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Prozess: Diestel warb für Hilpert - bei "Kampfgefährte" Junghanns

UPDATE. Im Betrugsprozess gegen den Hotelier Axel Hilpert sind am Mittwoch neue pikante Details zur Rolle des damaligen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) bekannt geworden.

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Potsdam / Werder (Havel) - Im Betrugsprozess gegen den Hotelier Axel Hilpert sind am Mittwoch neue pikante Details zur Rolle des damaligen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) bekannt geworden. Die Staatsanwaltschaft, die Hilpert vorwirft, das Land bei der Vergabe von Fördermitteln für sein Luxusresort Schwielowsee getäuscht und eine Millionensumme erschlichen zu haben, verlas einen Brief von Peter-Micheal Diestel, auf den Ermittler bei eine Razzia bei Hilperts Hausbank DKB gestoßen waren. Der letzte DDR-Innenminister, CDU-Oppositionsführer im ersten Landtag bis 1994 und Verteidiger prominenter Angeklagter gilt als eng vernetzt in Wirtschaft und Politik Brandenburgs.

Diestels Brief vom 2. Juni 2003 wirft erneut ein Schlaglicht auf das Verfahren, wie Hilpert trotz aller Warnungen der Fachleute im Wirtschaftsministerium sein Projekt am Schwielowsee durchboxen konnte. Junghanns’ Votum hatte seinerzeit den Ausschlag für eine Förderung gegegen. Rechtsanwalt Diestel hatte sich offenbar persönlich bei seinem Parteifreund für Hilperts Projekt eingesetzt, der einst als Kunst- und Antiquitätenhändler beim DDR-Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski und Stasi-Agent tätig war und nach der Wende auch dank seiner guten Kontakte weiter beste Geschäfte machte.
Damals, Ende Mai 2003, hatte Hilpert in Petzow seinen Yachthafen mit rund 1000 Gästen eröffnet. Zahlreiche Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung war dabei, zu Hilperts Vergangenheit hatte es in diesem Zusammenhang auch kritische Stimmen gegeben. Diestel selbst konnte nicht kommen, schrieb Hilpert aber einen aus heutiger Sicht erhellenden Brief.

Darin heißt es: „Ich habe mich sehr über die Berichterstattung zu ihrem feierlichen Anlass am 31.Mai gefreut und möchte bemerken, dass auch die kritischen Worte zu Ihrer Vergangenheit Sie nicht entmutigen sollten.“ Ohne diese Vergangenheit „hätten Sie nichts erlebt, könnten nichts erzählen und würden demzufolge heute auch nichts darstellen“. Dann versicherte Diestel Hilpert noch, „nicht nur beim Feiern, sondern auch in schweren Stunden“ an seiner Seite zu stehen. Hilpert müsse ihn daran „im Gegensatz zu Ihren vielen Gästen nicht erinnern“. Der entscheidende Satz kommt am Schluss: „Ich glaube, einen kleinen Beitrag dennoch geleistet zu haben, in dem ich einen alten, jung gebliebenen Kampfgefährten, nämlich unseren Wirtschaftsminister, für Ihr Vorhaben begeistern konnte.“
Ob Diestel damit auf Jungshanns' politische Vergangenheit in der DDR anspielt, bleibt unklar. Der Ex-Wirtschaftsminister stieg bis zur Wende zum Bezirks-Chef der Bauernpartei auf und verteidigt noch im Sommer 1989 die Mauer und deren Schutzfunktion vor der „braunen Pest“ dahinter.

Die Staatsanwaltschaft hielt den Brief einem Mitarbeiter von Hilperts Hausbank DBK vor, der für den Vorstand derzeit die gesamten Akten zu Hilpert auf Straftaten prüft. Besonders interessierte sich die Staatsanwaltschaft am Mittwoch für die Frage, ob Hilperts Vergangenheit bei der Kreditvergabe eine Rolle spielte. Der DKB-Mitarbeiter wusste es nicht. Den Diestel-Brief an Hilpert hatten die Ermittler jedenfalls bei der Razzia in den Räumen der Bank gefunden.

Auch sonst gab sich der Revisor vor Gericht ahnungslos. Wirtschaftlichkeitsaspekte, ob sich die Hotelanlage „Resort Schwielowsee“ rentiere, habe er nicht geprüft. Das sei nicht seine Aufgabe gewesen, auch nicht, ob Auflagen aus dem Fördermittelbescheid der Landesinvestitionsbank (ILB) eingehalten wurden. Im Zeugenstand bestätigte er aber die Vollfinanzierung des Hotel-Projekts durch die DKB. Der Eigenkapital-Anteil, den Hilpert laut Bescheid hat aufbringen müssen, sei durch die „Bauträgermarge“ einer Hilpert-Gesellschaft abgesichert gewesen. Die Aktenlage rechtfertige das Vorgehen der Bank.

Hilpert muss sich seit Januar wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Untreue vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Die Anklage wirft dem 64-Jährigen vor, die Landesinvestitionsbank ILB getäuscht zu haben. Er soll die Investitionskosten für die Hotelanlage künstlich hochgerechnet und so 9,2 Millionen Euro Fördermittel zu Unrecht kassiert haben. Hilpert bestreitet das.

Lesen Sie mehr zu diesem Thema in der Donnerstag-Ausgabe der Potsdamer Neuesten Nachrichten.

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