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Kultur: Sanssouci in Infrarot

Der Berliner Fotograf Jörg Stadler fotografiert Potsdams Schlösser und Gärten mit spezieller Technik. Eine interessante Schau im Alten Rathaus

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Der Berliner Fotograf Jörg Stadler fotografiert Potsdams Schlösser und Gärten mit spezieller Technik. Eine interessante Schau im Alten Rathaus Von Marion Hartig An Montagmorgen im Sommer hat sich Jörg Stadler mit seiner präparierten Panoramakamera, mit Leiter und Stativ aufgemacht, um die Schlösser und Gärten Potsdams abzulichten. „Montags sind die Museen geschlossen und die Chancen größer, keine Menschen im Bild zu haben“, erzählt der Fotograf aus Berlin. Mit Klebestreifen in der Hand steht er im Veranstaltungssaal im ersten Stock des Alten Rathauses und ordnet den 33 Fotografien an den Wänden Titelunterschriften zu. In Zweierreihen ziehen sich braun getönte Schwarzweißbilder im Passepartout und hellen Holzrahmen durch den Raum. Schloss Sanssouci, das Babelsberger Schloss, die Glienicker Brücke, die Römischen Bäder. „Panorama Traumlandschaften“ hat Jörg Stadler seine Ausstellung überschrieben, Und wirklich. Trotz der Farblosigkeit seiner Bilder ist es dem Fotografen gelungen, spannende Traumlandschaften zu konstruieren, die weit entfernt sind von den bunten Postkartenproduktionen, die gewöhnlich das „schöne Potsdam“ abbilden. Die Schau zeigt romantische Bilder, die an Malerei von Caspar David Friedrich erinnern, verklärt und morbide angehaucht setzen sie die historischen Bauten in Szene. Schloss Sanssouci mit einem hell leuchtenden Wolkenkranz. Den steinernen Bogenschützen vor der Orangerie im Neuen Garten zwischen leuchtenden Baumlandschaften. Die sich im Wasser spiegelnde gotische Bibliothek. Das mit Efeu überwucherte Schloss Charlottenhof, das an ein verwunschenes Märchenschloss erinnert, Schloss Babelsberg, das wie eine Ritterburg aussieht. Selbst der Einsteinturm auf dem Telegraphenberg schimmert verträumt. Es hat ihn gereizt, eine neue Darstellungsweise zu finden, für eine Kulisse, die bereits „zu Tode fotografiert wurde“, erklärt Jörg Stadler. Mit einer ihm eigenen Sehweise, einer 120 Grad-Panoramakamera und einem Schwarzweiß-Infrarotfilm, mit dem gewöhnlich Kriminologen Malerei auf Fälschungssicherheit überprüfen. Seine Kamera nimmt Bilder in einer Wellenlänge von 900 bis 1000 Nanometer auf, das menschliche Auge bringt es nur auf bis zu 700 Nanometer. Der Effekt: Chlorophyll, das Blattgrün, reflektiert strahlend weiß und die Wiesen und Bäume auf den Bildern leuchten. Rot wird absorbiert und ein strahlend blauer Himmel färbt sich dunkel, fast schwarz. Die Fotografien von Jörg Stadler sind Handarbeit. Er entwickelt sie im Labor, spielt akribisch mit Belichtungszeiten, zieht einen braunen Schleier über seine kunstvollen Bilder. Immer steht bei seinen Bildern die Architektur im Mittelpunkt, die Umwelt ist nicht mehr und nicht weniger als der verspielte Rahmen des Beständigen. Er setzt die Sacrower Heilandskirche in Szene und nicht ihr Spiegelbild im Wasser. Er richtet seine Kamera auf Schloss Babelsberg und nicht auf Erker oder Winkel, auf Treppenstufen oder Säulen. Die Architektur ist das Zentrum seiner Bildkonstruktion. Ausschnitte, Details oder ungewöhnliche Perspektiven interessieren den Fotografen nicht. Sein Fokus liegt ganz klar auf den Kulturschätzen, in Szene gesetzt durch eine kontrastreiche Natur. Bis ins Detail komponiert der Fotograf dabei seine Bilder. Er wartet auf den Moment, an dem das Licht ideal auf das Objekt fällt, goldene Kuppeln glänzen und Bäume bizarre Schatten werfen lässt. Mittlerweile sind menschenleere Bilder in Potsdam kaum noch möglich, auch an Montagen nicht, wegen der Massen an Touristen, meint der Fotograf. Menschen würden als Figuren mit grell weißen T-Shirts über seine poetischen Kompositionen huschen. Deshalb ist er froh, dass er mit seinem Potsdam-Thema fertig ist. Als nächstes Projekt steht eine Ausstellung in Berlin auf seinem Terminkalender. Architektur, aufgenommen mit der Infrarot-Panorama-Kamera. Architektur mit Menschen, sagt er. Zu den Berliner Bauten gehören die T-Shirt-Huscher für ihn dazu. Spannend dürften auch seine Porträtfotografien werden, die er in Zukunft machen will. „Menschen wirken in ihrem persönlichen Umfeld am besten“ – wie die Architekturgebäude in Potsdam. „Panorama Traumlandschaften“, Fotografien von Jörg Stadler, Ausstellung im Alten Rathaus, Am Alten Markt, Di bis So 10 bis 18 Uhr, bis 31. Dezember

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