Potsdam-Mittelmark: Eine Lampe als Politikum
Martin Wallroth entwirft Designerleuchten „Made in Langerwisch“ / Seine Firma mit 17 Mitarbeitern ist in diesem Jahr für den Deutschen Designpreis vorgeschlagen
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Martin Wallroth entwirft Designerleuchten „Made in Langerwisch“ / Seine Firma mit 17 Mitarbeitern ist in diesem Jahr für den Deutschen Designpreis vorgeschlagen Von Thomas Lähns Michendorf-Langerwisch. Im Lutherhaus in Wittenberg sorgen sie für eine warme Atmospähre. Im Wirtschaftsministerium in Berlin zieren sie einen Treppenaufgang und weisen Wolfgang Clement noch zu später Stunde den Weg. In der Technischen Universität hängt seit Kurzem ein 500 Kilogramm schweres Exemplar von der Decke herab. Nur der Bundeskanzler scheint sich nicht so recht begeistern zu können: Die Stehleuchten, welche Designer Martin Wallroth für das Kanzleramt angefertigt hat, sind nach nur einem Tag im Keller der Schröder-Residenz verschwunden. Warum? „Bei der Einweihung des Kanzleramtes stießen die Journalisten mit ihren Fotoapparaten dagegen, weil es o voll war.“ Und dann waren die Lampen von Kanzler Kohl ausgesucht. Doris Schröder-Köpf sagte das Design auch nicht zu. Damit war das Maß wohl voll. Bei der „Kellergeschichte“ muss der Designer jedes Mal schmunzeln. Schade sei es schon, dass die insgesamt 60 Leuchten nicht ihren Zweck erfüllen dürfen – aber sonst erfreuen sich die Produkte Wallroths, der seit 1997 mit seiner Firma mawa-design in Langerwisch tätig ist, großer Beliebtheit. 17 Mitarbeiter und drei Lehrlinge stellen hier Lampen und Wohnaccessoires für Leute her, „die „aus Ikea rausgewachsen sind" – so beschreibt Designerin Corinna Wissmann die Zielgruppe. Die Kreativität der mawa-Mitarbeiter scheint tatsächlich grenzenlos. Eine Besichtigung der Werkstätten und Ausstellungsräume offenbart Praktisches, Einfallsreiches und manchmal wohl auch Kurioses. Das Sortiment reicht vom magnetischen Schlüsselbrett über einen Designer-Medizinschrank bis hin zum Thermometer, dass das Tagesklima in „schweinekalt“, „irrekalt“ und „sauheiß“ unterteilt. Formschön und funktional – so lautet der Anspruch, den Wallroth und seine Mannschaft an ihre Produkte stellen. Die Atmosphäre unter den Kollegen scheint auf die Produkte überzuschlagen: Locker und entspannt geht es in den Ateliers zu, humorvoll, sicher auch etwas frech – und trotzdem professionell. Preisgekrönt ist das Wege-Leitsystem, das von Langerwisch aus unter anderem in die Sächsische Landesbibliothek in Dresden exportiert wurde. Die transparenten Kunststoffschilder erklären, wo was zu finden ist und erfreuen in ihrer Schlichtheit das Auge. Beifall ernteten die Designer auch für die Außenleuchte „Beelitz“. Das Schmuckstück aus gebürstetem Edelstahl ziert in mehrfacher Ausführung unter anderem das alte Heizkraftwerk in Beelitz-Heilstätten und die Kirche in Wilhelmshorst. Den Designpreis des Landes Brandenburg konnte Wallroth 2001 für sich verbuchen. Im New Yorker Museum of Modern Art stehen bereits seit Anfang der 80er Jahre mawa-Erzeugnisse als Beispiel für modernes Wohndesign. Damals arbeitete Martin Wallroth noch in Berlin-Kreuzberg. Nach der Wende schnellten die Mieten jedoch so stark nach oben, dass ein Umzug unausweichlich wurde. Über Weißensee gelangte er schließlich nach Langerwisch, auf ein ehemaliges Bauerngehöft in der Straße der Einheit 36. Das traditionelle Äußere des Vierseiten-Hofes, im Ort als Palmhof bekannt, wurde bewahrt, rote Backsteinfassaden erinnern an ehemalige Stallungen, das Gewölbe unter dem Wohnhaus besteht noch immer. Die alten Stallanlagen wurden zu Büros, Ateliers und Werkstätten. Durch Leuchten, Kerzenständer und wohnliches Beiwerk haben die Designer ihre Note in die historischen Räume eingearbeitet. Der Wirkungsbereich des Unternehmens ist breit gefächert: „Häufig greifen Architekten auf uns zurück“, erläutert Corinna Wissmann. Meistens gehe es dann um die Beleuchtung, von der Konzipierung bis zum Einbau sind die Designer gefragt. Es werde auch „in Lizenz“ produziert, also Entwürfe anderer Designer im Auftrag zum Beispiel ihrer Nachfahren umgesetzt – wie im Kanzleramt: Die Alu-Leuchten wurden vom Berliner Architekten Fridtjof Schließhacke bereits 1959 erdacht. Ein weiteres Arbeitsfeld ist die Serienproduktion – besonders in Asien seien mawa-Accessoires gefragt, berichtet Wallroth. „Made in Germany“ sei für die Asiaten ein Muss. Und er geht sogar noch weiter und verziert seine Erzeugnisse mit dem Prädikat „made in Brandenburg“. Kunden aus der Region können die Produkte in Potsdam bei KS-Design oder More & Wolf erstehen. Fast 27000 Einzelstücke wurden voriges Jahr an den Mann gebracht. Noch spannender als die Serienproduktion bleiben aber die Sonderaufträge. Der Chef erinnert sich an einen Anruf der Firma Canon. Der japanische Technologie-Multi wollte innerhalb kürzester Zeit 5000 kleine Ausstellungs-Podeste, sogenannte Displays, für seine Fotoapparat-Serie IXUS haben. Der Auftrag konnte erfüllt werden. „An solchen Aufgaben sitzt dann das ganze Team.“ In diesem Jahr wurde das Unternehmen für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagen. Womöglich erinnert sich der Bundeskanzler dann daran, dass im Keller noch ein paar neue Lampen stehen – und vielleicht geht dann ja auch Doris Schröder Köpf ein Licht auf. Heute und morgen veranstaltet mawa-design von 10 bis 18 Uhr eine Hausmesse mit Manufaktur-Besichtigung und Verkauf auf ihrem Gelände in der Straße der Einheit 36 in Langerwisch.
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