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In alle Lager vernetzt: Hilpert - hier auf einem Archivbild - mit dem früheren brandenburgischen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU).

© tom

Potsdam-Mittelmark: „Alles war offengelegt“

Noch vor der Verhaftung wies Axel Hilpert alle Vorwürfe zurück

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Werder (Havel) / Potsdam - Es war es sein Job, mehr zu wissen als andere. Davon hatte er gelebt. Diesmal hat er das Wichtige als letzter gewusst: Axel Hilpert, 63, einst Mitarbeiter des DDR-Geheimdienstes MfS, hat erst am Donnerstagnachmittag vor dem Haftrichter im Potsdamer Amtsgericht erfahren, wie schwer der Vorwurf ist, den ihm die Staatsanwaltschaft Potsdam macht. Vor einem Jahr waren das Resort Schwielowsee, das Hilpert mit gehört, und Hilperts Privat- und Geschäftsräume wegen des Verdachts des Fördermittelbetrugs durchsucht worden. Subventionsbetrug im besonders schweren Fall werfen ihm die Ermittler nun vor – im Falle eines Schuldspruchs zu ahnden mit Haftstrafen bis zu zehn Jahren.

Bis dahin hatte Hilpert sich als Opfer eines übereifrigen Staatsanwaltes und eines rachsüchtigen Ex-Mitarbeiters seines Resorts gesehen. Er habe sich nichts vorzuwerfen, habe stets mit offenen Karten gespielt, wenn er mit der Förderbank des Landes, der ILB, und dem Wirtschaftsministerium über den Hotelkomplex sprach. Alle hätten gewusst, welche Nachlässe oder Provisionszahlungen er in Verträgen mit Subunternehmern verhandelt habe. Alles, so Hilpert erst vor wenigen Wochen in einem Gespräch, sei offengelegt worden. Wenn dann eine aus Behördensicht falsche Förderentscheidung bei der ILB oder im Ministerium gefallen sein sollte, sei dies nicht seine Verantwortung.

Die Ermittler sehen das anders. Gegen Landesbedienstete wird derzeit nicht ermittelt. Aber bei Hilpert, dem ehemaligen Devisenbeschaffer, Nachrichtenhändler und Antiquitätenhändler der Stasi-Firma Kunst- und Antiquitäten GmbH, dem Ehrenoberst der Kubanischen Armee, klickten gestern die Handschellen. Zehn LKA-Beamte fuhren kurz vor 13 Uhr im Resort in Petzow vor und verhafteten ihn. Die Staatsanwaltschaft hatte Angst, dass er sich absetzen könnte, wenn er von der Schwere des Tatvorwurfs erfährt. „Hätte er zu diesem Zeitpunkt Einblick in die Akten genommen, hätte aus unserer Sicht Fluchtgefahr bestanden“, sagte ein Ermittler. Schon am Montag wurde der Haftbefehl beim Amtsgericht beantragt.

Seitdem stand ein Observationswagen in der Nähe des Resorts, dem Potsdamer Büro Hilperts und dem Wohnhaus in Berlin, in dem er gemeldet ist. Zudem habe es Hinweise gegeben, dass Hilpert in den vergangenen Tagen versucht habe, auf Zeugen „einzuwirken“, so der Ermittler. Da Hilpert über exzellente politische Kontakte nach Kuba verfüge, sei befürchtet worden, dass er sich absetzt und von der sozialistischen Regierung nicht ausgeliefert wird. Hilpert hatte zu DDR-Zeiten für das Schatten- und Geheimdienstreich des DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski westdeutsche Touristikkonzerne als Investoren auf die Karibikinsel vermittelt.

Im Resort Schwielowsee hatten sich im Jahr 2009 die Finanzminister der G8 Staaten und Russlands getroffen, um den G8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm vorzubereiten. Hans-Hermann Tiedje, Medien- und Politikberater und mit Hilpert Mehrheitsgesellschafter der „Theodor Fontane Besitz- und Betriebsgesellschaft mbH“, der das Resort Schwielowsee gehört, reagierte gegenüber den PNN erstaunt auf die Verhaftung: „Mir tut das alles sehr leid für meinen Freund und Mitgesellschafter“, sagte er. Den Vorwurf der Verdunklungs- und Fluchtgefahr verstehe er „überhaupt nicht“. Seit einem Jahr ermittelt die Staatsanwaltschaft. „In dieser Zeit war Axel Hilpert des Öfteren im Ausland, sogar in Amerika und sonst wo – mit Kenntnis der Staatsanwaltschaft, der dies vorher stets mitgeteilt wurde. Wenn er hätte fliehen können, hätte er das längst tun können“, so Tiedje. Er erwarte, „dass Axel ganz schnell wieder in Freiheit ist.“

Das dürften sich auch einige Politiker wünschen. Denn Hilpert ist in alle politischen Lager im Land bestens vernetzt: Mit dem linken Strippenzieher und einstigen Geschäftsführer der PDS/Linke-Landtagsfraktion, Heinz Vietze, hatte er schon in den letzten DDR-Jahren Sonderprojekte der SED und der DDR-Devisenbeschaffer um Schalck-Golodkowski im Raum Potsdam betreut. Den Potsdamer Linke-Politiker Rolf Kutzmutz hatte er nach der Wende zeitweise angestellt, der CDU-Politiker Wieland Niekisch erstellte für ihn eine Broschüre.

Der frühere CDU-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, der die Förderung für Hilpert durchsetzte, war ebenso oft im Resort zu Gast wie andere Potsdamer Polit-Größen. Nach einer Mongoleireise auf Einladung Hilperts im Mai 2004 sind von der Staatsanwaltschaft Neuruppin auch zwei Kommunalpolitiker zur Kasse gebeten worden: Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) sowie der damalige Landrat Lothar Koch (SPD) mussten vierstellige Summen zahlen. Beide gehörten zu den größten Fürsprechern des Resort-Baus.

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