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Kultur: Unbestätigte Berichte

Die Potsdamer Konferenz im Spiegel der Presse

Stand:

Die Potsdamer Konferenz im Spiegel der Presse Eigentlich gab es zwei Wochen lang gar nichts zu berichten. Über die Potsdamer Konferenz, die von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges im Sommer 1945 im Potsdamer Schloss Cecilienhof abgehalten wurde, war eine völlige Nachrichtensperre verhängt worden. Erst am Ende der Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) gab es Nachrichten: über die Beschlüsse von Großbritannien, den USA und der Sowjetunion – Frankreich war ausgeschlossen –, über die Grundzüge der Deutschlandpolitik, über die neue Westgrenze Polens, Reparationen und was weiter noch besprochen wurde. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat nun eine kleine, zurückhaltende Ausstellung mit Presseberichten aus der Zeit der Konferenz eröffnet (Cecilienhof, bis 31. Oktober). In den Arbeitszimmern von Stalin, Churchill bzw. Attlee und Truman ist das Drei-Mächte-Treffen im Spiegel der jeweiligen Landespresse nachzulesen. Wegen der Nachrichtensperre mussten sich die in Zehlendorf einquartierten Journalisten etwas einfallen lassen. Das Areal um Schloss Cecilienhof war für sie Sperrgebiet, Textprotokolle gab es keine, nur Fotografien. Also schrieb man – es war ein sehr heißer Sommer – über die Mückenplage, das Mittag- und Abendessen und die Kleidung der Konferenzteilnehmer. Politische Artikel lasen sich dann wie folgt: „() weiterverbreiteten aber unbestätigten Berichten zufolge wird Präsident Truman in Berlin versuchen, eine Drei-Mächte-Vereinbarung für ein langfristiges, einheitliches Programm zur Kontrolle Deutschlands zu erreichen, die später auch Frankreich einschließen soll“, so The Times vom 10. Juli 1945. Fotografien war zu entnehmen, dass auf dem großen Konferenztisch in Cecilienhof nur einige Schreibutensilien und Aschenbecher standen, keine Namensschilder, Mappen oder ähnliches. Für die Ausstellung hat man sich nun bemüht, die damalige Situation am Konferenztisch wieder herzustellen, Aschenbecher und Notizblöcke fehlen allerdings. Stalins ehemaliges Arbeitszimmer ist mittlerweile renoviert, auch die Seitentür wurde wieder hergestellt. Schließlich betrat der Diktator kein Zimmer ohne Fluchtweg. In der Sowjetunion waren die Zeitungen damals schon staatlich gelenkt, entsprechend wenige Berichte gab es, die im Vorfeld der Konferenz schon Erwartungen formulierten. „Danach aber lässt man die Ergebnisse von Potsdam hoch leben“, fasst Björn Ahlhelm zusammen, der die Ausstellung mitgestaltete. In der Sowjetpresse wurden schließlich die Bürger zu mehr Leistung aufgefordert, um der großen Leistung von Stalin in Potsdam – schließlich hatte er den Einflussbereich der Sowjetunion auf weite Teile Osteuropas ausgedehnt – Tribut zu zollen. Erste Ankündigungen über die Konferenz lassen sich in der Presse schon im Juni 1945 finden, im August dann wird die Berichterstattung aber schnell von einem anderen Thema verdrängt: den Atombombenabwürfen der USA über Japan. In der US-Presse wie auch in der britischen wurde die Konferenz wesentlich sachlicher aufgenommen als in der sowjetischen. In den USA fällt auf, dass man den neuen Präsidenten Harry S. Truman sehr genau beobachtete, die Britten berichteten in erster Linie über den Austausch von Winston Churchill, der während der Konferenz die Wahlen verloren hatte. Auch der deutschen Presse ist ein Bereich gewidmet. Allerdings gab es im Sommer 1945 ausschließlich Zeitungen in Lizenz der Siegermächte, die nur nachrichtlich berichten durften, Kommentare waren untersagt. Über E-Bay ersteigerte alte Ausgaben britischer und deutscher Zeitungen gehören zu den wenigen Originaldokumenten der Ausstellung. Eigentlich hatte sich die Schlösserstiftung um ein Original des Gesprächsprotokolls bemüht – aber vergebens. Obwohl es rechtlich gesehen nur ein Protokoll und kein Vertrag ist, wird es von den drei Ländern nach wie vor als völkerrechtliches Dokument betrachtet. Und so etwas gehört eben noch nicht ins Museum. Jan Kixmüller

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