
© M. Thomas
ORTSTERMIN: Ein fitter Finne in Teltow
Teltow - Alle Daten sind übertragen, Professor Friedrich Köhler ist zufrieden, Daumen hoch. Köhlers Konterfei wird vom Beamer leicht zeitverzögert an eine Wand bei Getemed geworfen.
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Teltow - Alle Daten sind übertragen, Professor Friedrich Köhler ist zufrieden, Daumen hoch. Köhlers Konterfei wird vom Beamer leicht zeitverzögert an eine Wand bei Getemed geworfen. Dort steht der EU-Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen, rund zwölf Kilometer von der Charité entfernt, bei der Medizintechnikfirma in Teltow. An seinem Arm ein Blutdruckmessgerät, unter seinen Füßen eine Art Waage.
Katainens Messwerte werden online nach Berlin übertragen. Er werde einen sicheren Tag haben, verspricht ihm der Kardiologe in der Charité. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) beobachtet die Szene – offenbar erleichtert, nicht seine Gesundheitsdaten offenbaren zu müssen. Er wartet mit etwas Abstand und eingefrorenem Lächeln hinter dem sportlichen Finnen.
Bei seinem zweitägigen Besuch in Deutschland hat Katainen am Donnerstag am eigenen Leib erfahren können, was mit einem Teil der Fördermittel aus der EU-Investitionsoffensive passiert ist. Das Medizintechnikunternehmen Getemed stellt Diagnostikgeräte her, unter anderem für die Erfassung von Blutdruckwerten oder Langzeit-EKG. Die Mittel aus Brüssel hat die Firma bekommen, um nach Möglichkeiten der Ferndiagnostik zu forschen.
Professor Friedrich Köhler ist noch immer aus Berlin zugeschaltet. Als Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin freue er sich, dass sich durch diese Art der Diagnostik eine neue Facette in der Medizin auftut. Die Patienten könnten unabhängig vom Ort überwacht werden. Mit rund zwei Millionen Euro hat die Brandenburgische Investitionsbank Getemed in den Jahren 2009 bis 2011 dafür aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert. „Die Mittel sind für den Start und die ersten Schritte gut und wichtig“, sagt Michael Scherf, Vorstandsvorsitzender von Getemed.
Das Teltower Medizinunternehmen hat gemeinsam mit dem Hasso-Plattner-Institut für Softwaresystemtechnik und der Charité eine Methode entwickelt, Risikoherzpatienten aus der Ferne zu überwachen. Die Ärzte müssten nicht mehr beim Patienten sein, der Patient nicht im Krankenhaus, so Scherf. Die Charité nutzt die Technik bereits für schwer herzkranke Menschen. Für die Nutzung durch andere Herzkliniken müssen immer noch einige bürokratische und technische Hürden genommen werden. Durch die ständige Überwachung der gesundheitlichen Daten wie EKG, Sauerstoffsättigung oder Gewicht kann der Arzt bei Problemen oder Abweichungen von der Norm schneller reagieren, so Scherf weiter.
Mittlerweile ist das Signal zur Charité abgeschaltet worden. Die weiße Wand ist wieder eine weiße Wand. Gemeinsam mit den Geschäftsführern bewegt sich der Tross um Katainen und Woidke in die Fertigungsräume des Unternehmens.
Die Diagnosegeräte von Getemed werden in Teltow zusammengebaut. Ministerpräsident Woidke freut das, schließlich werden Arbeitsplätze geschaffen. Doch auch die Idee des Telemonitorings überzeugt. Da die Menschen so lange wie möglich zu Hause behandelt werden können, helfe das bei der demografischen Entwicklung des Landes, so Woidke. Gerade in dünn besiedelten Regionen sei die medizinische Versorgung eine Herausforderung. Doch so schön die neue Technik ist, einen Arzt könne sie nicht ersetzen, so Vorstandschef Scherf.
In der neuen EU-Förderperiode bis 2020 will sich Brandenburg vor allem auf Forschung, Entwicklung und Innovation konzentrieren, Getemed war gestern das gute Beispiel. Das sei der Weg zu mehr Arbeitsplätzen, so Katainen. Daumen hoch.
Björn Stelley
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