
© promo
Von Jana Haase: Soundtrack eines Lebens
Hip-Hop und Handys: Olaf Kleins Buch wird vertont
Stand:
Der Mann singt von Sehnsucht. Nach einer Frau - „Engelsduft, langes Haar“ -, die er nur flüchtig kennt. Mit der ihn über Wochen hinweg nicht mehr als ein paar lange Telefonate verbinden – und die bange Frage, ob daraus mehr werden könnte. Also steigt er ins Auto, fährt zu ihr, um die Zweifel zu klären: „Bist Du Mrs. Right oder bin ich Mr. Wrong?“ Die geschmeidige R’n’B-Ballade von Samson Jones endet vor der Tür der Angebeteten, wo er ihr mit einem Blumenstrauß in der Hand aufwartet, Augenblicke vor dem Wiedersehen.
Es ist ein klarer Cliffhanger, Fortsetzung folgt. Wie das Treffen ausgeht, hat der Potsdamer Olaf Klein in seinem Buch beschrieben. „Ein Leben“ heißt es. Allerdings befindet es sich genau wie die von Samson Jones besungene Beziehung noch im Was-wäre-Wenn-Stadium. Denn einen Verlag hat Klein bisher nicht gefunden.
Der 37-Jährige sieht auch in Wirklichkeit so aus wie in dem Video, das er mit Jones, der in Hip-Hop-Kreisen auch unter dem Künstlernamen Jonesmann bekannt ist, für die Single „Sehnsucht“ gedreht hat – und das auf dem Internet-Videoportal Youtube in einem Monat mehr als 100 000 Mal geklickt wurde. Kurz geschnittener Bart, dunkle Sonnenbrille, Basecap und die graue Kapuzenjacke signalisieren: hier ist einer jung geblieben.
Dass er im fürs Memoirenfach tatsächlich eher zarten Alter von 37 Jahren ein Buch über sein Leben schreibt, findet Olaf Klein nicht ungewöhnlich. „Damit ist mein Leben ja nicht zu Ende, im Gegenteil“, sagt der gelernte Schiffbauer und praktizierende Tausendsassa, der gemeinsam mit einem Freund die Potsdamer Szene jahrelang mit der Hip-Hop-Party-Reihe „Magix Club“ im Klosterkeller, im Speicher, im Spartacus oder am Strandbad Templin beglückte, und der sich gerade mit einem Mobilfunk-Geschäft selbstständig gemacht hat. Er glaubt daran, dass er mit seinen Erfahrungen ein Lese-Publikum findet.
Klein schreibt über Erfolge und Niederlagen, Liebe und Verlust, über die Jugend und das Erwachsenwerden in Wolgast in Mecklenburg-Vorpommern, wo Klein groß geworden ist, und Potsdam, wo er seit zwölf Jahren lebt. Roter Faden ist seine Liebe zum Hip-Hop. „Hip-Hop war meine erste Freundin“, sagt Olaf Klein. Er ist ihr seit 25 Jahren treu geblieben.
Dabei waren gerade die Anfangsjahre in der DDR alles andere als einfach. Zur Initialzündung wurde für Klein der zum Kultfilm der ersten Hip-Hop-Generation avancierte Streifen „Beat Street“ aus dem Jahr 1984. Mindestens 20 Mal habe er den im Kino in Wolgast gesehen, die Musik einmal sogar heimlich mit dem Kassettenrekorder mitgeschnitten. Irgendwie musste er sich die Musik zum Tanzen und Breakdancen ja organisieren. Jugendkultur in Zeiten der Mangelwirtschaft. „Die Mutter eines Freundes hat uns Jogginganzüge aus alten Bettlaken geschneidert, die Adidasstreifen mit Linolstich aufgebracht“, erzählt Olaf Klein. Ein Extra-Spray für die obligatorischen Graffiti? Schuhlack aus der damaligen Tschechoslowakei tat es doch auch. Hauptsache Hip-Hop.
Musik soll aber nicht nur inhaltlich in seinem Buch eine tragende Rolle spielen. Klein plant auch eine Art Soundtrack, auf dem jedes der zwölf Kapitel von einem anderen Künstler vertont wird – mit offenem Ende. „Die Leute sollen neugierig auf das Buch werden.“ Die Kooperation mit Samson Jones war der Auftakt. Auf Kleins Wunschliste stehen weitere große Namen wie Max Herre, Udo Lindenberg, Xavier Naidoo, Clueso, Cassandra Steen, Joy Denalane, Moses P oder Samy Deluxe. Ob er da nicht etwas zu hoch gegriffen hat? Klein lächelt die Zweifel weg. Dass er zumindest einige der Stars zur Teilnahme bewegen kann, davon ist er überzeugt. „Das wird definitiv was“, sagt er und verweist auf die prominente Unterstützung des Berliners Specter und auf eine Zusage des Rappers Moses P. „Das funktioniert nach dem Schneeballsystem“, glaubt er. Es ist wie mit „Sehnsucht“: Ob und wann es zum erhofften glücklichen Ende kommt, bleibt offen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: