
© rbb/Tom Schulze/DOKfilm
Kultur: Vergnügen durch die Thalbachs
Bildungskurs vom rbb: „Friedrich – ein deutscher König“ kommt am 7. Januar ins Fernsehen
Stand:
Zunächst gibt es einen Bildungskurs für Jörg Thadeusz. Der bekannte rbb-Moderator befragt den Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh so naiv, als ob er und die Gäste im Schlosstheater im Neuen Palais das erste Mal etwas von König Friedrich II. und dem Friderizianismus hören. Dabei lässt sich nicht verheimlichen, dass der größte Teil der Besucher am Mittwochabend im Neuen Palais in das Filmprojekt des rbb „Friedrich – ein deutscher König“ involviert sind. Und daher ist man als Besucher der naiven Ansicht, diese Filmleute wissen Einges über den Monarchen. Der rbb und vor allem das Produktionsteam feiert sich an diesem Premierenabend ausgiebig selbst. Ob das Fernsehpublikum in den Applaus einstimmen wird, bleibt abzuwarten. Ab 7. Januar 2012 kann man den Film, der sich als Doku-Drama präsentiert, zunächst bei „Arte“ in Augenschein nehmen.
Anlass für den Friedrich-Film ist der 300. Geburtstag des Preußen-Königs am 24. Januar des kommenden Jahres. Der Historiker Johannes Unger, der die Gesamtleitung für das Projekt übernahm, sieht Friedrich jedoch als einen deutschen König: „Mit seiner riskanten Expansionspolitik und seinem modernen Herrschaftsverständnis legte er den Grundstein für Preußens Großmachtstellung in Europa und damit für die Bildung des Deutschen Reiches unter Führung der Hohenzollern“, schreibt er in seinem Film-Begleitbuch (Verlag Propyläen), das jetzt im Buchhandel zu erwerben ist. Leider ist in ihm kein einziges Szenenfoto aus dem Doku-Drama zu sehen. Dafür Bilder, die zum zigtausendsten Mal in anderen Geschichtsbüchern veröffentlicht wurden.
Die rbb-Intendantin Dagmar Reim lobte im Schlosstheater das Filmprojekt als ein wahrhaft „fritzisches Vergnügen“, das die Figur des Alten Fritz in seiner Widersprüchlichkeit und Brüchen zeige. Auch mit einem Augenzwinkern. Für das ironische Herangehen an den jungen und alten Friedrich sorgen zwei Schauspielerinnen: Anna und Katharina Thalbach. Regisseur Jan Peter wollte mit dieser Besetzung „das Leichte, das Spöttisch-Frivole und die enorme Kälte des Königs, seine Härte sich selbst und anderen gegenüber“ verdeutlichen. Katharina Thalbach, die bekanntlich gern und oft in Männerrollen schlüpft, hatte, wie man erleben kann, keine Schwierigkeiten sich mit der Rolle auseinanderzusetzen. Mal finster dreinblickend, dann wieder philosophisch vielsagend lächelnd spielt sie den alten König bravourös. Tochter Anna verkörpert den jungen Fritz mit großer Emotionalität als Sohn, der gegen die Erziehungsmethoden des Vater rebelliert.
Johannes Unger und sein Team hatten die Absicht, mit dem Doku-Drama eine teilweise neue und moderne Sicht auf Friedrich den Großen zu zeigen. Herausgekommen ist ein unterhaltsamer Bildungskurs für die an Geschichte interessierten Fernsehzuschauer.
Man entschied sich nicht, die weit verbreiteten historischen Dokumentationen zu drehen, die lediglich durch ein paar Spielszenen aufgefrischt werden, sondern für einen Film mit einer durchgehenden abendfüllenden Erzählung, bei der der Alte Fritz Rückschau auf seine Lebensstationen hält. Die Historiker Monica Kurzel-Runtscheiner aus Österreich, der Australier Christopher Clark und der Potsdamer Hartmut Dorgerloh mischen sich jedoch hin und wieder in das Geschehen ein, kommentieren es geschickt und geben weiterführende Impulse.
Der Film erzählt kaum Neues. Man hatte den Eindruck, die Szenenfolge habe man schon woanders gesehen oder vielleicht auch „nur“ aus Büchern verinnerlicht. So manch bekannte Klischees schleichen sich obendrein immer wieder ein. Da erlebt man den Friedrich Wilhelm I. (Oliver Nägele) einseitig als ekelhaften Monarchen, der seine Frau Sophie Dorothea demütigt und seinen Sohn Fritz peinigt. Dass dieser später auch einiges von der Herrschaftsauffassung seines Vaters übernimmt, bleibt weitgehend unberücksichtigt.
Die Kriege Friedrichs II. spielen in dem Film berechtigterweise eine große Rolle, auch die Verachtung des Ehemanns gegenüber seiner Frau Elisabeth Christine (Valerie Koch), für die er während einer der wenigen Begegnungen nur den Satz übrig hat „Madame, Sie sind korpulent geworden“. Solcherart Szenen und Wortüberlieferungen wurden gern von Regisseur Jan Peter und dem Filmautoren Yury Winterberg eingebaut. Natürlich gibt es die bekannte Tafelrunde mit den philosophischen Gesprächen. Aber der Schöngeist oder der Musiker werden hier fast ausgeblendet. Friedrich II. als Einsamen, als Misantrop oder Mürrischen zeigen die rbb-Filmemacher mit lustvoller Deutlichkeit. Und das Schloss Sanssouci oder das Neue Palais als wichtigste Schauplätze des Königs werden ausgespart. Dafür drehte man viele Szenen im Schloss Oranienbaum in Sachsen-Anhalt. Naja, immerhin war der einstige Hausherr Leopold I. ein Duzfreund des preußischen Soldatenkönigs.
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