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Der Malteser Sven Lehmann steht auf dem Plantagenplatz in Werder, auf dem seit 2007 ein Alkoholverbot gilt. Er verweist auf hohe Kosten für die Rettung von Betrunkenen, die hilflos auf Parkbänken liegen oder durch kalte Nächte irren.

© Bernd Settnik/dpa

Von Leticia Witte: „Mehr als überfällig“

Gute Erfahrungen mit Alkoholverbot in Werder – Diskussion im Land ist derweil nicht abgeschlossen

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Werder (Havel) - Irgendwann war die Geduld von Thomas Lorentz am Ende. Der Wirt aus Werder hatte genug von den Trinkern, die auf dem Platz vor seiner Gaststätte standen, urinierten und ihre Flaschen stehen ließen, wie er sagt. „Das Alkoholverbot war mehr als überfällig.“ Wie anderswo in Deutschland und Europa wird auch in Brandenburg diskutiert, ob auf öffentlichen Plätzen das Trinken untersagt werden soll: Mittlerweile gibt es ein Verbot in den Grünanlagen rund um den Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz, in Mailand drohen Alkoholsündern in der Öffentlichkeit 500 Euro Bußgeld.

In Brandenburg fordern manche ein landesweites, pauschales Alkoholverbot; Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hält dies aus rechtlichen Gründen für nicht machbar. Die Stadt Werder, die bei Touristen vor allem wegen des Baumblütenfestes – bei dem ebenfalls reichlich Alkohol fließt – beliebt ist, hat laut Bürgermeister Werner Große (CDU) im April für den zentralen Plantagenplatz ein Alkoholverbot erlassen. Zu den Trinkern hätten sich zunehmend Jugendliche gesellt, außerdem sei randaliert worden. „Da mussten wir handeln.“

Die Passanten, die dort auf ihre Busse warten, zeigen sich zufrieden. „Das Verbot ist richtig“, sagt die 26-jährige Marion Rudolf. „Es schadet dem Ansehen der Stadt, wenn hier alkoholisierte Menschen herumstehen.“ Sven Lehmann, der bei den Maltesern arbeitet, verweist auf hohe Kosten für die Rettung von Betrunkenen, die hilflos auf Parkbänken liegen oder durch kalte Nächte irren. Er wünscht sich nicht nur ein landesweites Alkoholverbot an öffentlichen Orten, sondern auch in Zügen und Bussen. Gaststättenwirt Lorentz hat sich nach eigenen Angaben bei der Stadt für das Verbot auf dem Plantagenplatz eingesetzt. Dass die Trinker nun in seiner Gaststätte sitzen und er von dem Alkoholverbot profitiert, sei allerdings nicht der Fall.

Dem Brandenburger Städte- und Gemeindebund zufolge gibt es im Land mehr als 30 Kommunen, die das Trinken auf Spiel- und Sportplätzen oder an Bushaltestellen untersagt haben. „Der Alkoholkonsum auf zentralen Plätzen hat überhand genommen“, begründet Bürgermeister Große das Vorgehen in Werder. Mit dem Alkoholverbot habe die Stadt bislang gute Erfahrungen gemacht, betont er. Mitarbeiter des Ordnungsamtes beobachteten, ob es eingehalten werde. Wer sich nicht an die Regeln hält, müsse mit Platzverweisen oder Bußgeldern rechnen.

Wachsender Alkoholkonsum ist gerade bei Jugendlichen ein Problem. Im Oktober wurde eine Umfrage des Landesgesundheitsamtes bekannt, wonach von 1000 Zehntklässlern in 2004/2005 fast jeder dritte Junge mindestens einmal pro Woche Alkohol trinkt. Bei den Mädchen seien es 17 Prozent. „Ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen kann eine sinnvolle Maßnahme sein“, erklärt Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (SPD). Im Kampf gegen Alkoholmissbrauch dürfe es aber nur ein Baustein von vielen sein. „Denn ein solches Verbot verdrängt das Problem letztlich nur und geht nicht an die Ursachen heran.“

Schönbohm hat angekündigt, dass die Polizei die bundesweite Kampagne „Don’t drink too much - Stay Gold“ engagiert unterstütze. Informationsmaterial gebe es dazu in allen Polizeiwachen. Kernstück der Kampagne sind drastische Abbildungen auf Bierdeckeln und Plakaten zu den Folgen von Trunkenheit. Bürgermeister Große räumt ein, dass sich mittlerweile die Trinker vom Plantagenplatz andere, wenn gleich nicht mehr so sehr im Blickpunkt gelegene Orte gesucht hätten. Zu Silvester solle ein Auge zugedrückt werden, kündigt er an. Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand das neue Jahr auf dem Plantagenplatz mit einem Schluck Sekt begrüßen wolle. „Wenn dann einer dort mit der Büchse steht, wird man keinen Großeinsatz machen.“ dpa/PNN

Leticia Witte

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