zum Hauptinhalt
Als würde sie kurz schlummern. „Die schlafende Spinnerin“ im Raffaelsaal.

© dpa

Kultur: Rückkehr der Schönen

„Die schlafende Spinnerin“ im Raffaelsaal

Stand:

Samuel Wittwer, Direktor der Schlösser und Sammlungen der Schlösserstiftung, sagt über die „Schlafende Spinnerin“ im Raffaelsaal der Sanssouci-Orangerie, dass sie wie Dornröschen wirke, das auf den berühmten Kuss wartet, mit dem es wachgeküsst werden soll. Doch darauf wird das Mädchen lange warten. Die Schönheit in Marmor wird sich mit ihrem ewigen Schlaf zufrieden geben müssen. Am gestrigen Donnerstag kehrte die so friedliche Skulptur an ihren ehemaligen Platz zurück. Die Spinnerin, auf einem Stuhl sitzend, mit den feinsinnigen und klaren Gesichtszügen, wirkt tatsächlich wie die Prinzessin aus Grimms Märchen. Eine Spindel und die Rolle mit dem gesponnenen Garn liegen ganz beiläufig neben ihr, als ob sie soeben aus ihren Händen fielen.

Der Berliner Bildhauer Julius Troschel, der wie viele andere Künstler der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Rom wirkte, schuf im Auftrag König Friedrich Wilhelms IV. die Marmorplastik für den Raffaelsaal. 1945 musste auch sie das Kriegsbeute-Schicksal erleiden. Soldaten der Roten Armee brachten die Spinnerin in die Sowjetunion. 1958 kam sie im Zuge der Rückführung von Kunstwerken in die DDR. In der Alten Nationalgalerie in Berlin erhielt die Figur ihren neuen Platz.

Saskia Hüneke, Kustodin der Skulpturensammlung der Schlösserstiftung, berichtete, dass die Inventarbücher zu den Schlössern eindeutig aussagen, dass „Die schlafende Spinnerin“ in den Raffaelsaal gehöre. Unkompliziert waren die Verhandlungen mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz über die Rückkehr der Skulptur an den Originalstandort gewesen. Nachdem sie als Leihgabe unter anderem in der Friedrichwerderschen Kirche Berlin noch gezeigt wurde, ist sie seit gestern in der preußischen „Ruhmeshalle“ für Raffael zu erleben.

Fünfzig Kopien von Gemälden des italienischen Renaissancemeisters, unter anderem die Sixtinische Madonna, schmücken den Saal im Mittelbau des Orangerieschlosses, das als Gästezimmer für Friedrich Wilhelms Schwester, die russische Zarin Alexandra Fjodorowna, dienen sollte. Zu den Bildern gab man zeitgenössische Marmorskulpturen hinzu, unter anderem von Heinrich Begas, Carl Steinhäuser und Julius Troschel. Antike-Begeisterung und Romantik gehen eine glückliche Verbindung ein.

Troschel, 1806 in Berlin geboren, lernte bei Christian Daniel Rauch die Bildhauerkunst. 1833 ging er nach Rom, um in der „ewigen Stadt“ die antike Kunst zu studieren und zu arbeiten. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. besuchte ihn 1858 in seinem Atelier. Dort kam es zu dem Auftrag für Troschel, der fünf Jahre später in Rom starb. Bereits 1852 und 1853 hat der Bildhauer für den Monarchen die Plastiken „Herkulesknaben mit Schlangen“ und „Bacchus im Korbe“ in Marmor gehauen. Sie sind im Malachitzimmer des Gästeschlosses zu sehen.

Die rund 200 Kilogramm schwere „Schlafende Spinnerin“ wurde in den vergangenen Jahren restauriert und gereinigt. Dank einer großzügigen Spende des Potsdamer Ehepaares Susan und Rainer Hähnel konnte auch das Postament nach historischem Vorbild aus grünem Serpentinit, das im italienischen Levanto gefunden wurde, sowie carrarischem Marmor wiederhergestellt werden.

Saskia Hüneke berichtete, dass die Gästezimmer in der Sanssouci-Orangerie zu den Schlossräumen gehören, die sich einer umfassenden Originalsubstanz rühmen können. Mit Julius Troschels „Die schlafende Spinnerin“ ist der Skulpturenschmuck im Raffaelsaal dieser Orangerie wieder komplett. Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })