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Potsdam-Mittelmark: „NPD will Land erobern“

Verfassungsschutz: Im Kreis fanden Rhetorik-Kurse für Nazis statt / Expertenrunde zu Rechtsextremismus

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Teltow - Den Blick für das eigene Umfeld schärfen, will die Initiative „Netzwerk Tolerantes Teltow“. Denn „Zeichen“ rechtsextremer Gruppierungen gibt es auch in der Region. Vorerst sind es meist kleine Aufkleber an Buswartehäuschen und Laternenmasten. Nur entfernen reicht nicht, man muss die Leute informieren, meinen die Initiatoren des Netzwerkes. Denn die rechte Szene dränge vor allem aus Sachsen nach Brandenburg, um sich dort in der Provinz zu etablieren.

Das bestätigte auch die Leiterin der Abteilung Verfassungsschutz im Brandenburger Innenministerium, Winfriede Schreiber. Sie war am Montag Hauptrednerin einer Podiumsdiskussion, zu der die Netzwerkinitiative ins Bürgerhaus eingeladen hatte. „Die NPD ist angetreten, bei den nächsten Kommunalwahlen das Land Brandenburg zu erobern“, informierte Winfriede Schreiber. So habe die NPD bereits Kreisverbände in den Landkreisen Märkisch-Oderland, Spreewald und Barnim aufgebaut habe.

Bisher zähle die Partei in Brandenburg 230 Mitglieder, doch auf ihren Internetseiten vermittle sie den Eindruck, wesentlich mehr Mitglieder zu haben. Neueste Strategie sei die „Wortergreifung“, mit der sich NPD-Leute gern öffentlichkeitswirksam in Szene setzen, wie beispielsweise beim jüngsten CDU-Parteitag in Frankfurt/Oder.

Um Veranstaltungen zu stören, würden sie sich zuvor rhetorisch schulen lassen. Solche Schulungen wurden auch bereits im Landkreis Potsdam-Mittelmark durchgeführt, berichtete Winfriede Schreiber. Mit ihren Konzepten würde die NPD an das Dritten Reich anknüpfen, auch ihr Vokabular entstamme dem völkischen Wortschatz mit militaristischen Tendenzen.

Die Initiative, die sich seit zwei Jahren mit dem Thema beschäftigt, hat sich daher auf die Fahnen geschrieben, den Kampf gegen Rechts in der Gesellschaft zu führen. Das erfordere, im Alltag für Demokratie und Menschenrechte klar einzutreten. Dabei zeige sich oftmals, bekannte einer der Netzwerkakteure, „dass man auch an sich selbst arbeiten muss“. Beispielsweise sei die Abschottung gegen Fremdes eine weit verbreitete Stimmung, die von der NPD genutzt werde. Doch wer genauer hinschaue, merke, dass sich die NPD nur als Sozialkämpfer aufspiele und für die von ihr angesprochenen Probleme gar keine Lösungen aufzeige. Zwar sei die Auseinandersetzung mit der NPD mühsam, aber notwendig, so das Fazit der Debatte. Auch das von einem Diskussionsteilnehmer geforderte Verbot der NPD sei keine Lösung, befand die Netzwerkinitiative. Denn die harten Kader würden weiterziehen in andere Organisationen oder neue gründen.

Thomas Weidlich vom Mobilen Beratungsteam Brandenburg berichtete, dass es einer Bürgerinitiative in Belzig gelungen sei, Rechtsextreme so zu entmutigen, dass sie ihre Aktivitäten einstellten. Anfangs sei es nur eine Initiative von wenigen Leuten gewesen, die anderen die Augen geöffnet habe, dann aber immer mehr Mitstreiter fand, so Weidlich.

Dass Rechtsextreme nicht erwünscht sind, könne man aber auch durch seine Stimmabgabe bei der Wahl zeigen, meinte eine Studentin aus Oschatz. Denn in ihrem Heimatort habe die NPD zehn Prozent errungen, weil nur 50 Prozent der Einwohner zur Wahlurne gingen. Solche Politikverdrossenheit nütze nur der NDP, stellte die junge Frau fest.

Kirsten Graulich

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