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Kultur: Wallburga ist nicht Heidi

„Klassiktage Berliner Schlösser“ in Potsdam mit „Die Hochzeit der schlauen Bäuerin auf der Alm“

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„Klassiktage Berliner Schlösser“ in Potsdam mit „Die Hochzeit der schlauen Bäuerin auf der Alm“ Von Klaus Büstrin Nicht die freundliche Heidi der Johanna Spyri, die auf der Alm gegen das Raue mit Liebe und Güte kämpft, ist zu sehen, sondern Wallburga. Es ist ebenfalls ein Mädchen von der Alm, auch ein armes. Sie geht gegen das ihr erwiesene Unrecht aber mit beiden Ellbogen an. Denn früher war sie reich, bis der Bankier Don Tabbarano nach feudalistischer Manier ihr und ihrer Mutter Haus und Hof entriss. Jetzt aber will sie beides wieder haben. Mit ihrem Liebhaber, dem Jäger Josef, weiß sie dem Bankier das „Geraubte“ geschickt zu entwenden. Von Alpen-Idylle ist in der Inszenierung des musikalischen Bühnenstücks „Die Hochzeit der schlauen Bäuerin auf der Alm“ weit und breit nichts zu sehen. Dafür aber, was von hier aus hinter den Bergen kommt: Italien. Der Verein „Musik in Brandenburgischen Schlössern“ wählte für seine erste Aufführung der „Schlauen Bäuerin“ die ganz dem Italienischen verhaftete stimmungsvolle Orangerie im Park Sanssouci. Mittwoch war Premiere anlässlich der „Klassiktage Berliner Schlösser“, die bereits zum vierten Mal veranstaltet werden. „Rokokomusical“ nennt Regisseur Roland Treiber das schlichte Stück. Doch was hat das mit dem aus dem Amerikanischen kommenden Musical zu tun? Nichts. Vielmehr könnte man es als eine Komische Operette oder auch Seifenoperettchen bezeichnen. Mit der heiter-melancholischen Musik von Pergolesi, Michael Haydn, Mozart, Gluck, Hiller und Kraus hätte man den Theaterabend trefflich Pasticcio nennen können. Die Basis bildet dazu Pergolesis „Die schlaue Bäuerin“ und Michael Haydns „Die Hochzeit auf der Alm“. Aber vielleicht wollte Treiber sich der heutigen Zeit anpassen und nannte es publikumswirksam Musical. Zu Beginn gab es ein paar satirische Bemerkungen zur aktuellen Finanzlage in Deutschland, doch dann zog sich das Gerangel um Geld, Liebe und Übertölpelung ziemlich in die Länge. Man spielte auf einem kleinen Podium mit minimalem Aufwand, dafür im Großen und Ganzen konventionell. Das Paar Wallburga und Josef (Ulrike Schwab und Johanna Mross) sind natürlich die ganz liebenswerten, die reinen, die einen „gerechten Kampf gegen das Böse kämpfen“. Don Tabbarano ist der Geck, der Trottel, dem es nur um“s Geld geht. Aber in dieser Inszenierung funktioniert diese Konzeption selten, weil der 22-jährige Benedikt S. Zeitner viel zu jung für diese Rolle des gestandenen Bankiers ist. Er muss ständig die Pointen seiner Bufforolle dick auftragen, damit er die Lacher auf seine Seite bekommt. Doch Zeitner findet gesanglich den besten Zugang zu diesem Pasticcio, weil er seine Baritonpartie mit augenzwinkernder Lockerheit und Charme angeht. Johanna Mross in der Hosenrolle des Josef weiß ihren Sopran kultiviert einzusetzen, doch Ulrike Schwab war mit ihrem festgefahrenen Sopran gesanglich überfordert. Das Damen-Streichquartett des Mozart-Ensembles Berlin-Brandenburg und der zurückhaltende musikalische Leiter Alexej Petrow, der auch das E-Piano bediente, bemühten sich redlich den etwas dünnen Klang, der im Freien bei solch einer Kammerbesetzung kaum zu verhindern ist, mit schwungvollem Musizieren zu begegnen. Das Publikum wollte sich anscheinend an diesem Abend intellektuell nicht fordern und war mit der Belanglosigkeit von Stück und Inszenierung zufrieden. Eine sommerliche Unterhaltung.

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