Kultur: Potsdam sucht den Superkünstler
KO Kunstwettbewerb 2006 im Waschhaus beginnt am morgigen Mittwoch
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Junge Kunst hat es sehr schwer, sich durchzusetzen. Nicht nur in Potsdam. Ohne Kunststudium bestehen kaum Chancen auf Anerkennung, und die wenigsten finden einen Galeristen, der für die nötige Öffentlichkeit sorgen kann. Zwar gibt es in Potsdam eine starke Fraktion, die sich für moderne Kunst einsetzt, und der Ruf nach einer Kunsthalle ertönt beinahe halbjährlich. Dennoch stößt der Kunstinteressierte in den Galerien der Stadt häufig auf immer dieselben Namen. Wo sind die ganz jungen Talente?
Die drei Kulturarbeitsstudenten an der Potsdamer Fachhochschule, Juliane Breternitz, Mareen Scholl und Sebastian Mall geben mit ihrem bereits 2004 schon durchgeführten KO-Kunstwettbewerb eine Antwort. Man staunt. Auch, wie unkonventionell und professionell der Ansatz ist. Gesucht wurden Künstler zwischen 15 und 30 Jahren, die gerade keine akademische Kunstausbildung genossen haben. Mutig zudem, wirklich nur innerhalb der Stadtgrenzen nach Teilnehmern zu fahnden. Die nach Preisgeld aus Brandenburg stets schielende Berlin-Mitte-Art nicht anzusprechen, stärkt das lokale Selbstbewusstsein.
Alles scheint zu stimmen. Die Organisatoren kennen durch Haus- und Atelierbesuche die Werke der beteiligten Künstler und stehen so kenntnisreich hinter den Kandidaten. Die Fachjury mit der neuen Fachbereichsleiterin für Kultur Birgit-Katherine Seemann, dem Galeristen Rainer Sperl und Peter Bause von der Kunstschule Potsdam kann später sogar professionelle Wege öffnen helfen. Ganz oben steht jedoch der Spaß, junge, nicht-etablierte Kunst zu entdecken.
Überhaupt nicht verwerflich ist da der basisdemokratische Ausscheidungsmodus im KO-System. „Potsdam sucht den Superkünstler“ hat sicherlich etwas von einem Event. Die beiden Runden mit je acht Nachwuchskünstlern, bei denen die Abstimmungskarten je nach Vorliebe in den acht Urnen landen, sind nur drei Tage kurz. Wie ein gutes Sommer-Open-Air.
Aber solange die Kunst im Mittelpunkt stehen bleibt, und, wie die Organisatorin Juliane Breternitz beobachtet hat, die Besucher der Parties im Waschhaus mit Interesse durch die Galerieräume laufen, kommt jeder auf seine Kosten. Die glücklichen Talente erwartet ein Publikum, das größer ist und anders an ihre Werke herangehen wird als die etablierte Galerieszene. Vor zwei Jahren nahmen immerhin 1200 Besucher am „Voting“ teil. Damit auch ein Publikum abseits der Party-Reihen des Waschhauses beteiligt wird, können sich auch Besucher des Jazzkonzertes am 7. April und der Lesung von Rocko Schamoni am 27. April beteiligen.
Nur vier der acht Künstler der ersten Runde können sich für das Finale qualifizieren. Allen diesen Arbeiten kann ein überraschend hohes technisches und ästhetisches Niveau attestiert werden. Nicht wirklich überraschend ist eine gewisse Nähe zu fotografischen Abbildungsweisen. Die Jugend liebt es schnell und flüchtig.
Anne Krusches hat aus einer Kaffeedose eine Lochkamera gebastelt. Ihre bläulich weitwinkligen Blicke aus der Froschperspektive zeigen mehr, als das menschliche Auge sonst erfasst. Martin Wolf setzt schwarze Pigmente auf weiße Leinwand zu Tableaus zusammen, die wie zu stark entwickelte Fotos aussehen. Sophie Scholl oder vermummte Polizisten beim Straßeneinsatz zeigen Wolfs politische Konnotation. Die These der apolitischen Jugend Lügen straft auch die Fotoarbeit von Christian Metzner zum Täter-Opfer-Verhältnis.
Die Sprühdose hat an mancher Stelle den Siebdruckrahmen abgelöst. Felix Freese sprüht, wie es vielleicht Warhol getan hätte. Ein Spiel mit Vorbildern obendrein. Fantastisch in ihrer kleingliedrigen, akribischen Technik sind die Arbeiten von Andreas Köppe. Verschlungene Gesichter in schwarzem Kugelschreiber auf Leinen. Charmant und hochartifiziell.
Das Preisgeld von insgesamt 2000 Euro, über das das Finale am 28. April entscheidet, wird in Absprache mit den Gewinnern in das künstlerische Weiterkommen investiert, z.B. in die Ausrichtung einer Einzelausrichtung. Das Konzept aus Kulturvernetzung, basisdemokratischer Kunstvermittlung, nachhaltiger Talentförderung und Spaß überzeugte den Fonds Soziokultur, den ASTA, das Studentenwerk und die Stadtwerke, so dass den Organisatoren ein professioneller Handlungsrahmen zur Verfügung steht.
Ein Höhepunkt am Ende: Auf einer Auktion am 28. April mit der Synchron-Stimme von Marlon Brando als Auktionator können lieb gewordene Werke ersteigert werden.
Vernissage der 1. Runde: Mi. 29. März, 20 Uhr. Der Ausscheid über die 2. Runde ist am 5. April, 20 Uhr. Abstimmen und Info im internet: www.ko-kunst.de
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