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In der Verlängerung. Axel Hilpert (r.), hier mit einem Anwalt, wird noch einige Verhandlungstage im Gericht verbringen – zehn neue sind angesetzt.

© Patrick Pleul/dpa

Betrugsprozess am Landgericht Frankfurt (Oder): Matthias Platzeck soll im Hilpert-Prozess aussagen

Überraschende Wende im Hilpert-Prozess: Im Prozess gegen Axel Hilpert wegen eines Millionen-Betrugs wollen Landgericht und Verteidiger nun weitere Zeugen hören. Dazu gehört auch Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck.

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Frankfurt (Oder) - Axel Hilpert hatte diesmal prominenten Beistand in den Zuschauerreihen, und nicht nur einen: Da war etwa der frühere „Bild“-Chef Hans-Hermann Tiedje am Donnerstag extra zum Landgericht Frankfurt (Oder), Saal 007, gereist, um den Betrugsprozess gegen seinen langjährigen Geschäftspartner beim Projekt Resort Schwielowsee zu verfolgen. Und Tiedje steht zu Hilpert: „Keiner der Gesellschafter glaubt, dass Axel Hilpert ein schlimmer Finger ist. Alle wissen doch, dass ohne ihn das Hotel dort nicht stünde“, sagte Tiedje am Rande den PNN. Ebenfalls erschienen war Werner Große, der frühere Werderaner Bürgermeister (CDU). Warum? „Weil wir uns sehr gut kennen und das Hotel so wichtig für Werder ist“, sagte Große. Ja, und da war noch einer früh aufgestanden, nämlich Heinz Vietze, der viele Jahre graue Eminenz der PDS in Brandenburg und vor 1989, in jener Zeit als Hilpert noch Geschäfte im Imperium des DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski machte, Sekretär der SED-Kreisleitung war. Vietze sieht Hilpert als Opfer eines überzogenen Vorgehens der Staatsanwaltschaft.

Und der Berufungsprozess gegen den früheren Hotelier, der beim Bau der mondänen Hotelanlage in Petzow Millionen abgezweigt haben soll, nahm am Donnerstag plötzlich wieder eine dramatische Wendung. Eigentlich war erwartet worden, dass die Strafkammer zu Ende verhandelt, um am heutigen Freitag das Urteil zu verkünden. Ein Urteil, das auch in der Region mit Spannung erwartet wird. Kommt Hilpert am Ende mit einer Bewährungsstrafe davon? Muss er doch noch einmal ins Gefängnis? Es kam ganz anders. Ehe es Klarheit gibt, wird es noch dauern. Das Verfahren in Frankfurt (Oder), das wegen der Nachbereitung eines Gutachtens im Frühjahr 2015 bereits platzte und im Oktober von vorn begann, geht nämlich erst richtig los.

Hintergründe beim Bau des Resorts Schwielowsee sollen geklärt werden

Es gleicht einem Paukenschlag: Das Gericht steigt nun doch in eine eigene umfassende Beweisaufnahme ein, um die Hintergründe beim Bau des Resorts Schwielowsee aufzuklären, mit umfangreichen erneuten Zeugenvernehmungen, was in Berufungsverfahren nur selten vorkommt. Noch in der letzten Sitzung hatte die Vorsitzende Richterin genau ein solches Szenario ausgeschlossen, auf die Bindungswirkung des Urteils der ersten Instanz verwiesen, des Potsdamer Landgerichtes. Nun die Wende. Die Kammer legte bereits Termine bis Februar 2017 fest, um zunächst acht Zeugen zu hören, darunter die Investitionsbank Brandenburgs, die das 35-Millionen-Euro-Projekt mit 9,8 Millionen Euro gefördert hatte, die Kriminalpolizei, die Hilpert nach seiner Festnahme verhört hatte, und die Deutsche Kreditbank DKB, die Hilpert einen 40-Millionen-Kredit gab. Und das ist erst der Anfang.

„Wir haben die Beweisaufnahme nicht gewollt“, sagte Verteidiger Gerhard Strate. Er habe auch Zweifel, dass dies zulässig sei. Vor allem aber kündigte er an – die Namensliste hatte ihm Hilpert vorher auf einen Zettel notiert –, dass Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Ex-Finanzminister Rainer Speer und Ex-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) ebenfalls als Zeugen geladen werden sollen. Der frühere ILB-Vorstandschef Klaus Dieter Licht werde ebenfalls dazukommen, sagte Hilpert den PNN.

Kann Hilpert den Prozess noch drehen?

Es sieht so aus, dass Hilpert durch die Wendung eine Chance wittert, den Prozess doch noch zu drehen. Damit würde nun doch die Rolle der Brandenburger Politik in den Fokus geraten, mit der Hilpert bestens vernetzt war, die bei ihm einst ein und aus ging, für das Projekt Hürden aus dem Weg räumte. Im ersten Prozess in Potsdam, 2011/2012, hatte dies fast keine Rolle gespielt. Hilpert hatte dort die Aussage verweigert. Nun will er reden, unbedingt. Immer wieder betont er auch am Rande der Verhandlung, dass die für das Resort gewählte Firmenkonstruktion – in der die Staatsanwaltschaft schon ein Betrugskonstrukt sieht – mit der ILB exakt so abgestimmt war. Es geht darum, dass die Hotelbetreiber-Firma „Theodor Fontane“ – Geschäftsführer Axel Hilpert und Tiedje, beide auch Mitgesellschafter – den Auftrag für den Bau des Hotels an eine Hilpert-Firma gegeben hatte. Die vergab Aufträge an Firmen, Architekten, die wiederum an Hilpert „Einstiegs“- Provisionen zahlen mussten. Die Gewinnspannen, die Hilpert kassierte, trugen zur Erhöhung der Kosten und damit auch der Fördersumme bei. Hilpert hofft nun, dass er doch noch den Beweis antreten kann, dass das alles mit Wissen der ILB geschah. So hatte er es auch in den Vernehmungen der Kriminalpolizei ausgesagt.

Nötig ist das Verfahren, weil der Bundesgerichtshof ein Urteil des Potsdamer Landgerichtes teilweise kassiert hatte. Das hatte Hilpert 2012 zu einer Gefängnisstrafe von fast sechs Jahren verurteilt. Nach den Vorgaben des BGH muss die Schadenshöhe und damit die Strafe nach unten korrigiert werden. Das Landgericht hatte als Schaden die gesamten 9,8 Millionen Euro Fördermittel angesetzt, die in das Resort flossen. Das verwarf der BGH, da ja der Förderzweck erfüllt sei, am Schwielowsee ein Hotel stehe.

Hilpert schreibt ein Buch - mit ein paar "schnuckeligen Sachen"

Der Prozess muss nun klären, wie viel Hilpert davon abgezweigt hat. Zwar war ein nach Vorgaben des Gerichtes aktualisiertes Schadensgutachten im Auftrag des Gerichtes auf 3,8 Millionen Euro gekommen, eine Million mehr als in der Ursprungsfassung. Doch inzwischen hatte die Kammer zum Entsetzen der Staatsanwälte überraschend signalisiert, dass es dieser Neuberechnung nicht zu folgen gedenkt, die die Strafkammer selbst veranlasst hatte. Allerdings war dies noch unter dem auch aus dem Maskenmann-Prozess bekannten früheren Vorsitzenden Matthias Fuchs geschehen, der inzwischen verstorben ist. Der Ex-Hotelier nutzt die Zwischenzeit. Er schreibe gerade ein Buch, „über die Fördergeschichte und mein Leben“, sagte Hilpert. „Da werden dann ganz schnuckelige Sachen drinstehen, die sich keiner vorstellen kann.“

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