin Kaiserin Auguste Victoria muss eine begeisterte Fotografin gewesen sein. Als sie mit ihrem Mann 1898 in die Türkei reiste griff sie des öfteren zur Kamera. Die Monarchin bannte ihren Mann, Wilhelm II., vorrangig aufs Bild. Zur Erinnerung „schoss“ Auguste Viktoria die Bilder, denn sie wusste dass Wilhelm vom Orient schwärmte: „Nach einem Aufenthalte, der einem Traume gleicht, und welcher durch die freigebigste Gastfreundschaft des Großherrn zu einem paradiesischen gemacht worden ist, passire ich soeben bei schönem Wetter die Dardanellen.“ Drei Mal besuchte der Kaiser, der auch „Reisekaiser“ genannt wurde,den türkischen Sultan Abdül Hamid II.: 1889, 1898 und 1917. Und immer wieder wurde er mit Geschenken bedacht, die ihn an die Reise erinnern sollten. Eine Auswahl davon kann man ab heute in den Roten Kammern des Neuen Palais in der Ausstellung „Der Traum vom Orient – Kaiser Wilhelm II. im Osmanischen Reich“ besichtigen, also in jenem Schloss, das der letzte Hohenzollern-Monarch zu seiner Hauptresidenz machte. Es könnte sein, dass die Geschenke in diesem Schloss aufbewahrt wurden. 1918, als Wilhelm II. Deutschland in Richtung Holland verlassen musste, nahm er dann viele der Erinnerungen an das Osmanische Reich in Form von Gemälden, Aquarellen, Zigaretten- und Streichholzdosen, bestickte Decken aus Halbseidenatlas, Teppiche, eine Muschel mit geschnitzter Geburtsszene Jesu, eine Menükarte des Diners in Konstantinopel und vieles andere mit. Kostbare Waffen (Krummschwert, Krummsäbel), oder Orden aus Gold, Email und Bergkristall erhielt der Kaiser vom Sultan als selbstverständliche Ehrenbezeugung. Im Exilschloss des Kaisers, Haus Doorn, fand man unlängst aus dem Nachlass zwei orientalische Zelte, die sich als Nachbildungen entpuppten. Der Stoff im Inneren ist natürlich ein sehr kostbarer, denn Wilhelm II. wollte während seiner Orientreisen so oft wie möglich in „Zeltlagern kampieren“. Die kaiserliche Zeltstadt wartete zumeist mit rund 200 runden, spitz zulaufenden Zelten auf. Die Wiederentdeckung der „türkischen“ Zelte veranlasste das Haus Doorn eine Ausstellung über den „Traum vom Orient“ Wilhelms II. zu konzipieren. Da die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten und das holländische Museum künftig stärker zusammen arbeiten möchten, wurde vereinbart, die Schau in Potsdam zu zeigen. Da im Neuen Palais mehr Fläche vorhanden ist als in Doorn, konnte die Ausstellung, die von Gudrun Gorka-Reimus kuratiert wurde, erweitert werden. Neben den beiden Zelten findet man im Marmorsaal eine „reich gedeckte“ Tafel mit dem aus 102 Teilen bestehenden „Damaskusservice“, das der Kaiser bei KPM Berlin anfertigen ließ. Als Vorbild diente eine chinesische Porzellanschale aus dem 18. Jahrhundert, die Wilhelm II. während seiner Orientreise 1898 geschenkt bekam. Die Kuratorin bemerkte beim gestrigen Presserundgang, dass die Ausstellung keine historische Aufarbeitung damaliger gemeinsamer Politik Deutschlands und des Osmanischen Reiches sein will. Sie versteht sich als Hintergrundfolie zum besseren Verstehen von Geschichte. Nicht nur ein „Märchen aus tausendundeiner Nacht“ wollte der Kaiser in der Türkei erleben, sondern es ging ihm auch um handfeste wirtschaftliche Beziehungen, um christlich-missionarischen Dienst bei seiner Fahrt ins Heilige Land. Die Weiterführung des „Traums vom Orient“ Wilhelms II. wäre in einer anderen Ausstellung nicht uninteressant.
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