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Kultur: „Selbstgenuss jenseits der Moden und Maschen“

Heute wird der Altmeister der Potsdamer Maler und Grafiker, Hubert Globisch 90 Jahre alt

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Heute wird der Altmeister der Potsdamer Maler und Grafiker, Hubert Globisch 90 Jahre alt Von Klaus Büstrin Ein Katalog aus dem Jahre 1985, herausgegeben anlässlich einer Ausstellung der Einheits-Gewerkschaft der DDR (FDGB) in den Hiller-Brandtschen Häusern liegt auf dem Tisch. In großen Lettern steht auf der Broschüre: „Kunst im Auftrag der Klasse“. Und dann blättert man, liest im Vorwort: „Nur im Bündnis zwischen der Arbeiterklasse und der künstlerischen Intelligenz war der Aufbau einer sozialistischen Kultur und Kunst in unserer Republik möglich.“ Man guckt natürlich nach Namen, die sich an der Schau beteiligten. Viele bekannte entdeckt man, andere nicht, Hubert Globisch ist nicht unter den Ausstellenden. Neun Jahre später. Auf der Titelseite eines Katalogs sind nur die schlichten Schriftzüge des Malers und Grafikers Hubert Globisch zu lesen. Das Heft wurde veröffentlicht anlässlich der Ausstellung seines 80. Geburtstages im Alten Rathaus vom Potsdam-Museum. „Wir ehren damit einen Potsdamer Künstler, der wie kein anderer als Lehrer, Freund und Mensch geliebt wird. Seine Werke enthalten die Schlüssel zur Erkenntnis der uns umgebenden Welt, die nicht im Lärm der vielen Stimmen zu finden ist“, schrieb die damalige Museumsdirektorin Dr. Monika Bierschenk im Vorwort. Der gebürtige Potsdamer Hubert Globisch, der heute seinen 90. Geburtstag in nicht bester Gesundheit begeht, war ein Mensch, der sich kaum politischen Dogmen unterwarf. Denn er wollte seine Kunst den jeweiligen politischen Verhältnissen nicht zur Verfügung stellen, sich nicht instrumentalisieren lassen. Es war dem Künstler genug, wenn er, der als Kunstpädagoge am heutigen Humboldt-Gymnasium lehrte, über die sozialistische Kunst referieren musste. der lehrplan sah so vor. Hubert Globisch erinnert sich, dass ein Schulaufsatz über die Schlachtfelder von Verdun Entsetzen bei seinem Schuldirektor um 1930 auslöste. „Ich hatte wohl nicht den erwarteten nationalen Ton getroffen. Vor allem der Satz ,Wenn unsere Väter für Deutschland starben, wir wollen für Deutschland leben“ löste Beunruhigung aus.“ Nach dem Abitur im Jahre 1933 konnte er „wegen ,politischer Unzuverlässigkeit“ keine Hochschule besuchen, sondern er lernte zunächst bei der Deutschen Bank, dann war er in verschiedenen Berufen tätig. 1939 wurde auch er in die Soldatenuniform gesteckt. Mit der Truppe musste er nach Paris ziehen. Beim dortigen Fernsehen wurde Hubert Globisch eingesetzt. Die Soldaten sollten unterhalten werden. Als im August 1944 die Alliierten vor Paris standen, wurde den deutschen Soldaten der Befehl gegeben, die Sendeanlagen des Fernsehens, die sich im Eiffelturm befanden, zu sprengen. „Wenn wir das getan hätten, hätten wir das Wahrzeichen von Paris zerstört, auf dem Gewissen. Wir haben dann die Sendeanlagen lahm gelegt, die Sprengladung in einem Teich eines französischen Dorfes versenkt.“ Hubert Globisch erreichte Potsdam am 14. April 1945, einen Tag nach der Zerstörung der Innenstadt durch englische Bomber. „Ich habe das wunderschöne Potsdam brennen sehen. Es war ein furchtbarer Anblick.“ Er versuchte, sich in Potsdam irgendwie wieder einzurichten, als Werbeplakatmaler, auch für die Theater in Senftenberg und Cottbus wurde er tätig. Aber Globisch wollte malen, frei und unabhängig sein. 1946 nahm er an der ersten Kulturbundausstellung mit Potsdamer Künstlern teil. Den Namen Globisch wird man sich merken, hieß es in einer damaligen Rezension. Doch der Traum vom freischaffenden Künstler war kurz. Die Parteifunktionäre fanden seine Arbeiten zu pessimistisch, mystisch und formalistisch. Die Begegnung mit dem Maler Egon von Kameke war für ihn wegweisend. Die expressive Ausdruckskraft seiner Kunst war für Hubert Globisch höchste Anregung. Ende der fünfziger Jahre begann seine „Schulzeit“. Er wurde Kunstlehrer, zunächst in Babelsberg, dann an der Humboldt-Oberschule – hoch geachtet. Auch seine zweite Frau, die Malerin Suse Ahlgrimm, lehrte Kunst, an der Helmholtz-Oberschule. „Die Lehrtätigkeit wurde zu einer Wechselwirkung von Geben und Nehmen und für mich eine unerwartete Lebenserfüllung“, schrieb Hubert Globisch. Suse Ahlgrimm würde das auch für sich voll unterstreichen. Neben dem Schuldienst fand er immer noch die Zeit, zu malen. Er hat das dann nach seiner Pensionierung intensiviert. Ihm ärgert es schon sehr, dass er in diesen Wochen, in denen er krankheitshalber das Bett hüten muss, nicht zu Pinsel und Leinwand greifen kann. Aber er nimmt rege Anteil am politischen Geschehen, auch an den Potsdamer Entwicklungen. Ihn erfreut es auch nicht, dass es in dieser Stadt, die sich so gern Kulturstadt nennt, immer noch keine Kunsthalle für die zeitgenössische bildende Kunst gibt, er ist höchst unzufrieden, dass der barocke Turm der Garnisonkirche, der wie das gesamte Gebäude neu entsteht, nicht das Nagelkreuz aus Coventry tragen soll, das Zeichen der Versöhnung. Gern hätte Hubert Globisch die Geburtstagsgäste empfangen, aber die Krankheit ist manchmal stärker. Auch die Ehrung durch die Stadt Potsdam, die längst fällige Eintragung in das Goldene Buch, muss verschoben werden, höchstwahrscheinlich auf den Frühsommer. Dann will das Potsdam-Museum eine Ausstellung für den Altmeister der Potsdamer Künstler veranstalten. Schon als „Vorgeschmack“ auf die große Schau findet man dieser Tage im Museumshaus in der Benkertstraße acht Ölbilder Hubert Globischs, Bilder aus verschiedenen Schaffensperioden. Eine zwar kleine, aber feine Hommage an den Maler. Der Kunstwissenschaftler Fritz Erpel, auch ein Altmeister seiner „Zunft“, schrieb über Hubert Globisch, dass dieser „Ausdrucks kunst abseits erwünschter Beflissenheit“ schuf. Sein Werk ist auch ein „Selbstgenuss jenseits der Moden und Maschen“. Herzliche Glückwünsche und baldige Genesung!

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