Hilpert-Prozess erneut unterbrochen: Befangenheitsantrag gegen Richter Dielitz
Der Betrugsprozess gegen den Hotelier Axel Hilpert in Potsdam tritt weiter auf der Stelle. Die Verteidigung hat am Mittwoch einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Andreas Dielitz gestellt.
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Potsdam - Im Betrugs–Prozess gegen den schillernden Hotelier, früheren DDR-Devisenbeschaffer und Stasi-Mitarbeiter Axel Hilpert gibt es erste Ausschläge in Brandenburgs Politik hinein. Am Dienstag musste die zweite Verhandlung vor dem Potsdamer Landgericht wegen einer Befangenheitsrüge gegen den Vorsitzenden Richter Andreas Dielitz unterbrochen werden, mit der Strafverteidigerin Heide Sandkuhl nebenbei einen pikanten Vorgang publik machte. Sankuhl begründete sie nämlich damit, dass Dielitz persönlich einen Brief des Rechtsanwalts und Bundestagsabgeordneten Peter Danckert an den Angeklagtin der JVA Brandenburg an der Havel inhaftierten Hilpert öffnen lassen und zudem einen Besuch Danckerts bei Hilpert „in seiner Eigenschaft als Bundestagsabgeordneter“ behindert haben. Dielitz habe nämlich eine Überwachung des Besuches angeordnet. Die Staatswanwaltschaft fragte prompt, welche Rolle Danckert als „Duzfreund“ Hilperts eigentlich gespielt habe. Ob es am Dienstag noch zu Verlesung der Anklage kam, war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch offen.
Die Potsdamer Staatsanwaltsschaft wirft Hilpert vor, beim Bau der Hotelanlage Ressort Schwielowsee bei Potsdam die Investitionsbank Brandenburgs (ILB) getäuscht und so zu Unrecht 9,5 Millionen Euro kassiert zu haben. Für die Anklage ist es ein schwerer Fall von Subventionsbetrug. Der Prozess war auch deshalb mit Spannung erwartet worden, weil Hilpert - Geschäftspartner ist Ex-Bild-Chef Hans-Hermann Tiedje - beste Drähte in die Politik nachgesagt werden. Nun fiel prompt im Gerichtssaal der erste Name. Danckert, Chef der SPD-Landesgruppe im Bundestag und Unterbezirksvorsitzender in Dahme–Spreewald, gilt als Schwergewicht der brandenburgischen SPD. Als Anwalt hatte er in den 90er Jahren Alexander Schalck-Goldokowski verteidigt. In dessen Imperium hatte Hilpert mit Antiquitäten gehandelt. Dass Danckert seit Sommer letzten Jahres hinter den Kulissen für Hilpert aktiv war, war bislang nicht bekannt. Deshalb war der Schlagabtausch so brisant.
Sandkuhl rügte wegen der geöffneten Post eines Anwaltes eine „grobe“ Missachtung „elementarer Grundrechte“, den das Oberlandesgericht Brandenburgs inzwischen auch festgestellt habe. „Eine solche Öffnung ist unzulässig.“ Richter Dielitz wiederum sagte zu seiner Entscheidung, er „hatte gute Gründe anzunehmen“, dass Danckert „kein Verteidiger von Herrn Hilpert war.“
Noch deutlicher wurde Oberstaatsanwalt Ivo Mayer. Er wies darauf hin, dass Hilpert neben Sandkuhl längst von den Anwälten Stefan König und Enrico Klingbeil vertreten wird und eine Verteidigerrolle Danckerts im vorigen Jahr bei Haftprüfungsterminen ausdrücklich verneint, aber eine Beratertätigkeit bejaht habe. „Das merkwürdige Insitut eines verdeckten Verteidigers“ sei ihm jedenfalls in seiner Karriere noch noch begegnet, so Mayer. „Es lagen massive Zweifel vor, dass er wirklich Verteidiger ist“. Es habe nahegelegen, dass dass „andere Motive“ eine Rolle spielten. Auch frage er sich, ob „zum Abgeordnetenmandat auch Besuche bei Duzfreunden in der Haft“ gehören. „Das ist mir neu.“ Hintergrund des misstrauisch-restriktiven Umgangs von Gericht und Staatsanwaltschaft mit Danckert war aber dem Vernehmen nach auch ein Vorgang, in den Hilperts frühere Verteidigung verwickelt war. Sie soll versucht haben, einen in Bali lebenden Zeugen - den früheren Chef des Ostberliner Palasthotels - zu beeinflussen.
Hilpert war am 9. Juni 2011 in Potsdam auf offener Straße festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Diese war vom Oberlandesgericht wegen Flucht - und Verdnunklungsgefahr über die übliche Frist von sechs Monaten hinaus verlängert worden. Der Befangenheitsantrag gegen Dielitz ordnet sich in die Strategie der Verteidgung ein, den Prozess hinauszuzögern. Hintergrund ist offenbar das Kalkül, auf diesem Wege eine Entlassung aus der Untersuchungshaft zu erreichen. Eine erste Rüge der Hilpert–Anwälte, die die vierte Strafkammer des Landgerichtes für unzuständig erklären wollte, hat das Landgericht am Dienstag abgelehnt.
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