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15 Jahre Nikolaisaal: Potsdams musikalisches Herz

Vor 15 Jahren wurde der Nikolaissaal in Potsdam eröffnet. Das wird ab Donnerstag groß gefeiert. In wenigen Wochen soll in dem Ensemble auch endlich das von Anfang an geplante Café eröffnen – mit einer Hommage an Rudy Ricciotti, den Architekten des Hauses.

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Potsdam - Echte Begeisterung war den Zeilen in den Potsdamer Neuesten Nachrichten damals nicht anzumerken. Den „anheimelnden Charme einer Flughafenabflughalle“ attestierte man dem Foyer des Nikolaisaals, als die Journalisten den 40 Millionen D-Mark teuren Neubau wenige Tage vor der Eröffnung besichtigen konnten. „Man wird sich daran gewöhnen müssen“, hieß es schmallippig. Der Konzertsaal immerhin konnte sofort überzeugen – „ein Prunk- und Prachtstück, ganz in weiß gehalten“. Und erst die effektvoll beleuchtbaren Akustik-„Eier“ an den Seitenwänden, ein Experiment des Architekten Rudy Ricciotti, der das Klangerlebnis auch auf den hinteren Plätzen besonders brillant und präzise machen wollte.

Vor 15 Jahren wurde der Nikolaisaal in Potsdam eröffnet

15 Jahre ist das jetzt her. Die futuristischen Eier sind das visuelle Markenzeichen des Nikolaisaals geworden. Und das Publikum hat sich in den knapp 4000 Veranstaltungen, die seit dem 27. August 2000 stattfanden, nicht einfach nur an den Konzertsaal gewöhnt, es hat ihn schätzen gelernt – für seine Akkustik, die Eleganz und das zeitlose Design. Das Jubiläum wird ab morgen drei Tage lang gefeiert – mit einem Veranstaltungsmix für verschiedene Geschmäcker und Generationen, wie ihn sich der Nikolaisaal unter Führung von Andrea Palent seit der Eröffnung auf die Fahnen geschrieben hat.

Ganz ungetrübte Feierlaune herrschte seinerzeit indes nicht. Das hatte weniger etwas mit dem Haus an sich zu tun, als mit der Auflösung der Brandenburgischen Philharmonie Potsdam, für die der Saal eigentlich geplant worden war. Nur Wochen vor der Eröffnung hatte das Orchester sein Abschiedskonzert gegeben. An die Verstimmungen mag Andrea Palent, Chefin und Ideengeberin des Hauses, heute nicht erinnern, wenn sie über die Anfangszeit spricht: „Ich bin froh, dass wir das hinter uns lassen konnten.“

"Drittes Konzerthaus Berlins"

Palent hat mit ihrem Team eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Fast 1,4 Millionen Zuschauer haben den Nikolaisaal seit der Eröffnung besucht – und längst nicht alle kommen aus Potsdam. Als „Drittes Konzerthaus Berlins“ wurde der Konzertsaal, an dessen Standort früher die St.-Nikolai-Gemeinde ihren Gemeindesaal unterhielt, mitunter liebevoll getauft.

Für vier brandenburgische Orchester ist der Saal heute eine künstlerische Heimstatt geworden: Die von ehemaligen Musikern der aufgelösten Philharmonie später gegründete Kammerakademie, das Deutsche Filmorchester Babelsberg, die Brandenburger Symphoniker und das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt (Oder). Für die beliebten Crossover-Konzerte, die zu Begegnungen mit Musikgenres jenseits der Klassik einladen, standen unzählige internationale Stars auf der Potsdamer Bühne. Die Kammerakademie spricht mit den Kinder- und Jugendkonzerten gezielt die junge und jüngste Generation an. Aber auch rund 500 Laienmusiker treffen sich in dem Neubau in der Wilhelm-Staab- Straße jede Woche zum Proben und zu Aufführungen – vom Potsdamer Männerchor über die Singakademie bis zu den großen Ensembles der Städtischen Musikschule. Es ist eine Entwicklung, auf die Andrea Palent mit Stolz zurückblickt: „Wir konnten den Nikolaisaal zu einem musikalischen Herz für Potsdam entwickeln“, resümiert sie.

Café Riciotti öffnet endlich nach 15 Jahren

In wenigen Wochen soll nun endlich auch das längst geplante Café eröffnen. Als innerstädtischer Treffpunkt war es schon in dem Konzept für den Nikolaisaal vorgesehen, das Palent gemeinsam mit zwei Kolleginnen im Winter 1999 innerhalb von zwei Wochen zu Papier brachte und das später die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung überzeugte. Nach 15 Jahren Wartezeit soll es in diesem Herbst endlich soweit sein: „Café Ricciotti“ soll das Café heißen, verrät Andrea Palent – eine Hommage an den Architekten des Hauses, den Franzosen Rudy Ricciotti. Der Namens-Patenschaft für das Café habe der Architekt zugestimmt, auch der Schriftzug soll noch mit ihm abgesprochen werden, erzählt die Nikolaisaal-Chefin. Betreiber wird der hauseigene Caterer.

Ricciotti zählt mittlerweile zu den internationalen Architekturstars. Nach dem Nikolaisaal entwarf der in Bandol an der provenzialischen Küste heimische Architekt unter anderem das Musée des Civilisations d’Europe et de Méditerranée in Marseille, das Jean-Cocteau-Museum in Menton an der Côte d’Azur, das Universitätsgebäude in Paris oder – gemeinsam mit Mario Bellini – den gefeierten Louvre-Anbau für das Museum islamischer Kunst.

Heute auf das Morgen vorbereiten

Fans seiner Architektur oder auch angehende Architekten lockt es immer wieder nach Potsdam in den Nikolaisaal, wie Andrea Palent berichtet. Auch zum Auftakt des Jubiläums am morgigen Donnerstag will Ricciotti-Mitarbeiter Tilman Reichert über dessen jüngeren Entwürfe und künftigen Pläne sprechen.

Auch der Nikolaisaal will sich weiterentwickeln. Das breite Programm mit der typischen Mischung soll bleiben. Neben dem Café spielt inhaltlich vor allem der Gedanke eines barrierefreien Konzerthauses eine große Rolle, wie Chefin Palent sagt. Eine Gebärdendolmetscherin, die speziell auf die „Übersetzung“ von Musik geschult ist, gibt es bereits, sagt sie: „So wird das Morgen vorbereitet.“

Lesen Sie hier, was PNN-Autoren mit dem Konzerthaus verbindet:

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