Potsdam-Mittelmark: Kampf im Rocker-Milieu
Überfall auf „Knutfest“ am Seddiner See: Motorradclubs ringen um die regionale Vorherrschaft
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Seddiner See - Bei dem Überfall auf eine Feier in Seddin in der Nacht zu Sonntag handelt es sich um eine Auseinandersetzung verfeindeter Motorradclubs (MC’s). Das bestätigte Rudi Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Potsdam gestern. Nach PNN-Informationen gehören die zehn bis 15 Angreifer dem „Gremium MC“ an, der in Potsdam eine Abteilung, ein so genanntes Chapter, unterhält. Unter den Opfern sollen auch Mitglieder eines Rockerclubs aus Schweden gewesen sein. Fünf mutmaßliche Täter konnten kurz darauf festgenommen werden, hätten aber bislang die Aussage verweigert, so Sonntag. Sie sind gestern wieder entlassen worden.
Dennoch gebe es klare Indizien dafür, dass es sich sowohl bei den Tätern als auch bei den Opfern um Angehörige der Rockerszene handelt: Die Angreifer haben vier Jacken entwendet, „und der Verlust der Kutte ist für Rocker eine Schmach“, erläuterte Sonntag. Mit Baseballschlägern und Schlagringen bewaffnet hatten die Täter kurz nach Mitternacht die Party gestürmt (PNN berichteten). „Plötzlich standen sie in der Tür und begannen, drauf loszuschlagen“, berichtete einer der Anwesenden auf PNN-Anfrage. Die Schläger seien darauf aus gewesen, das Haus zu verwüsten. Nach nur vier Minuten war alles vorbei, die Täter seien geflohen. Dass es sich bei allen Beteiligten um Rocker handelt, wollte der Zeuge nicht bestätigen.
Elf Personen sind verletzt worden und mussten zum Teil im Krankenhaus behandelt werden. Die Angreifer haben außerdem Handys gestohlen, bei einem Auto die Scheiben eingeschlagen und ein weiteres entwendet. Bei einer Verkehrskontrolle an der B 2 kurz vor Potsdam sind die fünf Verdächtigen unmittelbar danach festgenommen worden. Sie hatten eine der gestohlenen Jacken bei sich, auch Waffen wurden im Wagen gefunden. Einer der mutmaßlichen Schläger stammt aus Brandenburg, vier aus Sachsen-Anhalt. Gegen sie wird wegen Raubes, gefährlicher Körperverletzung und schweren Landfriedensbruchs ermittelt.
Das Gebäude, in dem sich der Überfall zugetragen hat, befindet sich auf dem Gelände der früheren Entenfarm in der Stückener Straße. Bis vor zwei Jahren war dies das Domizil des örtlichen Motorradclubs „Fatum Equester“. Dieser hatte sich wegen interner Querelen aufgelöst, erinnerte sich Ordnungsamtsleiter Bernd Fuhrmann. Der momentane Pächter, ein Mann aus Neuseddin, habe die Party als „Knutfest“ angemeldet und die Bürger dazu eingeladen. „Knut“ ist eine schwedische Tradition, bei der die alten Weihnachtsbäume verbrannt werden. Fuhrmann selbst war bis zum frühen Abend vor Ort: „Es gab Glühwein und Tee, Familien waren mit ihren Kindern da. Es gab keine Anzeichen dafür, dass der Abend so enden würde.“
Seit Jahren ringen in Brandenburg die international agierenden und verfeindeten „Hell’s Angels“ und „Bandidos“ um die Vorherrschaft. Die Sektionen des Gremium MC in den neuen Bundesländern sollen mit den Bandidos sympathisieren, während westdeutsche Chapter die Hell’s Angels unterstützen. Allein dies sorgt immer wieder für Kämpfe. Szenekenner sehen zurzeit besonders viel Bewegung: Andere Clubs aus dem Ausland versuchen hier Fuß zu fassen, was von den etablierten als Angriff gesehen wird.
Über 20 MC’s gebe es in Brandenburg, „die meisten davon sind für uns uninteressant“, so Michael Gellenbeck vom Landeskriminalamt in Eberswalde. Anders bei Hell’s Angels, Bandidos, Gremium und deren Unterstützern: Sie streiten um die regionale Vorherrschaft im Hinblick auf die Türsteherszene und Rauschgifthandel, so Gellenbeck. Thomas Lähns
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