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Kultur: „Wir stechen in verschiedene Nester“ Die G(eigen)mbH spielt zur Finissage von Bruchner

Noch liegt in der Kürze ihre Würze. Doch obwohl die G(eigen)mbH erst mit einem Halbstundenprogramm aufwarten kann, hat sie sich schon durch diverse Potsdamer Kultureinrichtungen musiziert.

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Noch liegt in der Kürze ihre Würze. Doch obwohl die G(eigen)mbH erst mit einem Halbstundenprogramm aufwarten kann, hat sie sich schon durch diverse Potsdamer Kultureinrichtungen musiziert. Am morgigen Sonntag steht der nächste Kurzauftritt an: der Maler Mike Bruchner lädt zur Finissage seiner Ausstellung „Arche“ in dieVilla Kellermann und möchte diesen „Abgesang“ durch das Quartett musikalisch bereichern. Zu hören sein werden u.a. Michael Nymans „Songs for Toni“ – ein rhythmisches und sehr klangvolles Werk, das zwischen Minimalmusik und Pop angesiedelt ist. Als die drei Frauen Juliane Winkler, Cordula Heth und Grit Blaßkiewitz vor etwa drei Jahren ihre „GmbH“ gründeten, versuchten sie sich zunächst improvisatorisch anzunähern. „Der Anfang war total chaotisch“, erinnert sich Juliane Winkler. Da es mit dem freien Spiel nicht so recht klappen wollte, gingen sie auf Literatursuche – und wurden enttäuscht. „In der Besetzung von drei Geigen war nichts aufzutreiben, jedenfalls nichts, was uns allen gefallen hätte“, erzählt sie. Für Michael Nymans Stück für vier Saxophone hegten indes alle Sympathie. Also schrieben sie es für ihre Geigen um – und holten sich zudem männliche Verstärkung. Der Bassklarinettist Winfried Rager ließ sich nicht lange bitten. Es war ihm eine willkommene Abwechslung, neben den sehr speziellen, zeitgenössischen Werken, die er mit seinem Kammerensemble Neue Musik Berlin auf die Bühne bringt, auch etwas Populäreres zu spielen – zumal an der Seite seiner künftigen Frau Juliane. Das Damen-Trio kam sich durch ihre gemeinsame musikalische Arbeit mit geistig behinderten Kindern näher. „Als ich die beiden aus Weimar kommenden Frauen kennen lernte, dachte ich sofort: Die sind“s. Beide spielen ziemlich toll Geige, und ich hoffte, daraus könnte etwas Gemeinsames werden. Ich wusste allerdings nicht, ob das funktionieren würde, weil die Musik bei mir nur Hobby ist“, so die Potsdamerin Grit Blaßkiewitz, die schon bei der Rockgruppe „Aoxomoxoa“ intensiv Band-Erfahrungen sammelte – bis sie nach vier Jahren dort nicht mehr ihren Platz sah. Den hat sie nun bei der G(eigen)mbH neu gefunden. Er wies ihr auch den Weg zurück zu den Noten. Für Julia Winkler bot sich mit dem Trio eine unbeschwerte Wiederentdeckung ihres geliebt-gehassten Instruments. „Aus einer Musikerfamilie stammend, stand es gar nicht zur Diskussion, etwas anders zu machen als Musik.“ Also ging sie nach Weimar und studierte dort Orchestermusik. „Mit der Wende wurde der Druck immer größer, und ich brach das Studium ab.“ Heute ist sie Musiklehrerin und freut sich, nebenbei ihre Geige wieder nach Lust und Laune traktieren zu können. Cordula Heth betreibt als einzige der Streicherinnen ihre Musik beruflich. Sie gibt in Berlin-Zehlendorf an der Musikschule und in Potsdam Privatunterricht. Stand anfangs für alle fest, dass sie keinesfalls Haydn oder Mozart ihre Aufwartung machen würden, gibt es nun doch eine Besinnung auf die „Altvorderen“. „Unser ,Notenwart“ Juliane hat Barocksuiten entdeckt, die uns allen sofort gefielen, da sie so rein und klar sind,“ so Grit Blaßkiewitz. Es sei zeitlich gesehen zwar ein Riesenspagat zu Michael Nyman oder zu Eduard Drizga (beide Jahrgang 1944), „aber die Werke passen nach unserem Geschmack sehr gut zusammen.“ Wenn die Suiten erst richtig sitzen, könnte sich ihr Programm also auch bald zu einem abendfüllenden Konzert mausern. Noch vermarktet sich die 3 plus 1-GmbH durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Sie war bei der Eröffnung des Fotoateliers von Frank Gaudlitz dabei, weihte den Literaturladen Wist mit ein, rahmte eine Lesung im Filmmuseum oder die Preisverleihung bei Lotto. Doch es muss nicht beim Intro oder Intermezzi bleiben. „Wir stechen in verschiedene Nester. Wenn anfangs die Improvisation nicht klappte, muss das nicht endgültig sein. So wie wir uns auch nicht als Trio festmachen möchten.“ Winfried Rager scheint da bereits wacker den Status aufzuweichen. „Wir werden uns sicher weiter öffnen, wenn eine bestimmte Musik das erfordert. Wichtig ist vor allem, dass nichts zu fest wird“, betont Grit Blaßkiewitz. Bislang ist die G(eigen)mbH aber noch am lustvollen Ausprobieren, ist der Spaß bei allen spürbar. Heidi Jäger Finissage Sonntag , 19 Uhr, Villa Kellermann. Der Maler ist anwesend.

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