Kultur: Sternstunde
Mäzene ermöglichten der Schlösserstiftung das preußisch-musikalische Tafelservice zu erwerben
Stand:
Der Tisch ist gedeckt. Für 34 Personen. Doch niemand wird eingeladen, an der Tafel Platz zu nehmen. Nur von einer angemessenen Entfernung aus darf man das Service zu den Besichtigungszeiten betrachten: im Neuen Palais. Schließlich gehört es zu den großen Kostbarkeiten der Porzellansammlung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Aber wieder erst seit seit wenigen Monaten.
Im vergangenen Jahr tauchte es im Aktionshaus Sotheby’s in England auf. Mit der engagierten finanziellen Unterstützung von Mäzenen, der Rudolf-August Oetker Stiftung, Arend Oetker, der Cornelsen Kulturstiftung, der Freunde und der Museumsshops der Preußischen Schlösser und Gärten konnte das Tafelservice für 300 000 Euro erworben werden. Gestern Nachmittag stellte es Stiftungs-Generaldirektor Prof. Hartmut Dorgerloh gemeinsam mit dem Kustos Samuel Wittwer den Mäzenen und der Presse vor. Als eine Sternstunde bezeichnete Dorgerloh die Erwerbung, die Rückkehr sowie die Präsentation des Porzellans.
Neben dem Service findet man auch Bestecke, deren Griffe ebenfalls aus Meißner Porzellan sind. Gedeckt wurde die königliche Tafel im großen Marmorsaal des Neuen Palais, einem Bauwerk, das nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges entstand. Zur Zeit Friedrichs hat man die Festtafel nicht in diesem großen Raumaufgestellt, sondern im Grottensaal.
Das preußisch-musikalische Service stammt aus der Meißner Manufaktur. Friedrich der Große weilte 1760, also während des Siebenjährigen Krieges, in Meißen. Er nahm dort Winterquartier. Das Porzellan, das man in der kleinen sächsischen Stadt herstellte, machte an den europäischen Höfen Furore. Und so steigerte sich auch des Königs Interesse, Meißner Porzellan für den eigenen „Haushalt“ zu besitzen und zu verschenken.
Im Jahre 1763 gründete der Monarch dann aber in Berlin eine eigene Porzellanmanufaktur. Endlich konnte er der Welt zeigen, dass auch Preußen das „weiße Gold“ in hervorragender Qualität herstellen kann.
Das Meißner Service bezahlte er nicht in barer Münze. Der König hat die Sachsen zur Kontribution, also zur Zwangserhebung von Geldbeträgen verpflichtet. Preußen und Sachsen standen im Krieg. Und somit verdiente die Meißner Porzellanmanufaktur keinen einzigen Taler an der friderizianischen Bestellung. Friedrich II. ließ es sich nicht nehmen, selbst die Vorlagen für die Reliefdekorationen zu zeichnen. Ausgeführt wurden die Kartuschen mit Blumenmalerei, unter anderen mit Tulpen und Rosen. 13 Bouquet-Kompositionen wiederholen sich auf dem Porzellan. Dazu kommen Symbole der Musik und des Krieges. Die Henkel der Terrinendeckel hatten die Porzellanhersteller figürlich gestaltet, mit den „Lieblingsdamen“ des Königs, den Göttinnen Flora, Venus und Minerva. In Meißen wird das Modell auch heute als „preußisch-musikalisches Dessin“ geführt. Die sieben Terrinen, acht Wärmeglocken, ein großer Dessertkorb und zahlreiche Teller und Schüsseln verschiedener Form und Größe zeigen einen beeindruckenden Querschnitt durch das Service, das einst über 400 Teile umfasste, von denen heute nur noch 155 vorhanden sind.
Nachdem Friedrich der Große in Berlin Porzellan herstellen konnte, hat er die Meißner Services oftmals verschenkt. Und wie oft auch der Besitzer des „preußisch-musikalischen Service“ wechselte, ist nicht bekannt. Auch der letzte Eigentümer, der Engländer Earl of Saumerz, findet keine Erklärung, warum die Gedecke um 1840 in den Familienbesitz kamen.
Die Schlösserstiftung widmet sich seit den vergangenen Jahren verstärkt mit Ausstellungen aus ihrer Porzellansammlung. Vom 28. Juli bis 4. November kann man aber im Schloss Charlottenburg königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts bewundern, die ein US-Amerikaner sammelte.
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