Potsdam-Mittelmark: Betender Jüngling als Frühlingsbote
Stahnsdorfer Südwestkirchhof vom Winterschmutz befreit
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Stahnsdorfer Südwestkirchhof vom Winterschmutz befreit Von Thomas Lähns Stahnsdorf. Der „betende Jüngling“ ist auf den Stahnsdorfer Südwestkirchhof zurück gekehrt. Seit Kurzem thront die knapp 1,30 Meter große Skulptur wieder auf ihrem Sockel über der leeren Grabstätte der Familie Solmssen – der jüdische Bankier Georg Solmssen emigrierte mit seinen Angehörigen vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Arme weit ausgebreitet und den Blick gen Himmel gerichtet, ist die gusseiserne Figur schon von Weitem zu sehen. Beim alljährlichen Frühjahrsputz am vergangenen Sonnabend wurde die Grabstätte gereinigt und vom Unkraut befreit. Insgesamt 36 Helfer waren im Einsatz, um den Südwestkirchhof an verschiedenen Ecken aus dem Winterschlaf zu wecken. Mit lautem Grollen schiebt sich ein Radlader rückwärts an die dicken Büsche neben der Solmssen''schen Grabstätte. Das Wurzelwerk muss mit Ketten aus dem Boden gezogen werden. „Irgendwann werden die Hölzer so stark, dass sie das Mauerwerk angreifen", erläutert Olaf Ihlefeld. Der Vorsitzende des Fördervereins Südwestkirchhof koordiniert die Reinigungsaktion, pendelt mit dem Auto zwischen den Einsatzorten. Am Fuße des betenden Jünglings wird filigraner gearbeitet: Mit Hacken und Harken holen die Helfer Unkraut aus den Fugen, Moos wird von den Wänden geputzt. Der Kreis der Freunde und Förderer des Friedhofes wächst stetig: Allein zu den Führungen und den Konzerten kämen ungefähr 2000 Besucher pro Jahr, schätzt Ihlefeld. Mehr als nur Begräbnisstätte und Denkmal, mausert sich der Südwestkirchhof zum kulturellen Mittelpunkt am südlichen Stadtrand Berlins. Vor vier Jahren hat sich der Förderverein gegründet und sorgt seit dem für Öffentlichkeit: Regelmäßige Führungen zu verschiedenen Themen, Reinigungsaktionen wie die am Wochenende und nicht zuletzt das Ringen um Fördermittel. Das bislang größte Programm, eine Förderung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin, ist gerade ausgelaufen. Mit den insgesamt 1,5 Millionen Euro konnten zirka 200 Grabanlagen restauriert werden. Finanziert wurde damit auch die Kopie des „betenden Jünglings“, die jetzt auf dem Südwestkirchhof ihren Platz fand. Das Original selbst sei zu wertvoll und müsse unter Verschluss gehalten werden, hieß es. Ein ganze Truppe fleißiger Helfer ist aus Siethen angereist. Zu dem Jugendheim „Heinrich Zille“ bei Ludwigsfelde pflegt der Förderverein seit mehreren Jahren enge Kontakte. Die Jugendlichen kommen oft zu Führungen hier her – und zwei Mal im Jahr zum Frühjahrs- und Herbstputz. Ihr Einsatzort ist heute die alte Gärtnerei: Auf dem seit geraumer Zeit brach liegendem Gelände hat sich jede Menge Müll und Schrott angesammelt: Alte Zäune, Pflanztöpfe und ähnliches Gerümpel sollen in die bereitgestellten Container geschafft werden. „Was soll mit dem Steintrog passieren? Der kann doch auch weg", fragt einer der Jugendlichen. Im Nu haben die beiden Freiwilligen Dirk und Steffan mit großen Vorschlaghämmern das Behältnis in handliche Stücke zerlegt. Ein paar hundert Meter weiter, vor der Friedhofskapelle, raschelt es in einem großen Rhododendron-Busch. Hin und wieder fliegt ein Ast hinaus, und nach einer Weile kommt auch Rüdiger Kläring zum Vorschein. Er ist Experte für diese Pflanze, hat sich extra zur Rhododendren-Pflege „abkommandieren“ lassen. Die Knospen machten ihm Sorgen, erläutert er. Viele der Sträucher seien von Zykaden befallen: Das kleine Insekt sticht zur Eiablage Löcher in die Knospen und macht damit den Weg frei für einen Pilz, der die Pflanze schließlich austrocknen lässt. Hecken werden gerodet und neu gepflanzt, Gras gesät und sogar das Infohäuschen am Eingang zum Kirchhof bekommt einen neuen Anstrich. „Arbeit haben wir noch für die nächsten Jahrzehnte genug“, so Ihlefeld. In Anbetracht der vielen Helfer sei diese Aufgabe aber zu bewältigen.
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