
© Lutz Hannemann
Korruptionsprozess: Am Anfang war die Badehose
Golfplatz-Chef am Seddiner See soll für die Genehmigung eines Stegs Geschenke gemacht haben. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit und Bestechung.
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Seddiner See - Den Karstadt-Gutschein über 50 Euro als Geschenk an einen Staatsbediensteten kann Horst S. erklären: „Das war ein Gag. Ich habe damals gesagt: Kaufen Sie sich eine Badehose, damit wir im nächsten Sommer im Seddiner See baden gehen können“, sagte er dem Gericht. Dann nämlich sollte der neue Steg am Golfclub Seddiner See, dessen Betreibergesellschaft S. vorsitzt, stehen. Auch der Chef des Seddiner Institutes für angewandte Gewässerökologie, das den Steg geplant hatte, habe einen solchen Gutschein bekommen, unterstrich der 56-jährige S. Tatsächlich hat der beschenkte Beamte Axel B., der bis vor vier Jahren die Untere Wasserbehörde des Kreises leitete, alles dafür getan, dass es mit dem Sprung ins kühle Nass auch klappt: Den Steg hat er genehmigt – einen Tag vor seiner Pensionierung und ohne weitere Behörden zu beteiligen.
Der vier Jahre alte Fall wird jetzt vor dem Amtsgericht Brandenburg verhandelt, gestern war Prozessauftakt. Neben dem Gutschein soll Axel B. auch Einladungen zum Essen und in ein klassisches Konzert von S. angenommen haben. Unter dem Strich habe er Zuwendungen im Gesamtwert von über 400 Euro erhalten, so der Vorwurf der auf Korruptionsfälle spezialisierten Staatsanwaltschaft Neuruppin. Dafür soll er dann am 13. Oktober 2008 dem Bau des 72 Meter langen Stegs durch den Schilfgürtel im Seddiner See seinen Segen erteilt haben. Der sollte sowohl den Golfern als auch Besuchern der Gemeinde öffentlich zur Verfügung gestellt werden, wie im Prozess unterstrichen wurde. Weil es aber sowohl aus der Unteren Bau- als auch der Naturschutzbehörde keine Stellungnahme gab, wurde B.’s Erlaubnis vom Kreis zurückgezogen.
Die Ermittlungsbehörde hat Axel B. wegen Bestechlichkeit und Horst S. wegen Bestechung angeklagt. Für diese Tatbestände sind Haftstrafen von bis zu fünf Jahren möglich. Der gestrige Verhandlungstag wird wohl vorerst auch der einzige bleiben. Denn Axel B. sei nach seinem dritten Herzinfarkt nicht verhandlungsfähig, hieß es. Und trennen ließen sich die Verfahren kaum, so Richter Christian Schack.
Und so saß Horst S. allein auf der Anklagebank. Er nahm umfassend Stellung zu den Vorwürfen und versuchte, diese zu entkräften. Vieles, was in der Wirtschaft gang und gäbe sei, wäre in der Politik nicht richtig, räumte er ein. Das habe er aber erst jetzt gelernt, auch nach dem jüngsten Skandal um Ex-Bundespräsident Christian Wulff (CDU), wie er erklärte. Dass er nach einem geschäftlichen Gespräch seine Partner ins Clubrestaurant zum Essen einlädt, wenn es sich ergibt, sei für ihn immer ein Gebot der Höflichkeit gewesen, so S. Und der gemeinsame Besuch eines Kammerkonzertes habe sich ergeben, weil eine enge Kooperation zwischen seinem Club und den Berliner Philarmonikern bestünde. Viele der Musiker würden am Seddiner See golfen, dafür laden sie einmal im Jahr zur Vorführung in die Hauptstadt.
Mit Behördenleiter B. habe er bereits seit dem Jahr 2000 zu tun gehabt, als das Projekt zur Reinigung des Seddiner Sees mit einer sogenannten Pelicon-Anlage in die Wege geleitet wurde. „Wir hatten ein sehr angenehmes Verhältnis“, beschrieb S. Zusammengearbeitet habe man auch bei weiteren Projekten wie der geplanten Überleitung von Wasser aus der Nieplitz in den verlandenden Seddiner See. Zwar habe man sich nicht geduzt, aber es sei durchaus auch zu gemeinsamen Ausflügen gekommen, die Axel B. organisiert und finanziert habe – zum Beispiel Wasserwanderungen auf der Havel.
Und noch jemand saß von Anfang an mit im Boot, wie S. durchblicken ließ: Olaf M., der mit seinem Gewässerinstitut die Planungen von Projekten in und am Seddiner See übernommen hatte. Gegen ihn ermitteln die Neuruppiner Strafverfolger in einem separaten Verfahren. Horst S. belastete ihn gestern mit seiner Aussage: Er habe die Planungen für den Steg an das Institut übergeben und sich gar nicht weiter darum gekümmert. Das Institut habe dann auch den Antrag auf die wasserrechtliche Erlaubnis gestellt und – wie aus einem internen Schreiben hervorgeht – notiert: „B. bemüht sich um eine positive Stellungnahme der Behörde“.
Der Anwalt von Horst S., Robert Unger, unterstrich, dass sein Mandant nicht in böser Absicht gehandelt habe. Schließlich habe er bei der Durchsuchung der Clubräume im Herbst 2009 sofort alles offengelegt. „Ihm war nicht klar, dass es problematisch ist.“
Im Verfahren vor dem Brandenburger Amtsgericht, dessen nächster Termin noch nicht absehbar ist, sollen nun noch Zeugen vernommen werden: Neben Mitarbeitern des Landkreises sollen auch Angestellte des Gewässerinstitutes und der Bürgermeister von Seddiner See, Axel Zinke (parteilos), vorgeladen werden.
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