Kultur: Preußens Glanz
Hans-Joachim Giersberg und Leo Seidel veröffentlichten im Prestel Verlag einen Text-Bild-Band über Schlösser und Gärten
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Der erste Friedrich erklärt sich kurzerhand selbst zum König, der letzte Wilhelm versucht sich, nach seiner Abdankung, als Holzhacker. Von dem prachtliebenden König Friedrich I. in Preußen ist das Schloss Charlottenburg auf uns gekommen, von Kaiser Wilhelm II. dagegen kein Bauwerk. Jedenfalls findet man im Buch „Preußens Glanz“, das jetzt im Prestel Verlag München in deutscher und englischer Sprache erschien, keinen Hinweis darauf, dass Wilhelm sich ein eigenes Haus in Berlin und Brandenburg erbaute. Ihm standen ja mehr als genug Schlösser zur Verfügung, in denen er nach Umbauarbeiten wohnen, regieren und sich vergnügen konnte.
Hans-Joachim Giersberg, der ehemalige „General“ der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, macht in seinem neuen Buch deutlich, wie Preußens Glanz sich vor allem in der Architektur, in der bildenden Kunst, im Kunsthandwerk und in Gartenschöpfungen äußert. Die Könige, Kaiser, aber auch schon zwei Kurfürsten, dann ein Prinz sowie der letzte deutsche Kronprinz werden mitsamt den künstlerischen Schöpfungen vorgestellt. Chronologisch. Somit gewinnt man einen guten Einblick in die jeweilige Kunstepoche. Alle in dem Text-Bild-Band dargestellten Schlösser und Gärten stehen unter der Obhut der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Daher wurde auch ihr jetziger Generaldirektor Hartmut Dorgerloh gebeten, das Vorwort zu schreiben. Darin lobt er mit Recht Hans-Joachim Giersberg als profunden Kenner der preußischen Kunst- und Kulturgeschichte, auch den Fotografen Leo Seidel, dem er Talent attestiert. Leider gibt die Edition Biografisches über die Autoren nichts preis.
Ein solch repräsentatives Buch lebt von gelungenen Fotos. Seidel wollte wohl zu allen Jahreszeiten die besonderen Stimmungen der Schlösser und Gärten in seinen Bildern einfangen. In dieser Hinsicht sind ihm die meisten Aufnahmen mit den Außenansichten nicht gelungen. Manche Schlösser wirken hier derart überzuckert, farblich unwirklich, so dass sie sich nahe am Kitsch bewegen. Vor allem die im Winter aufgenommenen Bilder. Leo Seidel bietet in diesen Arbeiten auch kaum neue Sichtweisen, so dass man meint, Ansichtskarten vor sich zu haben. Mit den Innenräumen der Schlösser kam der Fotograf besser zurecht. Das Licht mit dem er in ihnen arbeitet, wirkt natürlich. Und hier werden die architektonischen Aspekte der Räume mit Freude an den fließenden Rhythmen der Linien ins Bild gesetzt. Preußens Glanz wird sichtbar.
Hans-Joachim Giersberg musste wohl beim Verfassen des Manuskripts die Zügel anlegen. Denn relativ kurz und bündig sind die Einführungen zu den jeweiligen Bauten und Bauherren. Wer keine langen Texte bevorzugt, der ist gut beraten, sich mit diesem Buch zu beschäftigen, denn in ihm erhält er alle wesentlichen Informationen und somit eine gute Basis für das Wissen um preußische Schlösser, Gärten und Herrscher.
Das Buch startet mit einem Blick auf zwei Schlösser, die es nicht mehr gibt, denen der Zweite Weltkrieg und Ulbrichts DDR-Politik einen Garaus machte: die Stadtschlösser in Berlin und Potsdam. Der Autor konzentriert sich ausschließlich auf die reiche Geschichte der beiden Bauten, die die Hauptresidenzen der Monarchen bildeten. Er lässt aktuelle Bestrebungen, die Schlösser wiederaufzubauen, außen vor. Dann geht es im Buch weiter mit dem ältesten Schloss Berlins, mit dem Jagdschloss Grunewald, das von dem brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. errichtet wurde. 26 Bauten folgen. Den Schlusspunkt setzt das Schloss Cecilienhof im Neuen Garten, das am Ende der Hohenzollern-Monarchie für den Kronprinzen Wilhelm und Kronprinzessin Cecilie geschaffen wurde. In ihm wurde 1945 auch Weltpolitik gemacht. Die Siegermächte der Anti-Hitler-Koalition, die Sowjetunion, die USA und Großbritannien, hielten im Schloss die folgenschwere Potsdamer Konferenz ab. In ihrer Folge wurde am 25. Februar 1947 Preußen für „null und nichtig“ erklärt.
Hartmut Dorgerloh fordert die Leser auf, einzutauchen „in eine Zeit, die zwar vergangen, aber Dank der erhaltenen Schlösser, Gärten und Kunstwerke lebendig geblieben ist und uns heute eindrucksvolle und spannende Einblicke in die Epoche der preußischen Könige und deutschen Kaiser gewährt“.
Hans-Joachim Giersberg (Text), Leo Seidel (Fotos), Preußens Glanz, Prestel Verlag, 29,90 Euro.
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