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Zu Gast bei Wist. H.-D. Rutsch

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Kultur: Wenn die Heimat veschwindet Hans-Dieter Rutsch liest über Deutsche in Polen

Es ist ein sehr persönliches Buch. Der Potsdamer Dokumentarfilmer und Publizist hat unzählige Reportagen über Polen gedreht und ist Mitherausgeber des Buches „Als der Osten noch Heimat war“ über die Geschichte der Deutschen in Polen.

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Es ist ein sehr persönliches Buch. Der Potsdamer Dokumentarfilmer und Publizist hat unzählige Reportagen über Polen gedreht und ist Mitherausgeber des Buches „Als der Osten noch Heimat war“ über die Geschichte der Deutschen in Polen. Vielleicht weil die Geschichte seiner eigenen Familie mit der des Nachbarlandes eng verwoben ist, musste Rutsch noch mal ran: 2012 erschien dann sein Buch „Die letzten Deutschen. Schicksale aus Schlesien und Ostpreussen“. Am morgigen Donnerstag stellt Rutsch sein Buch im Literaturladen von Carsten Wist vor.

Rutsch zeigt sich hier wie in seinen Filmen als Geschichtensammler – diesmal allerdings wählte er ein anderes Medium. Das sei ihm gar nicht so leicht gefallen, sagt er, wie ein Handwerker habe er sich ein tägliches Pensum gesetzt. Und doch scheint es ihm ein innerstes Bedürfnis gewesen zu sein, wenn man ihm zuhört, wie er von dem Entstehungsprozess berichtet. Der habe schon vor langer Zeit begonnen, als er elf Jahre alt war. 1965 kann sein Vater, der bis 1945 in Niederschlesien lebte, einen alten Freund in Polen ausfindig machen. Und will ihn mit der Familie besuchen – in der alten Heimat. Der Elfjährige ist schockiert, dass die Familie eine weitere Heimat haben soll und hört zum ersten Mal, dass es noch woanders Deutsche gibt. „Darüber wurde ja in der DDR nie gesprochen“, so Rutsch. In Westdeutschland war der Umgang mit diesem Thema schwierig, weil man den nach Kriegsende in Polen verbliebenen Deutschen vorwarf, sie hätten sich zu wenig zu ihrem Deutschtum bekannt. Doch wie hätte das gehen sollen, fragt Rutsch, als für die Zurückbleibenden über Nacht die deutsche Sprache verboten wird, Nachbarn und Kultur verschwinden. Etwa 300 000 Deutsche leben noch heute in Polen, das sich in den vergangenen Jahren wieder für seine deutsche Regionalgeschichte zu interessieren beginnt. Rutsch beobachtet die Wiederentdeckung deutscher Architektur der schlesischen Kurbäder, der Schlösser und historischen Stadtkerne beispielsweise sehr genau.

Für sein Buch suchte er Geschichten jenseits politischer Lesarten. Berührend sind deshalb die sehr persönlichen Schicksale, die beim Leser dann doch filmische Szenarien entstehen lassen. Seine eigenen Erinnerungen fließen wie ein Reisetagebuch mit ein und geben dem Buch eine gewisse Leichtigkeit, obwohl viel gründliche Recherche hineingeflossen sei. Es hätten ihm schon Leser geschrieben, sagt er, die sich selbst oder Nachbarn wiedererkannt haben. Steffi Pyanoe

Hans-Dieter Rutsch liest am morgigen Donnerstag um 20 Uhr im Literaturladen Wist, Dortustraße 17

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