Kultur: „Paradiesisch“ musiziert
„Musik und Architektur“ im Paradiesgarten: Persius-Ensemble warb für das Stibadium
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Das Paradies ist der Garten aller Gärten, ein Ort, wo das Ideal von Glückseligkeit gefeiert werden kann. Im alten Persien wird es als ein herrschaftlicher Park, als Tier-, Lust- oder Zaubergarten bezeichnet. In der Bibel ist das Paradies das Reich Gottes.
Der Paradiesgarten im Park Sanssouci, den sich König Friedrich Wilhelm IV. im Zuge des nicht vollständig durchgeführten Triumphstraßenprojekts von Hermann Sello anlegen ließ, lädt Besucher zum Flanieren und Studieren ein. Heute ist es Teil des Botanischen Gartens der Universität. Gut 100 Gäste kamen am Sonntagnachmittag in das Areal, um der Veranstaltung „Musik und Architektur“ beizuwohnen. Seit seiner Gründung im Jahre 1997 hat das Persius-Ensemble mittlerweile 16 Projekte unter dem Titel „Musik und Architektur initiiert und veranstaltet. In Karin Flegel, Architektin und Geschäftsführerin der Potsdamer Urania, fanden die Musiker eine engagierte Mitstreiterin, die sehr kenntnisreich einen eigenen Beitrag innerhalb der Vortrags-Konzerte vorlegt. Auch diesmal im Potsdamer Paradiesgarten.
Zunächst hatte das renommierte Potsdamer Nonett, das Persius-Ensemble, das Sagen. Mit der Italienischen Serenade von Hugo Wolf eröffnete es die Veranstaltung. Als Streichquartett komponiert, wurde es hier in einer Bearbeitung von Rainer Schottstädt für Streich- und Bäserquintett geboten. Auch in dieser Fassung fließt die Tonsprache heiter, licht und gelöst. Das neunköpfige Ensemble, das hierbei und bei dem Siegfried-Idyll von Richard Wagner durch eine Violinistin verstärkt wurde, musizierte stets mit schlankem Ton und durchsichtiger Artikulation. Besonders das zart getönte Wagner“sche Opus, das als „symphonischer Geburtstagsgruß“ des Komponisten für seine Frau Cosima gedacht war, wurde an diesem Ort sehr poetisch und seelenvoll musiziert, geradezu „paradiesisch“. Da vernahm man nicht mehr den Verkehrslärm von der nahen Maulbeerallee. Das Siegfried-Idyll hatte den Zuhörer gefangen genommen.
Musiziert wurde vor dem Stibadium, eines der letzten Bauwerke des Architekten Ludwig Persius. Das einst als Ruhesitz in der Antike gedachte Bauwerk sollte auch Friedrich Wilhelm IV. zum Schauen in den Paradiesgarten mit seiner mediterranen Pflanzenwelt einladen und zum Nachdenken über Gott und die Welt, über Leben und Vergänglichkeit inspirieren. Karin Flegel vermied in ihrem Vortrag über Paradiesgarten und Stibadium das Wissen trocken herüber zu bringen, sondern mit warmer Herzlichkeit und wohl durchdachter Rede.
Das 1844 nach Entwürfen des Königs erbaute Stibadium harrt einer dringenden Sanierung. Der Freundeskreis des Botanischen Gartens e.V. hat „Musik und Architektur“ zum Anlass genommen, um eine Spendenaktion zu starten. Vereins- Vorsitzender Prof. Ingo Schneider und Ehrenvorsitzende Ingrid Stolpe haben gegenüber den PNN von der Dringlichkeit der Rekonstruktion dieses Kleinods gesprochen, da es sonst dem Verfall preisgegegeben sei. Bei ihrem Vorhaben werden sie von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin–Brandenburg unterstützt. 230 000 Euro soll die Sanierung kosten. Dazu sind viele Spenden, große und kleine, willkommen.
Zum Abschluss der Veranstaltung hatte das Persius-Ensemble noch das „Grand Nonetto“ in F-Dur von Louis Spohr, der die Nonett-Gattung einführte, parat. Hierbei wechselte man nach dem ersten Satz kurzerhand den Spielort, vom Stibadium zum „Alpinum“. Sonnenstrahlen verhinderten eine spielfreie Sicht auf die Noten. Von einem schwärmerischen frühromantischen Gestus ist das Stück durchdrungen. Das Persius-Ensemble hat die Klangfarbenkombination von Streich- und Blasinstrumenten trefflich ausbalanciert und es mit einnehmender Natürlichkeit und Frische musiziert. Herzlicher Beifall galt allen Mitwirkenden für diese anregende Veranstaltung im Paradiesgarten.
Spenden auf das Konto Freundeskreis dse Botanischen Gartens, Nr. 3502012007, Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam, BLZ 16050000.
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