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Potsdam-Mittelmark: Alarmierende Zeichen

Eine organisierte rechte Szene gibt es in der Region nicht – rechte Wähler durchaus

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Teltow - Als vor zwei Jahren viele Teltower in ihren Briefkästen einen Flyer vom „Schutzbund Deutschland“ fanden, landete das Papier bei den meisten im Papierkorb. Denn der Flyer verunglimpfte einen in Ghana geborenen deutschen Fußball-Nationalspieler. Kurze Zeit später stellte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) den rechtsextremen Verein vom Platz.

Unter dem Namen „Bewegung Neues Deutschland“ sind dieselben Kräfte jedoch seit einiger Zeit wieder aktiv, erfuhren rund 40 Teilnehmer, die am Donnerstagabend zu einer Diskussion zum Thema „Rechtsextremismus – Auch ein Problem in der Region?!“ in die Grundschule I kamen. Eingeladen hatte der SPD-Ortsverband, um über die aktuelle Situation und Strategien gegen Rechts zu informieren. Gabriele Fograscher, SPD-Bundestagsabgeordnete und Podiumsgast an diesem Abend, beschrieb das Kalkül rechtsextremer Parteien und Gruppierungen: „Sie führen einen Kampf um die Köpfe, denn sie wollen Leute gewinnen.“ Dabei nutzen sie nicht nur jeden neuen Trend in der Musikszene, sondern unterwandern auch Vereine und Bürgerinitiativen. Das Betätigungsfeld reiche hierbei von der Freiwilligen Feuerwehr über Sportvereine, Elternbeiräte und Jugendarbeit bis zur lokalen Kulturarbeit, so Fograscher. Auch Parlamente sind die Ziele der Rechten, erklärte Angelika Thiel-Vigh, zweiter Podiumsgast und Leiterin der Koordinierungsstelle Tolerantes Brandenburg. „Alles was bei euch regional passiert, wird zur nächsten Kommunalwahl aufgegriffen.“ Doch die Taktik, mit Rechten nicht zu sprechen, sei verkehrt, warnte sie: „Das bringt uns in Zukunft nicht weiter.“ Vielmehr sei es wichtig, dass sich Bürgermeister und Landräte dem Thema stellen, auch wenn solche Auseinandersetzung mühsam ist. Verkehrt sei auch, Aktivitäten von Rechten im eigenen Ort zu verschweigen, weil man glaube, das Bekanntwerden sei schädlich fürs Image. Thiel-Vigh: „Es ist ja nicht weg, nur weil man es nicht benennt.“

Während ein Diskussionsteilnehmer sich im Tal der Glückseligen wähnte angesichts rechtsextremer Geschehnisse andernorts, fühlten sich andere uninformiert und beklagten das mangelnde Interesse der Presse am Thema. Ein Mitglied der Agenda-Initiative berichtete, dass es in der Region zwar noch nicht den „rechten Donnerschlag“ gegeben habe, aber die Zeichen seien da. Meist wären das kleine Aufkleber, die in Buswartehäuschen und auf Laternenmasten geklebt würden. Auch mit einem Plakat zum Hess-Geburtstag hätte die Szene dokumentiert: „Wir sind da!“ Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) bestätigte in der Diskussion: „Es gibt Aktivitäten.“ Der Bauhoftrupp entferne regelmäßig Aufkleber der NDP an Bushaltestellen.

Dass für braune Ideologien auch die Mitte der Gesellschaft empfänglich ist, verdeutlichte ein Beispiel, das eine junge Frau schilderte. Sie hatte auf dem Foto einer überregionalen Zeitung einen Unternehmer aus der Region entdeckt, inmitten der Jubelschar, die einen sächsischen NPD-Mann feierte, der bei den letzten Wahlen den Sprung ins Landesparlament geschafft hatte. „Ich weiß, dass dieser Unternehmer keiner rechtsextremen Partei angehört, sondern einer anderen demokratischen Partei“, sagte sie. Dass viele Schichten für rechte Propaganda empfänglich seien, hatte zuvor Moderatorin Anne Böttcher anhand Teltower Wahlergebnisse für den Bundestag aufgezeigt. 2,4 Prozent Teltower Wähler gaben ihre Stimme der NPD. „Die Szene drückt von Sachsen hoch", mahnte Böttcher. Die NPD wolle schaffen, was der DVU in Brandenburg bisher nicht gelang: sich in der Provinz festbeißen. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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