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Kultur: Ohne Schrecknisse – der heitere Alltag hat Präsenz

Ausstellung des Potsdamer Kunstvereins im Alten Rathaus: „Korrespondenzen II“ mit Paul Strecker und Heinz Böhm

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Des Lebens Spiel, die Welt im Kleinen. Welt, an die man ganz nah herantreten kann, die, wie man meint, schon oftmals gesehen hat. Und doch bekommt man sie in den Interpretationen von Paul Strecker und Heinz Böhm sonst selten zu sehen. Es sind Bilder, in denen Begebenheiten und Fantasien, Erlebtes und Erfundenes sich begegnen.

Es ist vor allem der Alltag, nicht ein grauer und freudloser, sondern vorrangig das Heitere, denen sich die beiden Maler annahmen. Nicht Schrecknisse oder Grausamkeiten, nicht die harten Konflikte und Widersprüche der Zeit, geschweige denn Krieg und Aggressionen werden dargestellt. Eher wohl die Idylle. Sie malten Leute auf der Straße, wie sie in der Gaststätte sitzen, beim Picknick im Walde, während des Spiels im Wasser und am Strand, Menschen, die sich lieben, die musizieren, in ihrem eigenen Zuhause, im Garten, Artisten oder Gelangweilte im Wartezimmer eines Arztes. Die beiden Künstler wissen auch das Unzulängliche und die Unzufriedenheit des Menschen auf ihren Bildern zu verdeutlichen. Vor allem Heinz Böhm, wenn auf seinen Straßenbildern Menschengruppen sich stumm und stumpf in Bewegung setzen.

Zu sehen ist eine Auswahl der Werke Paul Streckers und Heinz Böhms derzeit im Alten Rathaus. Der Potsdamer Kunstverein e.V. initiierte die Ausstellung in seiner im vergangenen Jahr begonnenen Reihe „Korrespondenzen“. 2006 konnten Bilder des Hallenser Malers Egon Hahs und seiner Schülerin Doris Keetmann präsentiert werden. Deren gemeinsame äußere Biografie schuf Verbindungen. Sie rechtfertigte ohne Wenn und Aber ihre Aufnahme in die Ausstellungsreihe. Dies wird man bei Strecker und Böhm so nicht finden. Doch geht man durch die von Andreas Hüneke kuratierte Schau, so findet man eine „thematische und formale, vor allem stimmungsmäßige Verwandtschaft“ (A.Hüneke): die Sicht auf den Alltag. Dies verbindet.

In das 20. Jahrhundert mit all seinen problematischen und unfriedlichen Zeitläuften werden beide Künstler hinein geboren. Paul Strecker sogar zwei Jahre vor 1900 in Mainz. An der Münchener Akademie der bildenden Künste und bei Reisen durch Italien, England, Holland und anderswo hat er seine Studien in Sachen Kunst absolviert. 1944 geht er nach Berlin, wird nach dem Zweiten Weltkrieg Professor an der Kunsthochschule in Charlottenburg und avanciert an Berliner Theatern als gefragter Bühnenbildner. 1950 stirbt Paul Strecker im damaligen Westberlin.

Heinz Böhm wird 1907 in Berlin geboren, studiert an der Kunsthochschule in Charlottenburg bei Emil Orlik und Karl Hofer. Auch er geht anschließend auf Reisen, nach Böhmen und Italien. Böhm beschäftigt sich in den vierziger Jahren dann mit dem Zeichnen für Trickfilme. Bei der DEFA wird er schließlich für fast zehn Jahre Chefzeichner des Trickfilmstudios. Ab 1963 widmet er sich ausschließlich der Malerei in seinem Haus in Potsdam-Nedlitz. 1988 stirbt Heinz Böhm in Potsdam.

Viele der ausgestellten Bilder finden nicht sogleich eine freundliche Aufnahme bei dem Betrachter. Ist es bei Paul Strecker das grelle Gelb-Grün der Strandbilder, das fast abstoßend wirkt, so muss man sich bei Heinz Böhm wieder auf die fleckenartigen Farbflächen, die er für seine Figuren bereithält, einlassen.

Das Schönste dieser Ausstellung sind die Landschaftsaquarelle des Nedlitzer Malers. „Auf dem Darß“, „Tannen im Riesengebirge“ oder „Kirschblüte“ sind von einer feinen Poesie verwoben, bei denen Farben und Formen von einem bewegenden Rhythmus bestimmt werden. Auch Streckers Szenen aus dem häuslichen Bereich gehören zu den Bildern, an denen die Augen hängen bleiben. Weniges trägt zur Milieuschilderung bei, doch ist sie so gewählt, dass sie den Dargestellten in Haltung und Handlung typisch unterstreicht.

Es ist höchst erfreulich, dass der Potsdamer Kunstverein, wiederum einen Künstler wie Paul Strecker vorstellt, der hier wohl kaum bekannt sein dürfte, und dass er an Heinz Böhm erinnert, dessen Geburtstag sich 2007 zum 100. Male jährt.

Bis zum 27. Mai, Altes Rathaus, Di-So 10 bis 18 Uhr.

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