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Kultur: Thronsaal landet nicht im Schredder

Märchenland Babelsberg schließt nach 32 Monaten / Bilanz 2007 des Filmmuseums Potsdam

Stand:

Nach 32 Monaten schließt am 20. Januar 2008 die Ausstellung „Märchenland Babelsberg“ im Filmmuseum endgültig. Wegen immer neuer begeisterter Besucher – insgesamt 80 000 – war sie mehrfach verlängert worden. Glücklicherweise teilt sie nicht das Schicksal vieler anderer großer Ausstellungen und ihre Bauten landen nicht im Schredder, denn Dank guter Kontakte bot Filmpark-Geschäftsführer Friedhelm Schatz dem Museum an, die wichtigsten Stücke auf dem Firmengelände in Babelsberg einzulagern. Somit haben Märchenwald und Thronsaal die reelle Chance, irgendwann mit neuen Märchenfilmen wieder aufzuerstehen.

Für Kinder, Eltern und Gäste werden selbstverständlich für das neue Jahr wieder Filmmuseums-Familienausstellungen im altehrwürdigen Marstall geplant: Ab Ende Februar können Besucher „Michael Endes magische Welten“ erkunden und Anfang November 2008, zum Filmstart der Babelsberger Produktion „Hexe Lilli“, sind Klein und Groß eingeladen, durch Lillis Lese-, Zauber- und Filmwelt zu wandern. Der österreichische Regisseur dieses Films, Stefan Ruzowitzky, war erster Gast der neuen Gesprächsreihe „Babelsberg.Filmtalks“, die das Museum gemeinsam mit dem Studio zu den aktuellsten Produktionen im Museumskino veranstaltet.

2006 und 2007 wurden insgesamt 100 000 Euro in die technische Aufrüstung und die Verschönerung des Kinosaals investiert. Veranstaltungen für Kindergärten, Schulen und Hochschulen waren besonders gefragt. So fand die Eröffnung der Schulkinowoche des Landes Brandenburg im Filmmuseum Potsdam statt, ebenso wie die schon traditionellen Veranstaltungen mit Kulturinstituten Großbritanniens und Frankreichs zum Sprachunterricht an Schulen. Das Filmmuseum Potsdam legt besonderes Augenmerk auf seinen Bildungsauftrag. Als nächstes ist geplant, parallel zum schulischen Spanischunterricht, interessante Filme in der Originalsprache ins Programm zu nehmen. Programme mit internationalen Gästen aus Kultur, Wissenschaft und Politik kamen 2007 aus dem Libanon, beleuchteten die Geschichte und Gegenwart der Filmbeziehungen zu Frankreich und setzten die interessante Kooperation mit der Indischen Botschaft fort, die sich intensiv darum kümmert, indische Filmkultur, die nicht nur Cineasten anspricht, in Deutschland bekannt zu machen.

Vor allem ältere Einwohner der Stadt stürmten die Matineereihe „Das unzerstörte Potsdam“ zu Jahresbeginn und junge Leute interessierten sich besonders dann für das Museumskino, wenn prominente Regisseure oder Schauspieler wie Dani Levy, Volker Schlöndorff, Daniel Brühl und Armin Mueller-Stahl über ihre Arbeit sprachen.

Drei Sonderausstellungen erfreuten 2007 filminteressierte Museumsbesucher aus aller Welt: zuerst „Erich von Stroheim“ – die Ausstellung konnte nach Wien exportiert werden. Die Eröffnungen von „Lola, Lenin und Mein Führer: X-Filme“ und „Jenny Jugo. Filmgeschichte in Kleidern“ waren auch Dank zahlreicher Partner aus Kultur und Wirtschaft große Erfolge. Foyerausstellungen widmeten sich Ufa- und DEFA-Stars wie Renate Müller oder Annekathrin Bürger und den Künstlern und Handwerkern in den Studios. Die Projekte der Ausstellungsabteilung reichen bis in das Jahr 2013, an den Ausstellungen für 2008 und 2009 wird bereits intensiv gearbeitet.

Obwohl es seit Jahren keine Fortschritte bei Entscheidungen des Landes zur Zukunft der Immobilie in der Pappelallee gibt, wo sich die recht maroden Depotgebäude des Museums befinden und diese Liegenschaft möglicherweise sogar verkauft werden soll: Die Sammlungen sind wiederum gewachsen. Nach- und Vorlässe bedeutender DEFA-Regisseure wie Lothar Warneke, Roland Gräf und Günter Reisch kamen nach Potsdam und die Kostümbildnerin Barbara Braumann vertraute ihre Arbeiten dem Museum an. Als Dauerleihgabe der Hochschule für Film- und Fernsehen „Konrad Wolf“ kamen einige hundert Filmstills und Porträtfotos aus den 1920er und 1930er Jahren ins Fotoarchiv und werden nun der längst fälligen konservatorischen Behandlung unterzogen.

Aufarbeitung von Sammlungen, Ausstellung und andere Projekte wurden 2007 von Förderern wie der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der DEFA-Stiftung, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen sowie dem Beauftragten für Kultur- und Medien der Bundesrepublik großzügig unterstützt.

Fazit: Zum Jahresende 2007 erwartet das Filmmuseum Potsdam, eine Einrichtung, die das Land Brandenburg durch kontinuierliche Förderung unterhält, wieder einen ausgeglichenen Jahresabschluss. 80 000 Besucher sahen im Marstall Filme und Ausstellungen, das Kino verbuchte sogar eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahresergebnis. Vorgesehene Personalkürzungen in den nächsten fünf Jahren von 27 auf 21 Stellen sorgen nicht nur bei Kulturinteressierten im Land für Unverständnis, sie bringen auch Unruhe und Unzufriedenheit in die Belegschaft. Dem Filmmuseum Potsdam geht es Dank der Landesunterstützung und Dank eigener Leistungsfähigkeit gut, aber nicht zu gut – dafür sorgt auch in Zukunft die restriktive Finanzpolitik.

Bärbel Dalichow ist Direktorin dser Filmmusueums Potsdam

Bärbel Dalichow

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