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Kultur: Schwergewichte

Die Lebenswerke von Stötzer, Förster, Heisig, Grzimek, Metzkes und Paris im Potsdam Museum

Stand:

Nach den federleichten Pinselschwüngen Siegward Sprottes geht es ab kommenden Wochenende im Potsdam Museum schwergewichtig weiter. Hinter den noch verschlossenen Türen haben bereits massive Figuren aus Marmor, Sandstein und Bronze raumfüllend ihren Platz eingenommen. Auch an den Wänden protzen farbensatt riesige Gemälde mit großen mythologischen und gesellschaftlichen Themen. Es sind die Lebenswerke von sechs herausragenden Künstlern, die sich da auf zwei Etagen begegnen. Von Sabina Grzimek, Wieland Förster und Werner Stötzer sind vor allem Plastiken zu sehen, von Ronald Paris, Harald Metzkes und Bernhard Heisig Malerei.

Alle sechs wurden von 2008 bis 2013 mit dem Brandenburgischen Kunstpreis der Märkischen Oderzeitung (MOZ) ausgezeichnet: mit dem Ehrenpreis für ihr Gesamtschaffen. Nun werden diese Künstlergrößen – geboren vor und während des Zweiten Weltkrieges – erstmals zusammengeführt. Bei Sabina Grzimek und dem 2010 verstorbenen Werner Stötzer geschieht das ganz unmittelbar: Sie teilen sich den großen Raum im Erdgeschoss, sodass ihre Figuren Zwiesprache halten können. Den anderen Künstlern ist ein eigenes Refugium vorbehalten, in dem sie sich mit ihren lebensumspannenden Ouvrée präsentieren. Aber auch da gibt es Blickbeziehungen. „Während bei Sprotte sehr stark mit Stellwänden und räumlichen Trennungen gearbeitet wurde, setzt diese Ausstellung auf Transparenz“, so Jutta Götzmann, die Direktorin des Potsdam Museums.

Alle sechs Künstler hatten ihre akademische Ausbildung und ersten Schaffensjahrzehnte in der DDR und entwickelten ihr Werk nach der Wende kontinuierlich weiter. „Es gibt nicht die totalen Brüche, nachdem sich ein neues System etabliert hat. Diese Künstler haben ihren Stil gefunden, durchgesetzt und ausgeformt. Sie haben sich keinem System gebeugt“, betont Jutta Götzmann. Das Schaffen dieser Künstler sei immer figurativ gewesen, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. „Das ist auch die Klammer der Ausstellung – bei aller Vielfalt an Themen. Die menschliche Figur steht im Zentrum und das auf sehr hohem Niveau.“

Bei der Auswahl der Arbeiten haben Jutta Götzmann und der Kunstredakteur der MOZ, Peter Liebers, darauf geachtet, dass auch die Entwicklung jedes einzelnen Meisters über die Jahrzehnte ablesbar ist. Von Stötzer ist zum Beispiel ein weiblicher Akt aus den 60er-Jahren zu sehen, der sich noch stark an der Gegenständlichkeit orientiert. In seiner Sandsteinarbeit „Begegnung“ von 2006/2008 deutete Stötzer zwei Figuren nur noch schemenhaft an. Der Bildhauer wurde immer expressiver.

Er ist ebenso wie Förster bereits im öffentlichen Raum von Potsdam vertreten: Stötzer am Brandenburger Tor mit seiner „Toleranz“, die er 1994 für diesen zentralen Standort schuf, und Förster mit seiner „Nike“ an der Glienicker Brücke und mit „Das Opfer“ in der Gedenkstätte Lindenstraße 54 – Hauptwerke seines Schaffens, die an die Martyriums-, Todes- und Opferthematik früherer Jahrzehnte anknüpfen. „Unsere jetzige Ausstellung wird ein interessanter Brückenschlag in den Stadtraum“, befindet Jutta Götzmann.

Von Sabina Grzimek ist die Figurengruppe „Sieben Gesten des aufrechten Ganges“ als Modell zu sehen. Eine der Gesten, der „Aus dem Wasser Steigende“ steht in Berlin am Hackeschen Markt. Ein anderer Bronzeguss ist nun ins Alte Rathaus gezogen: zwei Meter aufragend. Die 1941 in Rom geborene Künstlerin, die an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee studierte und Meisterschülerin von Fritz Cremer war, sieht sich in der Tradition von Wilhelm Lehmbruck bis Alberto Giacometti und setzt sie sehr individuell fort. Grzimek erreicht eine starke Zerklüftung der Oberfläche. „Ihr gelingt es in sehr berührenden Arbeiten, Gemütszustände zu transportieren, emotionale und seelische Vorgänge bildlich werden zu lassen. Sie nimmt der Figur die Masse“, so Jutta Götzmann.

Keiner der sechs Künstler habe der Kunstdoktrin der DDR entsprochen, betonte die Direktorin. Harald Metzkes, Jahrgang 1929, hatte sich zwar dem Realismus verschrieben, aber er sah sich in der Tradition von Courbet und Cezanne. Man nannte ihn auch den „Cezanne vom Prenzlauer Berg“. Auch er sei unter dem großen Dach des Realismus in der DDR ganz eigene Wege gegangen, ohne angepasst zu arbeiten.

Bernhard Heisig, der zu den Gründern der sogenannten Leipziger Schule zählte und 1992 seinen Arbeitsschwerpunkt ins Havelland verlegte, wo er 2011 starb, setzte sich immer wieder mit der deutschen Geschichte auseinander. Exemplarisch dafür hängt in der Ausstellung der Entwurf für ein Wandbild, das Heisig 1998 für den Deutschen Bundestag im umgebauten Reichstag schuf. „Auch Heisig ist ein Künstler, den man beschränken würde, wenn man ihn auf sein Wirken in der DDR eingrenzen würde. Alle sechs haben nach 1989 die nationale und internationale Kunst mit beeinflusst – in unterschiedlichem Maße“, betonte Jutta Götzmann. Vor allem Stötzer mit seiner expressiven Skulptur sei ein großes Vorbild für nachfolgende Generationen.

Ab Sonntag, dem 4. August, im Potsdam Museum, Am Alten Markt 9

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