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Potsdam-Mittelmark: Hausverlosung rechtlich umstritten Gegensätzliche Urteile in Bayern und Brandenburg

Potsdam / Michendorf - Über Hausverlosungen im Internet bestehen in Bayern und Brandenburg unterschiedliche Rechtsauffassungen. Während der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Villen-Tombola für zulässig erklärte, wurde sie vom Potsdamer Verwaltungsgericht gestern untersagt.

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Potsdam / Michendorf - Über Hausverlosungen im Internet bestehen in Bayern und Brandenburg unterschiedliche Rechtsauffassungen. Während der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Villen-Tombola für zulässig erklärte, wurde sie vom Potsdamer Verwaltungsgericht gestern untersagt. In beiden Entscheidungen geht es um denselben Fall: Der gebürtige Wiener Franz-Josef Kellner hatte Anfang 2009 auf einer österreichischen Internetseite die Verlosung seiner Luxusvilla in Wildenbruch gestartet.

Nach 15 Jahren als Autohändler in Potsdam war er damals mit seiner Frau in die Heimat zurückgekehrt, um sich zur Ruhe zu setzen. Seinen deutschen Wohnsitz wollte er verkaufen. Alle Versuche seien gescheitert, woraufhin er seine private Haustombola veranstaltete. Teilnehmen kann man per Los für 59 Euro. 13 900 Lose sollen verkauft werden, dann soll bei einer Gala in Österreich der Gewinner gezogen werden.

Dort sind solche Tombolas weit verbreitet. Die Glücksspiel-Aufsicht des brandenburgischen Innenministeriums hatte die Verlosung allerdings untersagt, auch mit bayerischen Behörden bekam Kellner Ärger. Er widersprach den Untersagungen, seitdem beschäftigen sich die Gerichte mit dem Fall. Im Kern geht es um Paragraph 4 des Glücksspielstaatsvertrags: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten“, heißt es da.

In einem Rechtsschutzverfahren stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Februar fest, dass der Paragraph im Fall Kellner nicht greift. Auf dessen Internetseite würden sich nur die Teilnahmebedingungen der Hausverlosung finden. „Die Spielteilnahme als solche erfolgt aber außerhalb des Internets“, heißt es im Beschluss. Die Losreservierung erfolge in mehreren Schritten außerhalb der Seite. Auch die Verlosung selbst finde nicht im Netz statt. Das Internetverbot werde nur wirksam, wenn „die für die verbindliche Teilnahme wesentlichen Vorgänge im Internet ablaufen und lediglich die Bezahlung außerhalb des Internets erfolgt“.

Aus der sechsten Kammer des Potsdamer Verwaltungsgerichts hieß es im Hauptsacheverfahren gestern, dass man die Münchner Differenzierung „nicht überzeugend“ finde. Die technische Sichtweise würde einen Gesamtvorgang künstlich aufspalten. Ohne Internet sei Kellners Verlosung gar nicht verfügbar. Sie sei zwar eine „pfiffige Idee“, befand der Vorsitzende Richter Wilfried Kirkes. Vor dem Glücksspielstaatsvertrag habe sie aber keinen Bestand. „Der Gesetzgeber wollte vermeiden, dass man von Glücksspielangeboten bis ins Wohnzimmer verfolgt wird.“ Dass die Hausverlosung nicht die typische „Ereignisfrequenz“ und das Suchtpotenzial anderer Glücksspiele habe, ändere nichts an der Rechtslage. Außer der Abwendung der Suchtgefahr sei auch der Jugendschutz ein rechtliches Anliegen.

Die Kammer ließ eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht zu. Kellners Anwalt Andreas-Peter Zelmer kündigte an, die Sache wenn nötig vor den Europäischen Gerichtshof zu bringen. „Das müssen wir schon unter Staatshaftungsgesichtspunkten“, sagte er. Er rechnet mit Schadensersatzansprüchen im sechsstelligen Bereich. Die Chancen beim EuGH stehen womöglich nicht schlecht.

Er hatte im September 2010 schon das deutsche Staatsmonopol auf Sportwetten für ungerechtfertigt erklärt – auch weil das Argument der Suchtprävention angesichts massiver Lottokampagnen des Staates nicht greife. Die Bundesländer bereiten eine Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags vor, auch die Internetregelungen sollen gelockert werden. Welche Auswirkungen das auf den Fall Kellner haben könnte, blieb im Verwaltungsgericht gestern offen. Henry Klix

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