
© A. Klaer
Sprachkurse für Flüchtlinge: Lernend die Zeit überbrücken
Seit Monatsanfang bietet die Arbeitsagentur in Teltow Sprachkurse für Flüchtlinge an. Mutaz Albaickdar aus Damaskus hat es eilig. So schnell wie möglich möchte der Medizin-Techniker wieder in seinem alten Beruf arbeiten.
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Teltow - „Waldi und Wasti essen eine Wurst.“ Langsam formt Mohamad Mukhtar Mund und Lippen, verbindet konzentriert Buchstabe um Buchstabe, formt Wort für Wort. Die Aussprache fällt dem 29-Jährigen noch schwer. Seit einer Woche verbringt der Somalier gemeinsam mit 25 weiteren Bewohnern des Teltower Übergangswohnheimes seine Vor- oder Nachmittage im Ausbildungszentrum Teltow (AVT), um die deutsche Sprache zu lernen. Es ist ihm wichtig, erklärt er und er ist dankbar dafür, dass es diese Möglichkeit gibt.
Erst im November fiel der Startschuss zu einem neu aufgelegten Sprach-Programm der Bundesagentur für Arbeit, von dem er und mehr als 800 Asylbewerber in der Region profitieren. Mit der kürzlich erfolgten gesetzlichen Änderung im Asylrecht ist es der Arbeitsagentur möglich geworden, befristet bis zum Jahresende Sprachkurse für Flüchtlinge zu fördern, die noch nicht über einen Bleibestatus verfügen oder über deren Asylantrag noch nicht entschieden ist. Mit den neu geschaffenen Kursen seien die Flüchtlinge nicht mehr zum Warten verdammt, können die Zeit positiv für sich nutzen, sagt die Sprecherin der Potsdamer Arbeitsagentur, Isabel Wolling. „Andere lenkt er ab.“
Für Flüchtlinge mit hohen Bleibechancen
Hinter vielen Flüchtlingen liegt eine lange Leidenszeit. Der gelernte Automechaniker Mukhtar verlor auf der Überfahrt mit dem Boot ein Kind, Frau und ein zweites Kind liegen noch im Krankenhaus. Er gehört nicht zu den Flüchtlingen, an die sich das neu aufgelegte Programm primär richtet. Trotzdem ist er hier, weil ihm das Ausbildungszentrum den Kurs ermöglicht.
Grundsätzlich richtet sich das Programm vordergründig an Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Iran und Irak, an jene, die die höchsten Bleibechancen besitzen, sagt Wolling. So wie Mutaz Albaickdar aus Damaskus, der mit Frau und vier Kindern nach einer langen, einmonatigen Reise nach Deutschland kam. Per Auto, Flugzeug, Boot, Bus und zu Fuß bestritt die sechsköpfige Familie ihren Weg von Damaskus in Syrien über Beirut, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, Italien bis nach Passau, von dort nach Eisenhüttenstadt und schließlich nach Teltow, wo sie vor zwei Wochen ankamen. Albaickdar ist froh, endlich hier zu sein. Möglichst schnell will der Medizin-Techniker zurück in seinen Beruf. Der Sprachkurs ist für ihn kein Problem. „Es ist nicht schwer“, sagt er. „Ich will lernen.“ Ob er und seine Familie in Teltow bleiben werden, weiß er noch nicht. „Potsdam ist schön“, hat er gehört.
Kurse für 420 Flüchtlinge in diesem Jahr
Rund 30 Informationsveranstaltungen in der Region hat Wolling durchgeführt, für das Programm bei verschiedenen Trägern mit Kurserfahrung geworben. Das Ausbildungszentrum in Teltow ist eines, bei der Wollings Bemühen auf fruchtbaren Boden stieß. Seit Anfang November bietet das Bildungszentrum der Industrie- und Handelskammer Potsdam zwei solcher Sprachkurse mit jeweils 13 Teilnehmern an, die alle aus dem Teltower Übergangswohnheim kommen. Rund 60 Teilnehmer werden es bis Jahresende sein. 420 Flüchtlinge könnten insgesamt noch bis zum 31. Dezember in Potsdam-Mittelmark mit einem Kurs starten. Zufrieden ist die Arbeitsagentur bislang mit der Resonanz dennoch noch nicht. „Wir haben mehr erwartet“, sagt Wolling. Allmählich steige aber die Nachfrage, die Flüchtlinge selbst sorgten mit ihrer Mundpropaganda in den Heimen für einen stärkeren Zulauf.
Fünf Stunden am Tag drücken die Flüchtlinge nun die Schulbank. Vorwiegend in Hör-, Lese- und Sprachübungen nähern sie sich der deutschen Sprache an. „Die meisten Flüchtlinge kommen aus dem arabischen Raum, müssen erst die Schriftzeichen lernen“, weiß Antje Fege, Bereichsleiterin Weiterbildung am AVT. Nach einer Woche Unterricht sind die Fortschritte aber bereits gut hörbar. Einfache Fragen wie nach dem Namen, dem Alter oder Wohnort können die Frauen und Männer bereits beantworten, nur die Umlaute bereiten noch den meisten Schwierigkeiten, sagt Dozentin Tatjana Schieferdecker. Zuvor hat die 55-Jährige Fachschüler oder auch Suchtkranke unterrichtet. Das hier sei anders, erklärt sie. Die Flüchtlinge kommen ohne jegliche Vorkenntnisse, aber sie seien „super und sehr lernwillig“. Schwänzer gebe es nicht. „Sie merken, wenn sie einen Tag nicht da sind, fallen sie sofort zurück“, berichtet Weiterbildungsleiterin Antje Fege.
Die Teilnahme am Kurs ist freiwillig. Anders als Asylberechtigte können sich Asylbewerber, die sich noch im Verfahren befinden, bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden, sie müssen es aber nicht. Auch wenn ihr Antrag zwischenzeitlich entschieden wird, dürfen sie den Kurs weiter besuchen, sagt Wolling. „Um sie in den Arbeitsmarkt integrieren zu können, brauchen sie die Deutschkenntnisse ja.“
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