Die Saison ist eröffnet: Audienz bei der Spargelkönigin
Die Kanzler und die Spargelkönigin: Helmut Kohl (CDU) hatte sie damals bei der Umarmung fast erdrückt, Gerhard Schröder (SPD) ihr ins Dekoletee geschielt. Und Angela Merkel (CDU)? Die fand nur kurz Zeit für ein gemeinsames Foto.
Stand:
Beelitz - Seit Jahren verstehen es die Beelitzer Bauern, ihr Edelgemüse erfolgreich an den Mann zu bringen – auch mit weiblichen Reizen. Das öffentliche Interesse der Oberen in der Politik, sagt Manfred Schmidt, Chef des Beelitzer Spargelvereins, sei eine der wesentlichen Stützen für die rasante Entwicklung, die der Spargelbau in seiner Heimat seit der Wende nimmt. Aus einstmals 10 Hektar, mit denen 1990 angefangen wurde, sind bis heute 1250 geworden. „Es ist wie bei einer bayrischen Gebirgsseilbahn: Es geht immer weiter bergbauf“, lacht Schmidt.
Gestern wurde die Spargelsaison 2012 offiziell in Klaistow eröffnet. Ein Anlass, zu dem auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) der frisch gekürten Spargelkönigin Michèle Zimmermann seine Aufwartung machte. Die 20-jährige Tourismusassistentin aus Schäpe war erstmals in vollem Ornat zu bewundern – mit Kleid, Schärpe und dem Spargeldiamanten, der ihr von Amtsvorgängerin Cindy Demko umgelegt wurde. Mit zahlreichen Gästen holte sie die offiziell erste Stange aus den Spargelreihen der Familien Buschmann und Winkelmann. Geerntet wird rund um Beelitz de facto jedoch schon seit einigen Tagen. Platzeck nannte den Spargel, der im trockenen brandenburgischen Sande optimal gedeiht, „das wohl märkischste aller Gemüse“.
Es ist aber nicht nur die Politik, die den Spargel groß herausgebracht hat: Landwirt Ernst August Winkelmann verwies auf die unzähligen Fans in Berlin, die dem Edelgemüse auch über die Deutsche Teilung hinaus die Treue gehalten haben: Er erinnere sich an eine Familie, die kurz nach der Wende bei ihm auf dem Hof war. Der 80-jährige Großvater habe seinem Enkel damals mit auf den Weg gegeben: „Hier habe ich früher meinen Spargel gekauft, und das wirst du in Zukunft auch so machen.“ Das Unternehmen Buschmann & Winkelmann gehört zu den größten in der Region: 3000 Tonnen sollen allein hier in den kommenden Monaten wieder gestochen werden – von bis zu 600 deutschen und 800 polnischen und rumänischen Erntehelfern. Darüber hinaus beschäftigt der Betrieb 70 Mitarbeiter in Vollzeit.
Für Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD) ist der Spargelbau deshalb auch das Rückgrat der hiesigen Wirtschaft. „Insgesamt leben im Landkreis 3500 Menschen vom Spargelanbau“, erklärte er. Die Höfe seien Vorzeigebetriebe, die heute krisensicher und subventionsfrei arbeiten würden. Blasig versprach den Beelitzer Spargelbauern, ihre Bemühungen um das EU-Siegel „Geschützte Geografische Angabe“ zu unterstützen. Wie berichtet haben die Beelitzer trotz deutscher Patentanmeldung immer wieder mit Markenschwindel zu kämpfen – vor allem im Straßenverkauf.
Blasig unterstrich aber auch, dass nicht mehr nur in Beelitz mittelmärkischer Spargel wächst, sondern auch im Nordwesten des Landkreises, zum Beispiel in Mötzow, erfolgreich angebaut wird. Landesweit beläuft sich die Spargelfläche mittlerweile auf 2650 Hektar. Laut Ernst-August Winkelmann würde jeder Deutsche im Durchschnitt 1,5 Kilogramm pro Jahr verzehren. Er sieht da durchaus noch Kapazitäten: Sein Vater zum Beispiel, selbst Spargelbauer aus Nordrhein-Westfalen, bringe es auf 20 Kilo pro Saison. Zumindest auf den Beelitzer Tellern könnten diese Zahlen nun auch wieder erreicht werden – und natürlich in Berlin.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: