
© dpa/Bernd settnik
Vielfalt als Stärke: Das Jüdische Filmfestival präsentiert sich zum 29. Mal
Mit einer fulminanten Eröffnungsfeier am HOT ging das jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg an den Start. 50 Filme werden bis zum 18. Juni gezeigt.
Stand:
Barfuß steht Masha Raykhman auf der Bühne, eine Strahlenkrone auf dem Haupt. Schon die ersten Zeilen ihres Gesangs „for the boy with my hope” lassen die rund 400 Zuschauer im großen Theatersaal des Hans Otto Theater aufhorchen. Die jüdisch ukrainisch-stämmige Singer-Songwriterin alias „Masha The Rich Man“ präsentierte eine Auswahl aus ihrem zu Jahresanfang erschienenem Debütalbum. Ein besonderes Rahmenprogramm zum Auftakt des 29. Jüdischen Filmfestivals Berlin Brandenburg.
Überleben mithilfe eines Schweins
Gezeigt wurde eine Auswahl an Kurzfilmen aus den unterschiedlichsten Genres: „Letter to a Pig“, „Eine Frage der Sicherheit“, „Reqiem for a Whale“, „Herzstern“ und „The Sky is falling“. Bei „Letter to a Pig“, ein Werk der israelischen Regisseurin Tal Kantor, handelt es sich um eine anrührende Geschichte über einen Holocaust-Überlebenden, der vor einer jüdischen Schulklasse schildert, wie er dank der Hilfe eines Schweins überlebte. Nach dem Krieg schreibt er einen Dankesbrief an das „unreine Tier“, das ihm das Leben gerettet hat. Ein kunstvoller Zeichentrick-Film, in dem Themen wie kollektive Traumata, Rache, die Abgründe menschlicher Bosheit und Mitgefühl thematisiert werden.

© Alicia Rust
„Reqiem for a Whale“ hingegen, ein Dokumentarfilm von Ido Weismann, ist in Form einer Reportage gedreht. In einer Nacht, Anfang 2021, wurde am Strand von Nitzanim in Israel der Körper eines Wals an Land gespült. Schaulustige kommen, machen Selfies vor dem Kadaver, eine fröhliche Atmosphäre, wie auf einem Volksfest. Als Weismann später bei einzelnen Akteuren nachfragt, wie es ihnen bei diesem seltenen Ereignis ergangen ist, entsteht ein Dialog zwischen Leben und Tod.
Alles wird miteinander vermischt
„Es ist schon krass, wie ein Film, der nur 15 Minuten lang ist, die Zuschauer so bewegen kann“, sagt Michael Katz, ein junger Musiker, der seit vielen Jahren zur Eröffnung des Filmfestivals kommt. „Ich finde es auch toll, dass in diesem Jahr erstmals jüdische Horrorfilme gezeigt werden“, sagt der Mann aus Israel, der seit einigen Jahren in Berlin lebt und in den kommenden Tagen weitere Filme sehen will.
Unsere Vielfalt ist unsere Stärke.
Ron Prosor, israelischer Botschafter in Deutschland
Bei „Eine Frage der Sicherheit“ hingegen handelt es sich um einen Spot gegen Antisemitismus, gedreht im Jahr 2022. Nur zwei Minuten ist er lang. Dennoch hinterlässt er Eindruck bei den Zuschauern. Wie sehr müssen sich Juden heute noch fürchten, wenn sie unverdeckt ihren Davidstern an einer Kette tragen wollen? Es gehe bei dem Festival darum, ein Zeichen zu setzen, so Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) „Wir wollen miteinander ins Gespräch kommen“. Dazu hatten die Gäste im Anschluss an die Filmvorführung reichlich Gelegenheit.
Das Jüdische Filmfestival hat eine lange und reiche Tradition.
Shelly Kupferberg, Moderatorin und Autorin
Musik trifft auf Film, Film auf Kunst, hier und dort werden die Grenzen verwischt, alles wird miteinander vermischt. „Unsere Vielfalt ist unsere Stärke“, sagte der israelische Botschafter Ron Prosor in Bezug auf den Facettenreichtum und die Internationalität der jüdischen Kultur. „Das Filmfestival hat eine lange und gute Tradition“, sagte Shelly Kupferberg, die den Auftaktabend moderierte.
Gewürdigt wurde auch der offizielle Filmtrailer von „Jewcy Movies“, so der Filmfestival-Titel des 29. Festivals. Covergirl des erfrischenden und poppig bunten Filmclips, deren Titelbild sämtliche Plakate zum 29. Festival ziert, ist Helene Shani Braun. Die 25-Jährige angehende Rabbinerin, die gegenwärtig noch am Abraham Geiger Kolleg in Potsdam studiert, steht für ein junges, weibliches, queeres, kurzum: für ein unkonventionelles Judentum. Was auch zur Ausrichtung des Filmfestivals passt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: