
© dpa
Potsdam-Mittelmark: Diät für Hochseeschiffe
Die Firma Veinland senkt den Treibstoffverbrauch der Ozeanriesen. Vizekanzler Gabriel will sich für die Mittelständler einsetzen
Stand:
Seddiner See - Marineblau ist der Plattenbau an der Neuseddiner Pappelallee. Ansonsten lässt sich äußerlich nicht erahnen, dass im Inneren des Hauses Innovationen für die Schifffahrt hergestellt werden. Die Firma Veinland fertigt hier seit 2006 Geräte zur Überwachung von Schiffsfunktionen, jetzt hat sie den Standort um eine neue Halle erweitert.
Am gestrigen Montag haben sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Ministerpräsident Dietmar Woidke und Arbeitsminister Günter Baaske (alle SPD) über die Produktion in Neuseddin informiert. „Wir sorgen mit unserer Analysesoftware dafür, das Schiffe bis zu 20 Prozent weniger Betriebskosten verursachen“, sagt Gerald Rynkowski, Geschäftsführer von Veinland. Bei einem Schiff mit 250 Metern Länge bedeute das Einsparungen von 70 000 Dollar pro Tag. Seine Programme können ausrechnen, wann ein Schiff mit wie viel Umdrehungen der Schraube wo sein kann. „Manchmal reicht es, einen Knoten langsamer zu fahren, um 30 Prozent Treibstoff zu sparen“, so Rynkowski. Früher konnte man nur im Nachhinein auswerten, was die günstigste Fahrweise ist. Nun kann der Kapitän das direkt auf der Brücke sehen.
Seine Überwachungsgeräte können jedoch noch mehr: So kann er genau ermitteln, wann im Maschinenraum ein Filter getauscht werden muss und wer wann wo welche Wartungsarbeiten zu erledigen hat. Im September rüsten Veinland-Mitarbeiter 20 Schiffe einer chinesischen Reederei mit kompletten Computersystemen aus, die in Neuseddin vorgefertigt und nach China verschifft werden.
Der Schiffselektroingenieur Rynkowski kommt aus dem Beelitzer Ortsteil Wittbrietzen, nach Jahren in Rostock hat es ihn wieder in seine Heimat verschlagen. Von derzeit 18 Mitarbeitern soll das Unternehmen auf bis zu 40 wachsen, das neue Gebäude mit Sozial- und Konferenzräumen soll dazu ein erster Schritt sein. Für das Haus und das Grundstück dazu hat er einen Kredit über 600 000 Euro aufgenommen.
An Sigmar Gabriel hat der Geschäftsführer konkrete Forderungen. „Wir brauchen ein besseres Marketing für Brandenburg, um die Lücke zum Westen zu schließen“, so Rynkowski. Man müsse mehr Menschen nach ihrer Ausbildung nach Brandenburg zurückholen, so schlecht werde hier schließlich auch nicht bezahlt. Investitionen müsse man außerdem schneller abschreiben können. Den Neubau könne er nur mit einem Prozent über mehr als 30 Jahre von der Steuer absetzen. Auch Lagerbestände bei mittelständischen Unternehmen würden zu stark besteuert. Das Geld für seine Geräte bekomme er erst beim Verkauf, die Steuer muss der Unternehmer jedoch schon zum Jahresende zahlen, wenn das Material im Lager ist.
Der Bundeswirtschaftsminister nahm die Anregungen sehr interessiert an. Eine Abteilung Mittelstand beschäftige sich im Ministerium derzeit damit, Hürden für Geschäftsleute abzubauen. „Es sind ja alles keine Riesenthemen, die hier gefordert werden“, so Gabriel. Er wisse aber, dass die Regeln in der Summe den Mittelständlern das Leben schwer machen können. „Wenn wir die Abschreibungsregeln vereinfachen können, rechnen sich Investitionen schneller, ohne dass es den Steuerzahler zusätzliches Geld kosten würde“, sagt der Wirtschaftsminister.
Für Gerald Rynkowski waren die nötigen Investitionen für sein Unternehmen ein Grund mehr, in den 1972 erbauten Plattenbau in Neuseddin zu ziehen. „Hier konnten wir nach und nach investieren, ohne allzu hohe Anfangsinvestitionen.“ Im Erdgeschoss des Hauses werden die Geräte für die Schiffe montiert, die hohen Anforderungen genügen müssen. So dürfen sie keine elektromagnetische Strahlung aussenden, um die empfindlichen Navigationsgeräte der Hochseeriesen nicht zu stören. Im ersten Stock sind die Programmierer und die Verwaltung untergebracht. Äußerlich ist das Haus noch immer im Zustand von 1972, im Herbst soll die Fassade jedoch erneuert werden.
Fachkräftemangel habe man in Neuseddin Gerald Rynkowski zufolge nicht. So gebe es derzeit einen Studenten aus Brandenburg / Havel, der hier an seiner Masterarbeit schreibt. Auch zur Universität Potsdam pflege man gute Beziehungen. Zukünftig will Veinland duale Studiengänge anbieten. Gelernte Elektrotechniker für Systemtechnik könnten dann hier arbeiten und parallel an einer Hochschule Informatik studieren. Noch gebe es aber keine entsprechenden Vereinbarungen zur Zusammenarbeit. Enrico Bellin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: