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Kultur: Residentinnen dem Zufall auf der Spur

Am Samstag wird in der fabrik zu Offenen Studios eingeladen. Damit geht die erste „Artists in Residence“ zu Ende

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Der Morgen beginnt mit einem gemeinsamen Training. Heute steht Yoga auf dem Programm. Das „Sonnengebet“ lässt Atem und Körper locker werden. Die richtige Einstimmung für einen kreativen Tag. Und den können die sieben Choreografinnen gut gebrauchen: schließlich sind sie für zwei Wochen nach Potsdam gekommen, um sich an neue Ideen heranzuwagen oder an begonnene Projekte zu feilen. Dafür geht jeder nach dem „Morgenkreis“ in sein „eigenes“ Studio. Dort stehen den sieben Choreografinnen – vier von ihnen arbeiten solo, die anderen im Trio – Berater zur Seite, die bereits über eine größere Tanzerfahrung verfügen. So wie Lisa Densem aus Neuseeland. Sie war Tänzerin bei Sasha Waltz und schaut nun, wie die drei jungen Berlinerinnen Lea Helmstädter, Lena Meierkord und Sybille Müller dem Zufall auf der Spur sind. Sie verwandeln ihr Studio in ein bewegliches chemisch-physikalisches Labor. Die Tänzerinnen untersuchen scheinbar sinnlose Kettenreaktionen ihrer Körper. Sind bestimmte Bewegungsreaktionen vorhersehbar? Kann man Zufälle rekonstruieren? Die Drei haben inzwischen das Gefühl, ein Thema gefunden zu haben, das sich vertiefen lässt. Und Lisa hilft ihnen bei dieser Annäherung.

Um ihren Fragen nach Impuls und Reaktion nachzugehen, haben sie zwei Wochen Raum und Zeit. Möglich ist das durch das Lehr- und Forschungsprogramm der fabrik „Artists in Residence“, das im Rahmen von „Tanzplan Deutschland“ von der Kulturstiftung des Bundes für fünf Jahre gefördert wird. Diese zwei Arbeitswochen Choreografie sind der Potsdamer Auftakt und gehen am Samstag mit der Zuschauerschule zu Ende. Dabei werden die Residentinnen in Offenen Studios zu kurzen Stücken, Proben oder einfach nur zu Diskussionen einladen – so wie es ihr Arbeitsergebnis zulässt. „Diese Zuschauerbegegnung ist freiwillig. Aber alle machen mit. Schließlich ist ein Feedback wichtig für das Vorwärtskommen der jungen Tänzer, denen oft eine öffentliche Plattform fehlt“, so Ulrike Melzwig, Assistentin für das Residence-Programm. Sie kümmert sich gemeinsam mit Sabine Chwalisz – die derzeit mit Sohn Peter in Baby-Betreuungszeit ist – um die Ausgestaltung des Tanzplans. Die aus Leipzig kommende Ulrike hat sich schon während ihres Studiums an der Fachhochschule Potsdam intensiv mit dem Thema Tanz auseinander gesetzt und diplomierte im Studiengang Kulturarbeit zur Tanzszene im Osten.

In der fabrik ist nun vor allem ihr logistisches Denken vonnöten. Bis Jahresende steht bereits eine lückenlose Auslastung der fabrik-Residenzen fest. „Wir haben ununterbrochen Gäste“, freut sich die Kuratorin. Die kommenden sieben Residenzen werden zwischen zwei und vier Wochen dauern und sind mit Stipendien untersetzt. „Man kann sich auch schon jetzt mit einem entsprechendem Konzept für das kommende Jahr bewerben“, so Ulrike Melzwig.

140 000 Euro stehen für die Residencen 2006 zur Verfügung. „Ab 2007 rechnen wir mit jährlich 280 000 Euro, von denen Stadt und Land jeweils ein Viertel und die Bundeskulturstiftung die Hälfte tragen“, so Laurent Dubost, Marketingchef der fabrik. Das Geld flösse in Räumlichkeiten und Technik, in Ausschreibungen, Verpflegung, Reisekosten und in die Stipendien. „Es kann auch ein reines Forschungsprojekt sein, das die Tänzer während ihres hiesigen Aufenthaltes verfolgen. Auf jeden Fall soll jeder Druck genommen werden, am Ende ein Stück zeigen zu müssen“, so Ulrike Melzwig. Das neuartige Programm der Bundeskulturstiftung ziele vor allem darauf, eine breitere Basis für den zeitgenössischen Tanz zu schaffen, zumal die wenigsten Choreografen öffentliche Fördermittel bekommen. „Es richtet sich sowohl an junge Leute, die noch nicht so viele Möglichkeiten haben, Produktionsunterstützung zu finden, als auch an etablierte Künstler“, so Laurent Dubost.

Die jetzigen Residentinnen freuen sich jedenfalls über die ungestörte Arbeitsatmosphäre. „Und sie finden auch den Austausch mit den Tänzerinnen einen Raum weiter spannend. Sie sprechen relativ offen über ihre Recherche. Und Tom, der Koch, sorgt dafür, dass die gemeinsamen gemütlichen Mahlzeiten ebenfalls zu einem Erlebnis werden“, betont Ulrike Melzwig. Heidi Jäger

Am Samstag, den 12. August, wird zum Abschluss der zwei Arbeitswochen Choreografie in die Offenen Studios der fabrik geladen. Beginn ist um 17 Uhr. Eintritt frei.

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