Potsdam-Mittelmark: Gutachterin: Erhöhtes Rückfallrisiko
Prozess nach Vergewaltigung: Angeklagter hat schon mehrmals zugeschlagen. Taxifahrerin sagte aus
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Kleinmachnow / Potsdam - Über Wochen hatte Simone P. (Name geändert) Todesängste ausgestanden. „Ich bringe dich um“, hatte ihr der Mann immer wieder gedroht, als er am Neujahrsmorgen in ihrem Taxi über sie hergefallen war. Am Armaturenbrett hing ihr Dienstausweis – er hätte sich die Adresse merken können. „Ich habe mich in vielen Bereichen zurückgezogen“, sagt sie vor Gericht. Sechs Wochen nach der Tat war der vorbestrafte Vergewaltiger Manuel G. von der Polizei verhaftet worden. Man hatte ihn anhand von DNA-Spuren überführt.
Der 35-jährige G., der zuletzt als Hilfsgärtner in einem Pflegewohnheim gearbeitet hatte und seit Anfang Februar in U-Haft sitzt, hat bereits in der vergangenen Woche vor dem Potsdamer Landgericht ein Geständnis abgelegt: dass er am Neujahrsmorgen in der Berliner Kantstraße zu Simone P. ins Taxi gestiegen war, dass er von ihr nach Kleinmachnow gefahren werden wollte – und dass er die 52-Jährige dort in dem Wald an der Avus vergewaltigte. Gestern, am zweiten Verhandlungstag, sagte das Opfer aus.
Simone P. ist gefasst, als sie im Zeugenstuhl sitzt und die Fragen des Gerichtes beantwortet. Ihre Haltung ist gerade, der Blick nach vorn gerichtet. Ihren Peiniger, der nur zwei Meter entfernt auf der Anklagebank sitzt, würdigt sie keines Blickes. Während er bei seinem Geständnis vergangene Woche geweint hatte und kaum sprechen konnte, wahrt sie ihre Würde. Aber: „Auch wenn man es nach außen hin vielleicht nicht merkt, bin ich innerlich sehr verunsichert“, sagt sie. Als Taxifahrerin könne sie kaum noch arbeiten, vor allem nicht nachts. Deshalb hat sie jemanden einstellen müssen.
Bei Manuel G. ist indes keine Gemütsregung erkennbar. Auch nicht, als das Gericht das Urteil seiner letzten Strafe verliest. In der Nacht zum 1. Mai 2003 vergewaltigte er vor dem Berliner Tierpark eine 23-jährige Studentin. Er war am U-Bahnhof Frankfurter Allee auf das angetrunkene Mädchen aufmerksam geworden, hatte sich zu ihr gesetzt, sie an den Armen gestreichelt und erklärt, dass er sie nach Hause bringen wolle. „Sie sagte, dass sie das nicht will, war aber zu geschwächt, um sich zu wehren“, heißt es in dem Urteil des Landgerichtes Berlin. Am U-Bahnhof Tierpark stieg das Mädchen aus, er folgte ihr und zog sie hinter ein Gebüsch. Der Täter drückte sie ins Laub und drohte, sie zu töten, falls sie sich nicht fügen werde. Nach der Tat hatte er ihr letztes Geld gestohlen, ungefähr zehn Euro, und die Sim-Karte aus ihrem Handy genommen.
Das Berliner Landgericht hatte ihn zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Doch auch davor soll Manuel G. Sexualstraftaten begangen haben: schon im Alter von 18, als Bekanntschaften zwar mit ihm flirteten, ihn auch küssten, dann aber nicht weitergehen wollten. „Er hatte das Nein nicht akzeptiert“, schildert die vom Gericht bestellte psychologische Sachverständige. Sie führt die Vergewaltigungen in erster Linie auf Konflikte zurück, in denen G. gesteckt hatte – eine sexuelle Annormalität schloss sie bei ihm aus. 2003 hatte G. wegen Mordverdachts in U-Haft gesessen: Seine damalige Lebensgefährtin und ein Freund hatten ihn hintergangen. Als er freikam, fiel er über die Studentin her. Auch dieses Mal sei G. wütend gewesen: Er hatte Silvester mit seiner Familie gefeiert. Seine Freundin – eine 15 Jahre ältere Ex-Justiz-Beamtin, mit der er in Stahnsdorf lebte – hatte ihm das verboten.
Das Risiko, dass Manuel G. wieder Frauen vergewaltigt, schätzt die Gutachterin als erhöht ein – je nachdem, ob er therapeutische Hilfe in Anspruch nimmt. Davon wird dann auch das für den 21. August erwartete Urteil abhängen – und die Frage der anschließenden Sicherungsverwahrung. Thomas Lähns
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