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Mörderisch gut. Die Krimiautoren Erich Schütz (l.) und Dirk Platt bei ihrer Buchvorstellung in Potsdam.

©  Manfred Thomas

Kultur: Und im See schwimmen zwei Leichen Erich Schütz und Dirk Platt haben mit „Schwarzkonto“ einen Potsdam-Krimi geschrieben

Zwei Wasserleichen, zwei weit auseinanderliegende Tatorte, zwei ehrgeizige Journalisten. Der Kriminalroman „Schwarzkonto“ lebt von sich gegenüberstehenden Reibungspunkten, die am Ende in einem fulminanten Finale zusammenlaufen.

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Zwei Wasserleichen, zwei weit auseinanderliegende Tatorte, zwei ehrgeizige Journalisten. Der Kriminalroman „Schwarzkonto“ lebt von sich gegenüberstehenden Reibungspunkten, die am Ende in einem fulminanten Finale zusammenlaufen. Das bedeutet nicht nur für die Leser die eine oder andere Überraschung – auch für die Autoren war es ein spannender Weg. Denn der Roman erzählt nicht nur von zwei Journalisten, er wurde auch von solchen geschrieben. Der 58-jährige Erich Schütz, freier Journalist am Bodensee und der 41-jährige Dirk Platt, Potsdamer sowie Moderator des Nachrichtenjournals „Brandenburg Aktuell“ beim Rundfunk Berlin Brandenburg sind schon seit Jahren befreundet. „Schwarzkonto“ ist ihr erstes gemeinsames Buchprojekt, das mit Steuerhinterziehung und medizintechnischen Skandalen politisch brisante Themen zusammenbringt. Am gestrigen Dienstag stellten sie „Schwarzkonto“ (Gmeiner Verlag, 11,99 Euro) in Potsdam vor.

Vor etwa drei Jahren entstand die Idee zu dem Krimi, in dem es um einen toten Banker im Bodensee und einen toten Politiker im Kleinen Wannsee geht. „Das war gerade die Zeit als die Diskussion um die Steuer-CDs aufkam“, sagt Dirk Platt. „Als wir dann schrieben, wurde das Thema mit Uli Hoeneß und Alice Schwarzer immer aktueller. Die Zeit gab dem Thema also recht.“ Etwas persönlich motivierter war hingegen die Entscheidung, die nicht geprüften medizintechnischen Produkte als Handlungsstrang einzubauen. „Ich sehe es ja jetzt gerade an meiner Mutter, wie sehr da Schindluder getrieben wird“, sagt Erich Schütz. „Jedes Autoteil muss durch den TÜV, aber wenn es um unseren Körper geht, wird nichts überprüft. Egal ob Hüftprothese oder Brustimplantat.“

Zum gemeinsamen Schreiben musste sich Schütz erst überreden lassen. „Das Schöne am Krimischreiben ist ja eigentlich, dass man für sich alleine arbeiten kann“, sagt der Journalist, der mit den Krimis „Judengold“, Doktormacher-Mafia“ und „Bombenbrut“ bereits als Autor erfolgreich ist. „Und mein erster Gedanke war dann, dass mir beim gemeinsamen Schreiben meine Idylle kaputt gemacht wird.“ Trotz der Bedenken wagte er das Experiment und war fast überrascht, wie friedlich die Arbeit ablief. „Tatsächlich haben wir uns nie gestritten“, so Schütz. „Anmerkungen wurden immer sehr kollegial diskutiert und auch akzeptiert.“

Da beide Autoren fast 700 Kilometer getrennt voneinander leben, arbeiteten sie mit einer Cloud im Internet, in der sie ihre Texte einspeisten und somit stets auf dem aktuellen Stand des jeweils anderen waren. „Wir hatten ja zusammen einen Plot entwickelt und jedes Kapitel durchgesprochen“, so Platt. „Richtig intensiv wurde der Austausch natürlich als wir am Ende alles zusammenführen mussten und sich auch die Charaktere begegnen.“

Platt hat für seinen Handlungsstrang eine weibliche Hauptperson, die Potsdamer Journalistin Kathi Kuschel kreiert. „Ich wollte einfach so viele Reibungspunkte wie möglich einbauen“, sagt er. „Da passte sie als Gegenstück zu Erichs Charakter Fritz einfach viel besser als noch ein männlicher Protagonist.“ Für ihn sei es außerdem die größere Herausforderung gewesen, sich in eine weibliche Perspektive hineinzudenken, wie er erzählt. „Ich war sogar in einem Damenfriseur und habe mich über die Prozedur des Haarefärbens informiert, weil das ja ein Merkmal meiner Figur ist“, sagt der Babelsberger und fügt lachend hinzu: „Und es war eine schöne Möglichkeit, alle tollen Frauen, die ich schon kennenlernen durfte, in einer Person zu vereinen.“

Überhaupt seien die Figuren des halben Potsdam-Buches – die politischen eingeschlossen – eine Zusammenstellung aus unterschiedlichen Charakteren aus dem Leben beider Autoren. Wer genau liest und das politische Leben in Potsdam kennt, kann Matthias Platzeck im Kanzlerkandidaten der Sozialisten, Günther Robert Clausdorff, erkennen, wie er ausgewählte Journalisten beim Hintergrundgespräch exklusiv die Strategie für den Bundestagswahlkampf erklärt. Der Typ Menschenfänger und Kumpel, der mit jedem kann, Hände schüttelt, auf Schultern klopft und geduldig zuhört.

Auch der Mann hinter Clausdorff, der Stratege und Strippenzieher, trägt Züge bekannter Brandenburger Politiker. Sei es Klaus Ness, bis vor einem Jahr Generalsekretär der Brandenburg-SPD, heute Chef der Landtagsfraktion. Oder Rainer Speer, bis zum seinem Rücktritt 2010 Platzecks Mann fürs Grobe. Es könnte auch der CDU-Politiker Sven Petke sein, als er selbst noch Generalsekretär seiner Partei war, als er dort noch etwas zu sagen hatte. Aber das ist lange her.

Die am Ende von „Schwarzkonto“ offenbarten Abgründe der Macht und der Politik sind so überraschend nicht. Immerhin, diesen Strippenziehern wird im Roman einiges zugetraut. Sie sind schließlich verantwortlich für den Erhalt der Macht. Bezeichnend ist, dass man all das für möglich hält. Zur Erinnerung: Es geht um Mord und Steuer-CDs. Gleichzeitig bietet das Buch Einblicke in das besondere Verhältnis zwischen Politikern und Journalisten, wie sie sich brauchen und sich belauern. Und über die Diskrepanz zwischen dem Wissen des politischen Journalisten und der tatsächlich publizierten Information.

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