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Andächtige Stille. Walter Wawra fotografierte auf einem Volksfest in der italienischen Stadt Assisi eine konzentriert über ihre Handarbeit gebeugte Klöpplerin.

© Wawra

Photographen Lounge in Wannsee: Realität und Inszenierung

Die Photographen Lounge Potsdam ist in der Galerie Mutter Fourage in Wannsee zu Gast. Die acht Künstler zeigen einen spannenden Ausschnitt aus ihrem Schaffen – mit Analog- und Digitalfotografie.

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Die Ausstellung hat etwas Vagabundierendes an sich. Der Betrachter wird in verschiedene Lebenswirklichkeiten geführt, auch wenn sie sich manchmal geschönt zeigen. Realität und Inszenierung geben sich die Hand. So manches Bild der Photographen Lounge Potsdam entstand in der Nähe oder direkt im Atelier, andere in der Ferne, dort, wo man die Sehnsucht nach dem Unbekannten stillen möchte.

Zu ihrer gemeinsamen dritten Ausstellung machte sich die Photographen Lounge nach Wannsee auf. Gleichsam vor die Haustür der Landeshauptstadt. Die Galerie der Mutter Fourage ist ein guter Ort, denn schließlich wird er seit Jahrzehnten von Künstlern aller Couleur bedient. Hier wird auch das malerische und grafische Werk von Philipp Franck gepflegt, der in Potsdam vor 1945 zahlreiche Motive für seine Bilder fand. Wannsee und Potsdam sind durch die unmittelbare Nähe besonders eng verbunden. Dies will auch die Photographen Lounge unterstreichen. Schade, dass man aber nur am Wochenende die Exposition erleben kann. Doch besonders an diesen Tagen belebt sich der Hof mit den vielfältigen Pflanzen- und Keramikangeboten oder das gemütliche Café. Dies hat Ausstrahlung auf die Galerie.

Acht Künstler umfasst gegenwärtig die Photographen Lounge: Peter Frenkel, Eberhard Klöppel, Manfred Kriegelstein, Siegfried Lachmann, Wilfried Müller, Anita Reinsch, Monika Schulz-Fieguth und Walter Wawra. Sie können bei Mutter Fourage nur einen minimalen, doch spannenden Ausschnitt aus ihrem Schaffen zeigen, mit Analog- und Digitalfotografie.

Ein Fotograf ähnelt auch einem Ethnologen. Er lebt davon, dass er Menschen kennenlernt, ihre Gebräuche, ihren Alltag. Er braucht deshalb die Begegnung. Die Potsdamer geben bei Mutter Fourage gegensätzliche Einblicke in unsere farbige Welt, in der aber allzu oft unangenehme Grautöne vorkommen. So vergisst man die traurig-sehnsuchtsvollen Augen der Kinder und der alten Menschen nicht, die Manfred Kriegelstein in Kuba entdeckte, in einem Land, in dem viel Armut herrscht. Löst sie beim Betrachten Unbehagen aus, so springen die zumeist charaktervollen Köpfe direkt ins Auge.

Auch die auf den Bildern von Walter Wawra. Seine zumeist in Italien entstandenen Porträts scheinen der Renaissancezeit entsprungen zu sein. Die junge selbstbewusste Dame, die Walter Wawra auf einem Volksfest in der italienischen Stadt Assisi entdeckte, wirkt so, als ob man sie erst kürzlich in der Ausstellung „Gesichter der Renaissance“ in Berlin gesehen hat. Die sich konzentriert über ihre gebeugte Handarbeit hingebende Klöpplerin bekam in der Bildinterpretation von Wawra eine andächtige Stille. Auch beim Marktarbeiter aus Havanna scheint es, dass die Ruhe, die er in sich trägt, ihm Kraft gibt.

Monika Schulz-Fieguths Körperlandschaften haben etwas Rätselhaftes. Sind es Geschundene oder sich Erfreuende? Sie wirken wie Torsi. Die „Unvollendeten“ sind jedoch von großer Lebendigkeit, einfach anziehend.

Einblicke in die Dynamik städtischen Lebens geben die Bilder von Eberhard Klöppel. Die Schönhauser Allee in Berlin war sein Standort, an dem er die teilweise Atemlosigkeit und die schrille Farbigkeit des Straßengeschehens in seine Kamera bannte, auch als Zuspitzung von Realität. Siegfried Lachmann hat ebenfalls das großstädtische Leben Berlins bedacht, aber auch Verkäufer auf einem Trödelmarkt sowie das ununterbrochene Treiben auf einer Seebrücke am Meer, flüchtige Augenblicke unseres Leben festhaltend. Als zurückhaltend-introvertiert – eine kleine Oase zwischen den lebhaften Stadtbildern – wirken die Fotografien mit ihren romantischen Anklängen von Anita Reinsch, Wilfried Müller und Peter Frenkel. Natur-Schönheiten werden nicht an der Oberfläche festgehalten. Man schaut, was dahinter ist.

Anita Reinsch und Wilfried Müller haben es besonders die „farblosen“ Monate des Jahres angetan: die märkische Seenlandschaft, die von Dunst und Nebel eingehüllt ist, der Brocken in tiefstem Schnee, fast beängstigend in seiner Winter-Einsamkeit. Peter Frenkel zog mit seiner Kamera dagegen ins sonnige Italien. Atmosphärisch dicht sind die Bilder von der Berglandschaft der Toscana, der mittelalterlichen Städte oder der ehrfürchtigen Kirche. Sein grafisches Einfühlungsvermögen lässt er hier bestens zur Geltung kommen.

Die Ausstellung der Photographen Lounge erzählt treffend vom großen und kleinen Glück unseres Lebens, von seiner Schnelllebigkeit und traurigen Momenten, die manchmal viel zu lang dauern.

Photographen Lounge Potsdam in der Galerie Mutter Fourage, Berlin-Wannsee, Chausseestraße 15a, zu sehen bis zum 29. Juli, Freitag von 14 bis 18 Uhr, Sa/So 12 bis 17 Uhr

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