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TAGUNGSORT UMSTRITTEN: Die Welt im Dorf Hilpert gegen rbb

G8-Finanzministertreffen in Petzow stößt vor Ort kaum auf Interesse / 420 Polizisten im Einsatz / Neun pöbelnde Jugendliche in Geltow vorübergehend verhaftet / Sonst keine Zwischenfälle

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Werder ·Petzow - Die meisten sind wegen des sonnigen Wetters hier, nicht wegen der großen Politik. Scharenweise spazieren Besucher durch den Petzower Park, flanieren zwischen dem Schloss und der Schinkelkirche. Nur 100 Meter entfernt sitzen die Finanzminister der sieben größten Industrienationen und Russlands an einem Tisch im Resort Schwielowsee und reden über den G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm, über Afrika und Hedge-Fonds.

Außerhalb der Hotelanlage scheint das kaum jemanden zu interessieren. Nur wenige Schaulustige sind unterwegs. Es fällt ja auch nicht weiter auf, dass in direkter Nachbarschaft zu den Wochenendausflüglern über weltbewegende Fragen diskutiert wird. Anders als sonst ist lediglich, dass die Straße am Schwielowsee und das Ufer am Hotel gesperrt ist. Wasserschutzpolizisten müssen immer wieder Hobbykapitäne forteskortieren, die aus purer Neugierde an die Absperrungen heranfahren, sagt Polizeisprecher Rudi Sonntag den PNN.

An Land leiten Polizisten den Verkehr über die nahe Fahrradstraße. Auf der ist es entsprechend eng. Langsam bahnt sich der Verkehr in Richtung Norden seinen Weg, die Radler geben das Tempo vor. Ständig biegen Autos in die Straße am Schwielowsee ein, müssen dort wieder umdrehen. Ein Radfahrer schimpft lauthals im Vorbeifahren über die Sperrung.

Erst Samstagnachmittag fahren dann plötzlich wieder Autos über die Straße am Schwielowsee und auf die Bundesstraße 1: Im Minutentakt brausen Motorräder der Polizei vorbei, schwarze Limousinen und silberne Kleinbusse. Die Tagung ist zu Ende, die Minister verlassen den kleinen Ort bei Werder. Die kleinen Schilder „G8“ hinter den Frontscheiben ihrer Wagen versprechen freie Fahrt.

Auf die Polizisten ist man im Restaurant „Venezia“ direkt an der Abfahrt zum Ressort Schwielowsee dieses Wochenende allerdings nicht gut zu sprechen. Dass ausgerechnet bei diesem Sonnenschein sein Betrieb durch das Ministertreffen lahm gelegt wird, wurmt den Chef. Sogar die Stammgäste hätten das „Venezia“ seit Freitag gemieden. Der Parkplatz sei durch die Sicherheitskräfte in Zivil belegt, klagt er. Mehrmals habe er sie gebeten, woanders zu parken, und dafür schroffe Abfuhren kassiert.

Die Aufgabe der Männer in Zivil und Uniform: Sie sollen das gesamte Gebiet zwischen der B1 und dem Petzower Ortseingang absichern. Insgesamt sind am Wochenende 420 Polizisten im Einsatz, auch in Potsdam bei dem Anti-G8-Konzert auf dem Bassinplatz mit rund 1000 Besuchern. Dafür bekamen die brandenburgischen Ordnungshüter sogar Unterstützung von ihren Berliner Kollegen und denen bei der Bundespolizei.

Doch in Werder sind keine G8-Gegner zu sehen. Lediglich Freitagabend kam es laut Sprecher Sonntag zu einem kleineren Zwischenfall: Neun Jugendliche zwischen 17 und 23 Jahren waren mit ihren Fahrrädern an der Henning-von-Tresckow-Kaserne vorgefahren und beschimpften den Wachposten. Kurze Zeit später haben Polizisten die jungen Männer auf der Baumgartenbrücke festgenommen, überprüft und im Laufe der Nacht wieder entlassen.

Und schließlich haben die Polizisten doch wenigstens ihre direkt vor dem „Venezia“ geparkten Autos woanders hingestellt. Trotzdem: „Der Umsatz ist verloren – aber meine Steuern muss ich trotzdem am Monatsende zahlen“, sagt der Restaurant-Chef. Das wird sicher auch Finanzminister Peer Steinbrück so sehen.

Nach der – auch in US-amerikanischen Medien geäußerten – Kritik am Tagungsort für die G8-Finanzminister hat der Miteigentümer des Resort Schwielowsee, Axel Hilpert, dem Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) vorgeworfen, über „längst bekanntes und rechtlich substanzloses Material“ erneut seine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR thematisiert zu haben. Das rbb-Magazin Klartext hatte in der Vorwoche über neue Stasi-Akten zu Hilperts Tätigkeit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Monika“ für die Stasi-Spionageabwehr berichtet. So seien laut rbb neue Akten aufgefunden worden, wonach Hilpert gezielt auf ausreisewillige DDR-Bürger angesetzt worden sei. Ein Schulungsfilm der Stasi beruhe auf einem Fall, der durch Informationen des IM Monika aufgeflogen sei.

Bekannt war bisher, dass Hilpert neben seiner Tätigkeit als Antiquitäten- und Außenhändler für den Bereich KoKo des DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski für die Stasi über andere MfS- und KoKo-Mitarbeiter, Angehörige des militärischen Nachrichtendienstes der DDR und der DDR-Nomenklatura, Schwarzmarkthändler, Sammler und westliche Geschäftsleute und Firmen Berichte geliefert hatte und daran beteiligt war.

Hilpert forderte nun in „PotsdamTV“, der rbb müsse sich bei der Welt entschuldigen.pet

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