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Nuthetal: Großbordell mit Landebahn

Vor den Toren Potsdams soll im Herbst ein neues Etablissement eröffnet werden. Über den geheimen Standort hat ein großes Rätselraten begonnen.

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Nuthetal / Potsdam - Der Waldweg gleich neben der Autobahn muss mal eine Hauptstraße gewesen sein: Kopfsteinpflaster unter Wurzeln und Sand. Rechts und links wuchern die Brennnesseln. Die Vögel werden vom Autobahnkrach übertönt. Dann lichtet sich der Wald für ein Feld mit Winterroggen. Ein Segelflugzeug gleitet vom Saarmunder Flugplatz herüber. Kaum zu glauben, aber in dieser Einöde soll in vier Monaten ein Etablissement mit dem Namen „FKK Grand Plaza“ eröffnet werden.

Im Internet wird mit dem Start am 15. Oktober geworben. Der Bordellstandort ist etwas ungenau verortet, er „liegt nur wenige Kilometer von Berlin entfernt und liegt direkt an der Stadtautobahn A10 und der A115. Anreisen aus Berlin, Potsdam, Brandenburg, Lehnin, Magdeburg, Lutherstadt-Wittenberg oder Leipzig sind kein Problem“, wie es auf der Netzseite der Firma „La Familia Limited“ mit Sitz auf Gibraltar heißt – die Dutzende solcher Clubs bewirbt.

Auf schriftliche Anfrage bei einem deutschen Vertriebspartner wird das Vorhaben „im Kundenauftrag“ bestätigt, aber es werden keinerlei weitere Auskünfte gegeben. Ein womöglich nachlässig gesetztes Fähnchen auf der Internet-Karte verweist auf einen Platz zwischen Saarmund und Tremsdorf. Auf dem Saarmunder Flugplatz reagiert man gelassen. „Nichts dagegen.“ „Würde das Geschäft beleben“, witzeln zwei Männer, die gerade ihre Cessna in eine der Flugzeughallen schieben. Die rosa Hütte dort, was hat es damit auf sich? „Ist der Imbiss, der wird von einem Rentnerehepaar betrieben“, sagt ein langhaariger Mann in einem Werkstattgebäude.

Er arbeite seit 20 Jahren auf dem Flugplatz, von einem Puff habe er noch nichts gehört. „Das würden wir von oben sehen“, meint er. Allerdings: Letztes Wochenende sei die Zollfahndung da gewesen, warum, wisse er nicht. Anruf bei der Zollfahndung, dort winkt man ab: Bei einem Bordell werde man allenfalls aktiv, wenn es schon steht. Die Zollfahndung sei aber durchaus für die Flugplatzüberwachung zuständig. Vielleicht weiß ja die Gemeinde mehr über das Projekt?

Das Ganze klingt aufsehenerregend: Die Clubfläche soll laut Internetwerbung 3800 Quadratmeter groß sein, mit „jeder Menge Abwechslung“: Saunen, Dampfbad, Pools, Kino, Casino, Massage-Studio, Lounge, Disco, SM-Bereich, Private-Rooms und mehr als 200 „diskrete Parkplätze“. „Davon wüsste ich“, meint Bürgermeisterin Ute Hustig (Linke). Kopfschütteln auch in den Nachbargemeinden Schwielowsee und Michendorf: Als das frühere Trip-Hotel jahrelang leer gestanden habe, gab es scherzhafte Gerüchte, dass daraus ein Bordell werden könnte, sagt Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU). Inzwischen gibt es einen neuen, erfolgreichen Betreiber und es ist keine Rede mehr davon.

Das Problem mit den Prostituierten an der Bundesstraße 2 habe man vor einigen Jahren halbwegs geräuschlos lösen können. Und jetzt ein Großbordell? „Ich wüsste kein Bestandsgebäude in dieser Größe bei uns, das sich dafür eignet“, so Mirbach. Und eine so große Baustelle wäre nicht unbeobachtet geblieben. Bei einem Start im Herbst müsste der Gemeinde zumindest schon eine Gewerbeanmeldung vorliegen.

Die Investoren wollen ihr Bordell auf einer zwei Hektar großen Fläche betreiben, ähnlich groß ist der Rasthof, den der Beelitzer Bauunternehmer Thomas Schielicke in Ferch an der A10 errichten will. „Ist bestimmt eine gute Geschäftsidee, aber ich arbeite nicht in dem Bereich“, versichert er auf Anfrage. Rätselraten gestern auch im Landratsamt in Bad Belzig: Weder die Bauaufsicht noch die Gewerbeaufsicht wüssten von dem Projekt, so Pressesprecher Kai-Uwe Schwinzert. Auch im Landkreis Teltow-Fläming sei das Projekt nicht bekannt, so die Auskunft aus Luckenwalde.

Auf der Internetseite von La Familia, auf der für über 100 FKK-Saunaklubs in Deutschland geworben wird, wurden die ersten zwei Kommentare abgegeben. Das Artemis in Charlottenburg habe stark nachgelassen über die Jahre, schreibt Steffen. Und auch Markus kommentiert: „Ich war jahrelang Stammkunde im Artemis, aber der Service hat sich immer verschlechtert. Kein Wunder, wenn der Club konkurrenzlos ist. Über die Eröffnung werden sich einige Berliner freuen!“ In Brandenburg dürfte ein solches Projekt womöglich weniger gut ankommen – jedenfalls bei den Nachbarn.

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