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Prozessbeginn: Albtraum am Neujahrsmorgen
Manuel G. soll am 1. Januar eine Taxifahrerin in Kleinmachnow vergewaltigt haben. Zum Prozessauftakt legte er ein Geständnis ab.
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Kleinmachnow / Potsdam – Für die Berliner Taxifahrerin Simone P. (Name geändert) beginnt das neue Jahr mit einem Albtraum. Nahe des Kurfürstendamms hat die 52-jährige am Morgen des 1. Januar einen angetrunkenen jungen Mann aufgelesen und ihn bis Kleinmachnow gefahren. Hier lotst er sie hin und her, bis beide in einem Waldweg nahe der Autobahn, kurz vor der früheren Berliner Mauer landen. Er drückt sie in den Sitz, den Unterarm gegen ihre Kehle gepresst, und befiehlt ihr, sich auszuziehen. „Mach, was ich will oder ich töte dich“, soll er gesagt haben. Anschließend vergeht er sich an der Frau. „Sie hatte panische Angst um ihr Leben“, schildert eine Oberkommissarin später ihren Eindruck nach der Befragung des Opfers.
Gestern hat vor dem Potsdamer Landgericht der Prozess gegen den 35-jährigen Manuel G. begonnen – einem vorbestraften Vergewaltiger mit vorübergehendem Wohnsitz in Stahnsdorf. Ihn hatte die Polizei sechs Wochen nach der Tat anhand von DNA-Spuren überführt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Taxifahrerin am Neujahrsmorgen genötigt, erniedrigt, misshandelt und vergewaltigt zu haben. Bereits zu Beginn der Verhandlung legt er ein Geständnis ab.
Es ist ein Häufchen Elend, das da in Handschellen von Justiz-Beamten hereingeführt wird und auf der Anklagebank Platz nimmt. Als er aufgefordert wird, etwas über sich zu berichten, gerät er ins Stocken, weint und bringt schließlich kein Wort mehr heraus. Die Verhandlung muss für zehn Minuten unterbrochen werden, damit er sich sammelt. „Zu Hause war eigentlich alles in Ordnung“, wispert er danach mit gebrochener Stimme über die Kindheit in Berlin-Lichtenberg.
Er erzählt von drei Geschwistern, einer liebevollen Oma und einer Mutter, die ihn nach der Geburt zu Hause hochgepäppelt hatte, obwohl ihn die Ärzte nach der komplizierten Entbindung schon aufgegeben hatten. Der weitere Lebenslauf ist geprägt von Rückschlägen, für die Manuel G. aber immer auch selbst verantwortlich war: Erste Klasse nicht gepackt, Förderschule abgebrochen, Lehre geschmissen. „Meine Mutter war immer stolz auf mich – aber ich hab’s halt nicht geschafft“, sagt er entschuldigend. Auf dem Bau habe er oft gearbeitet, meistens Aushilfsjobs gemacht. Bei der Bundeswehr haben sie ihn gefeuert, weil er mit einem Militärfahrzeug die Kaserne verlassen hatte.
Etwas wirr werden seine Schilderungen über eine frühere Freundin, die ihn mit seinem Kumpel hintergangen haben soll. Beide hätten ihn des Mordes beschuldigt. Er wurde angeklagt, aber freigesprochen. Verurteilt wurde er dann wegen einer Vergewaltigung, die er nicht weiter ausführt. Im Gefängnis habe er eine neue Lebensgefährtin kennengelernt – eine Justizbeamtin, 15 Jahre älter. „Wo die Liebe eben hinfällt – manchmal auf einen Misthaufen“. Die Richterin ist brüskiert. Nein, das habe er so nicht gemeint, schüttelt G. energisch den Kopf. Das sei die Haltung seiner Schwester gewesen, die mit seiner Freundin nicht klar kam.
Deshalb durfte seine Partnerin auch nicht wissen, dass er Silvester mit seiner Familie feiert, während sie arbeiten musste. Und weil er sich nachts nicht nach Hause getraut habe, unternahm er noch einen Streifzug durch Berlin. „Ein paar Bier“ und „eine Flasche Schampus“ später war es schon hell und er „knülle“. Er habe ein Taxi angehalten und mit der Fahrerin die Fahrt nach Kleinmachnow vereinbart – für 25 Euro, wie Simone P. später zu Protokoll gab. Dass er in Kleinmachnow über sie herfallen wird, habe er nicht geplant. Auch habe er nie vorgehabt, sie wirklich umzubringen.
Beim Bezahlen im Waldweg sei es ihn überkommen. „Ich habe mich von ihrer Aufmachung angezogen gefühlt“, sagt er. Stiefel, Rock – „Alltagskleidung“, wie die Richterin bemerkt. Warum er ihr befahl, ihn nicht anzusehen, sondern die Augen zu schließen, könne er nicht mehr erklären. Die Taxifahrerin bettelte noch, dass er ein Kondom benutzt, das sie ihm dann selbst überstreifen musste.
„Sie schaffte es, immer weiter auf ihn einzureden, das fand ich sehr tapfer“, so die Oberkommissarin im Gerichtssaal. Denn Simone P. schlug vor, in ein Hotel zu fahren, wo man ungestörter sei. Und sie brachte ihn davon ab, dass er sie in den Kofferraum sperrt – weil es doch auffallen würde, wenn er betrunken fährt. Der Plan ging auf: Sie fuhren los und im Stolper Weg sah sie einen Wachmann vor dem Julius-Kühn-Institut entlanglaufen. Sie bremste und floh aus dem Fahrzeug.
Manuel G. floh in den Wald. „Ich habe mir gedacht: Was hast Du nur schon wieder angestellt?“ Sechs Wochen später wurde er von der Polizei festgenommen. Manuel G. sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Verhandlung wird am 9. August fortgesetzt.
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