
© SAT.1/ProSieben/Willi Weber
Kultur: „Wir wollten nur eine Supershow“
Oxymoron-Tänzer Prince Ofori und seine M.I.K. Family kamen ins Fernsehfinale von „Got to dance“
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Mit der Pünktlichkeit nehmen sie es offensichtlich nicht so genau. Deshalb endete ihr Ausflug ins Fernsehen beinahe, bevor er überhaupt begann. Die vier Herzensbrüder der M.I.K. Family kamen zum Casting für den von Pro Sieben veranstalteten deutschlandweiten Wettbewerb „Got to dance“ eine Stunde zu spät. Die Technik in dem kleinen Proberaum am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin war bereits verstaut, als sie eintrafen. Doch einer der Jurymitglieder erkannte Prince Ofori, der zur Oxymoron Dance Company Potsdam gehört, und wollte den etwas verplanten Tänzern dennoch eine Chance einräumen. Also wurde extra für das säumige Quartett mit den afrikanischen Wurzeln alles wieder aufgebaut. Mit ihrem kraftstrotzenden Hip-Hop schafften es Kingsley, Richy, Isaac und Prince, die bereits mit dem Hamburger Rapper Samy Deluxe auf der Bühne standen, nach drei Qualifizierungsrunden schließlich bis ins Finale. Das war vergangenen Freitag.
Sieger sind sie nicht geworden, obwohl sie mit ihrer Bühnenpräsenz zu den Publikumslieblingen gehörten. Aber zwei 13-Jährige aus Bayern gewannen mit einem Standardtanz schlussendlich den Ausscheid und strichen als jüngste Teilnehmer die 100 000-Euro-Prämie ein. Natürlich war die M.I.K. Family traurig. Auf ihrer Facebook-Seite ist zu lesen: „In die Show haben wir wieder viel Liebe und Herzblut reingesteckt. Eine wunderschöne Zeit und eine Supershow ist zu Ende gegangen ...“ Aber, wie Prince Ofori mit dem Abstand von ein paar Tagen einräumt, sind sie auch nicht mit dem Gedanken angetreten zu gewinnen. „Wir wollten nur eine Supershow machen. Und so sind wir auch nicht wirklich enttäuscht. Wir waren im Finale müde, ausgepowert und aufgeregt und so passierten am Ende auch kleine Patzer“, sagt er selbstkritisch. Dass sich die Hip-Hop-Crew überhaupt auf den Wettbewerb einließ, hatte mit der Werbung im Fernsehen zu tun. „Die klang einfach super. Und mal vor einem Millionenpublikum zu tanzen, hat natürlich was. Es hat jedenfalls irren Spaß gemacht, selbst wenn die Zeitfenster immer sehr eng waren, wir auf die Minute genau proben, essen und auf die Bühne gehen mussten.“
Nun geht es für ihn in Potsdam bei Oxymoron weiter, wo der 24-Jährige aus Ghana seit 2008 tanzt. Sein Herz gehört der Bühne. „Da kann ich eine gewisse Message rüberbringen. Das ist eher meine Sache.“ So wie in der Produktion „3.1“, die bei „Stadt für eine Nacht“ im Juni zu sehen war und im Oktober erneut im T-Werk zur Aufführung kommt. Eine sehr sensible Arbeit mit der Schauspielerin Melanie Straub. „Melanie ist so sweet“, sagt Prince Ofori. Die große Offenheit der Schauspielerin vom Hans Otto Theater sei für ihn eine ganz neue Erfahrung gewesen. „Sie ist eine Künstlerin, die alles mitmacht und ausprobiert.“
Auch Anja Kozik, die Leiterin der Oxymoron Dance Company, war von diesem Dialog, dieser besonderen Begegnung zwischen Tanz und Sprache angetan. „Du schnippst nur kurz mit dem Finger und schon geht es los. Beide haben ein so kreatives Potenzial.“ Doch bevor sich Melanie Straub und Prince Ofori erneut auf der Tanzfläche begegnen, und den Zuschauer mit auf die Suche nach dem individuellen Lebensglück nehmen, beginnt Anja Kozik im August mit den Proben zu „Home 13“. Auch hier setzt die Choreografin, die immer wieder neue Türen aufstößt, auf die besondere Energie von Prince Ofori. Diesmal bei der Erkundung des Themas Heimat und Fremdsein. „Was ist schützenswert am Heimatgefühl? Inwieweit bin ich bereit, mich zu öffnen, neue Impulse aufzunehmen?“ Das sind Fragen, die das neue Stück aufgreifen und ab 28. September zur Diskussion stellen möchte. Einen ersten, vom Publikum begeistert aufgenommenen Vorgeschmack gab es bereits im Dezember nach einem Wochenendworkshop. „Damals noch zu dem viel größer angelegten Thema Globalisierung, das wir jetzt eingrenzen möchten“, so Anja Kozik. Das Besondere an dieser Arbeit ist der Dialog mit dem lettischen Orchester Ni & Co von Gedeminas Gelgotas. Sechs Streicher aus Vilnius spielen klassische moderne Musik und bewegen sich dabei mit ihren Instrumenten über die Bühne. Dazwischen gibt es vier Tänzer, die mit den Musikern korrespondieren und in Zwiesprache treten.
Neben dem Hip Hop von Prince Ofori setzt Anja Kozik auf den Vogue-Dance von Georgina Philp. Diese Tanzform mit den strengen linearen Arm- und Bein-Bewegungen kommt aus der afro- und hispanoamerikanischen Schwulenszene und wurde durch Madonnas Videoclip „Vogue“ berühmt. „Ich finde, dass dieser Tanzstil sehr gut hineinpasst. Vom Orchester kommt bereits eine große Kraft und Energie. Die Tänzer dürfen nicht untergehen und müssen etwas Starkes entgegensetzen“, so Anja Kozik. Im Dezember war Georgina Philp, die in der Pro-Sieben-Tanzshow ebenfalls dabei war und es bis ins Halbfinale schaffte, noch nicht dabei. Jetzt soll sie mit ihren Model-Posen mit an den großen Bildern malen, die Anja Kozik vom Orchester, Dirigenten und den Tänzern entwirft. Prince Ofori jedenfalls freut sich: „Nach Geigen zu tanzen und das noch live: Diese Gelegenheit hat man nicht alle Tage. Ein Superprojekt. Ich freue mich, dass es bald losgeht mit diesem besonderen Austausch von Kulturen.“ Aber er würde auch wieder im Fernsehen auftreten und wie in der Pro-Sieben-Show erneut vor Millionen von Zuschauern tanzen. „Da erreichst du einfach viel mehr Menschen mit deiner Kunst.“
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