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Kultur: „Oh, mein Gott“ – Zeugnisse christlicher Kulturprägung

Ausstellung im Haus der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte über „Gott in Brandenburg“

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Ausstellung im Haus der Brandenburgisch- Preußischen Geschichte über „Gott in Brandenburg“ Von Klaus Büstrin „Oh, mein Gott“. Wie schnell werden diese Worte in den Mund genommen. Nur so als einfache Redensart, nicht als Gebetsanliegen. „Oh, mein Gott“. Dass dieser Ruf ein altes Gebetswort ist, kommt den meisten Menschen heute gar nicht in den Sinn. Aber dem Autoren dieses Textes. Als er die Presseführung der Ausstellung „Gott in Brandenburg. Zeugnisse christlicher Kulturprägung“ besuchte, hörte er des öfteren dieses „O mein Gott“ als Ausruf des Entzückens oder der Abneigung. Einfach nur so. Dass viele Menschen mit großer Ehrfurcht das Wort Gott in den Mund nahmen und nehmen, wird in der Schau im Kutschstall deutlich. Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte geht dabei innerhalb des Kulturland-Brandenburg-Themenjahres 2005 „Der Himmel auf Erden – 1000 Jahre Christentum“ den christlichen Wurzeln unserer Lebenswelt nach. Bischof Wolfgang Huber hat die Schirmherrschaft übernommen. Viele Kirchengemeinden aus dem Land Brandenburg und Berlin evangelischer und katholischer Konfession beteiligen sich mit Leihgaben an dieser Ausstellung. Und mit ihnen hat die Kuratorin Anne-Kathrin Ziesak eine spannende und sehr informative Ausstellung zusammenstellen können. In sieben Kapiteln wird ein Stück Geschichte des Christentums im Land Brandenburg erzählt. Sie können natürlich nur fragmentarisch sein, denn fast jeder Mensch hat schließlich seine eigene Glaubensgeschichte, auch jedes sakrale Bauwerk in den Städten und Dörfern, jedes liturgische Gerät, Dokument, Buch, Bild oder Skulptur. Wenn man den oberen Sonderausstellungsraum im Kutschstall betritt, meint man, man sei in einem sakralen Raum. Seine Stirnseite schmückt Wichtiges einer Kirche, das Altarbild. Die Ausstellungsmacher konnten einen der schönsten Dorfkirchenaltäre von 1500 nach Potsdam holen, den aus Schorbus. Mit heiterer Gelassenheit schauen die Heiligen, die in einer Werkstatt in der Niederlausitz aus Holz geschnitzt wurden, den Betrachter an: Maria und ihre Mutter Anna, das Jesuskind, dazu Heilige, die von den Menschen damals besonders bei Nöten angerufen wurden. Beispielsweise Ägidius mit der Hirschkuh. Er war für die stillenden Mütter zuständig, Erasmus mit der Gedärmewinde sollte den Viehseuchen Einhalt gebieten, Valentin, als Bischof dargestellt, wurde um Schutz vor Krämpfen und Gicht angerufen. Der Altaraufsatz stammt aus dem Jahre 1582. Er zeigt den Kirchenpatron Caspar von Zabeltitz und seine Familie während der Anbetung. Anne-Kathrin Ziesak erzählt bei der Presseführung, dass während der Reformationszeit im Brandenburgischen selten Bilderstürmer unterwegs waren. Manch wertvoller Altar konnte die Zeiten überdauern. Beim Betrachten des Schorbuser Altars ist der Besucher schon in der dritten von sieben Stationen der Ausstellung angelangt. „Reformation und Kirchenordnung“ nennt sie sich. Neben dem eindrucksvollen Altar findet man auch eine Luther-Bibel aus Werben und eine Visitationsakte aus Tangermünde von 1540. Kurfürst Joachim II. schickte Visitatoren durchs Land, die die Einhaltung der neuen Kirchenordnung kontrollieren sollten. In der ersten Abteilung wird über die Christianisierung berichtet. Das kleine „Spandauer Kreuz“ – eine Gussform aus dem 10. Jahrhundert – bei Ausgrabungsarbeiten gefunden, ist das früheste christliche Zeugnis im Brandenburgischen. Desweiteren wird über die Entstehung von Bistümern, die Baukunst der Zisterzienser berichtet. Schnitzfiguren aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, die ansonsten in der Dorfkirche von Alt-Krüssow zu finden sind, illustrieren diese Station. Das überdimensionale Rosenkranzbild der Frankfurter Familie Wins von 1514 gibt Kunde von der sehr innigen Verehrung der Gottesmutter. Mehrere Generationen der Patrizierfamilie beten auf dem Gemälde Maria an. Bei „Gottesverständnis und Frömmigkeit“ findet man weiterhin ein Kollektenbrett, einen Gemeinen Kasten, in denen für die Armen in der Gemeinde gesammelt wurde. Das so milde Gesicht des Jacobus, des „Pilgerheiligen“ vom Triumphkreuzbalken der Bernauer Marienkirche ist von beeindruckender Schönheit. Die Kuratorin macht darauf aufmerksam, dass auch Brandenburg im Mittelalter ein Wallfahrtsland war. Epitaphien sind in der vierten Station, die sich mit Tod und Ewigkeit befasst, zu sehen. Vor allem zieht eine Totenkrone ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie wurde 1851 zur Erinnerung an die mit 18 Jahren verstorbene Auguste Böttcher in der Marienkirche in Bernau aufgehängt. Das diakonische Engagement der preußischen Königin Elisabeth wird mit einem Gemälde bei „Von Gottes Gnaden“ gewürdigt“ und „Von der Wiege bis zur Bahre“ zeigt ganz persönliche Lebenszeugnisse: Tauf- und Patenbriefe, Konfirmationsscheine oder die einst so beliebten Segenssprüche. Vom Oranienburger Bildhauer Wilhelm Gross sind Modelle einiger seiner Werke ausgestellt. Gross hat führende Männer der Bekennenden Kirche, die gegen den Nationalsozialismus opponierten, porträtiert. Mit diesen Arbeiten und mit Zeugnissen von Menschen, die zu DDR-Zeiten trotz staatlicher Propaganda ihren christlichen Glauben nicht aufgaben, wird man in der letzten Abteilung, „Kirche in der säkularen Welt“, konfrontiert. Dazu gehört auch die sehr interessante Hörstation. In Interviews berichten der ehemalige Propst der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Hans-Otto Furian, und der einstige Konsistorialpräsident Manfred Stolpe über das Konzept „Kirche im Sozialismus“. Die Ausstellung „Gott in Brandenburg“ und auch das begleitende Buch erzählen in fesselnder Weise wie der christliche Glaube unser Leben – ob man es wahrhaben will oder nicht – stets beeinflusst, von der Wiege bis zur Bahre. Oh, mein Gott. Gott in Brandenburg. Zeugnisse christlicher Kulturprägung“ Ausstellung im Kutschstall, 17. 9. – 8. 1. 2006. Begleitveranstaltung: 18. 9., 11-13 Uhr. Jazzfrühschoppen sowie Führungen

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