
© Manfred Thomas
Potsdam-Mittelmark: Ein Strauß von Auflagen
Neues Gaststättengesetz bedroht „Weintiene“ / Ausnahmeregelung für Straußwirtschaften gefordert
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Werder (Havel) - Einem der beliebtesten Ausflugsziele Werders droht das Aus: Der „Weintiene“ auf dem Wachtelberg könnte im kommenden Jahr die Betriebserlaubnis verweigert werden. Anlass dazu gibt die Novellierung des Brandenburgischen Gaststättengesetzes vor gut einem Jahr. Demnach müsste Familie Lindicke als Betreiber der „Weintiene“ nun ein Gewerbe anmelden – und damit wesentlich mehr Auflagen erfüllen und Steuern zahlen. Bislang konnte die Stadt Werder ein Auge zudrücken, weil es sich bei der „Weintiene“ nicht um eine Gaststätte, sondern eine sogenannte Straußwirtschaft handelt.
In Süddeutschland hat diese Form der Direktvermarktung auf Weingütern längst Eingang in die Gaststättengesetze der Länder gefunden, auch Sachsen und Sachsen-Anhalt haben vor kurzem entsprechende Regelungen getroffen. Der Bund räumt ihnen diese Möglichkeit ein. Straußwirtschaften – der Begriff stammt vom traditionellen Blumenstrauß, der vor der Tür auf den Ausschank hinweist – brauchen demnach nicht als Gewerbe angemeldet werden, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. So muss in einigen Bundesländern die Zahl der Sitzplätze auf 40 begrenzt sein, in fast allen Ländern darf nur an vier Monaten im Jahr ausgeschenkt werden. Das Speiseangebot muss sich auf kalte Küche oder einfache warme Speisen wie Bockwurst beschränken, und das einzige alkoholische Getränk, das verkauft werden darf, ist der selbst produzierte Wein.
All diese Auflagen erfüllt die Weintiene auf dem Wachtelberg schon längst, doch eine Sonderregelung zu Straußwirtschaften gibt es in Brandenburg nicht. Die Novellierung vor einem Jahr wäre die Chance gewesen, das zu ändern, sagte Weinbauer Lindicke gestern gegenüber den PNN. Immerhin werde mittlerweile an vielen Orten in der Mark Wein angebaut und zur Verkostung gereicht, zum Beispiel in der Lausitz und sogar in der Uckermark. Zurzeit liege die brandenburgische Anbaufläche bei insgesamt 20 Hektar, so Lindicke.
Statt diesem Trend Rechnung zu tragen und den Ausschank zu vereinfachen, sei das Gaststättengesetz verschärft und die bisherige Ausnahmeregelung abgeschafft worden. Ein Gewerbe könne er für die „Weintiene“ indes nicht anmelden, berichtete Lindicke, weil er dann zum Beispiel Mitarbeitertoiletten und eine bestimmte Anzahl von Küchenquadratmetern vorweisen müsste. Umbauen könne er nicht, denn die Weintiene ist nur gepachtet und gehört eigentlich der Stadt. Das alles sei zu aufwändig: „Ich bin Weinbauer und kein Gastronom“, so Manfred Lindicke.
Über die CDU soll nun eine entsprechende Gesetzesvorlage in den Landtag gelangen. „Bis Ostern brauchen wir klare Verhältnisse“, forderte Lindicke gestern. In Werder sei nicht nur die „Weintiene“ betroffen, sondern – wenn man das neue Gaststättengesetz nur streng genug auslegt – auch die hiesigen Obstbauern, die zur Baumblüte Wein und Schnaps aus Eigenproduktion verkaufen. In der kommenden Woche wollen sich die märkischen Weinbauern zur Krisensitzung in Werder treffen, um über Lösungen nachzudenken. Mit am Tisch sitzt dabei auch die Werderaner Stadtverwaltung, die den Weinbauern gegenüber dem Land den Rücken stärken will. Thomas Lähns
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