
© dapd
Verkehrsplanung: Piste frei für Pendler
170 000 Brandenburger fahren täglich nach Berlin zur Arbeit, umgekehrt sind es 70 000 Menschen: Zeit, dass sich die Verkehrsplaner neue Ideen einfallen lassen. Ihr Blick richtet sich speziell auf Radler. Auch die Region Teltow soll besser angebunden werden
Stand:
Region Teltow / Berlin - Berlin und Brandenburg wollen ihre Radroutennetze verknüpfen. Mit schnellen und kreuzungsarmen Strecken sollen Menschen aus dem Umland und vom Stadtrand aufs Rad umsteigen und das Auto stehenlassen. Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf und das angrenzende Umland planen nun einen „Korridor“ für Radfahrer. „Bislang passen die Radroutennetze von Berlin und Brandenburg nicht zusammen“, sagte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU), „die Engpässe müssen beseitigt werden“.
Derzeit untersuchen Planer, wie die benachbarten Orte Kleinmachnow, Stahnsdorf und Teltow besser angebunden werden können. Finanziert werden soll die Idee aus Fördertöpfen für Elektromobilität. Denn mit „Pedelecs“ – also Räder mit elektrischem Hilfsmotor – können auch ungeübte oder ältere Menschen größere Distanzen zur Arbeit überwinden. Der „Pedelec-Korridor Berlin-Brandenburg“ ist Teil eines von bundesweit vier „Schaufenstern der Elektromobilität“, die im vergangenen Jahr aus 23 Bewerbungen von der Bundesregierung ausgewählt wurden. Die Entscheidung über die Fördermittel erwartet Dominique Sevin von der „Berliner Agentur für Elektromobilität“ im März dieses Jahres.
Noch fehlen Elektro-Tankstellen und Ausleihmöglichkeiten in der Region, auch öffentliche Stellplätze sind nicht ausreichend vorhanden. Eventuell werde es nötig, besondere Wege anzulegen, weil normale Fahrradwege zu schmal für die Elektroräder seien, hatte die Klimaschutzbeauftragte für Teltow und Kleinmachnow, Katharina List, zuvor gegenüber den PNN bereits wichtige Ziele des Projektes aufgezeigt.
Angesichts der geringen Verkaufszahlen von Elektroautos sind nun die Radfahrer in den Fokus der Forscher gerückt – das Pedelec für Pendler. In Mecklenburg-Vorpommern hat eine im vergangenen Jahr erstellte Studie ergeben, dass Fahrrad oder Pedelec für Pendler die geeignetsten Verkehrsmittel sind. Und zwar aus vielerlei Gründen: Die Kosten sind viel geringer als beim Auto, zudem fördert man automatisch die Umwelt und die eigene Gesundheit – und oftmals ist das Rad schneller als das Auto. Wer mehr an Sport denkt, nimmt das Fahrrad, wer bequem und unverschwitzt ankommen möchte, nutzt das Pedelec – so das Fazit der Studie.
Doch dazu bedarf es schneller und vor allem kreuzungsfreier Wege, also „Autobahnen“, wie sie bislang aus Holland oder Dänemark bekannt sind. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sind in den Niederlanden bereits eine Million Menschen auf Pedelecs unterwegs. Zehn Prozent aller niederländischen Fahrradkilometer werden auf einem E-Bike gefahren. Auf einem E-Bike werden pro Woche in Holland durchschnittlich 31 Kilometer zurückgelegt; auf einem gewöhnlichen Fahrrad sind es 18 Kilometer. Nach Angaben des Fahrradclubs ADFC haben Pedelecs „das Potenzial, auch längere innerstädtische motorisierte Fahrten zu ersetzen“.
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes pendeln derzeit 179 000 Menschen nach Berlin und 70 000 Berliner nach Brandenburg. Um sie aufs Pedelec zu bekommen, bedarf es aber auch nach Angaben von Bezirksbürgermeister Kopp sicherer Abstellanlagen für die bis zu 2000 Euro teuren Räder. „Wir wollen die großen Arbeitgeber in Steglitz-Zehlendorf überzeugen, sich zu engagieren“, sagte Kopp. Er denkt an die Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) und die Freie Universität. Abstellmöglichkeiten für viele Fahrräder entstehen auch im Norden: In Bernau, direkt am S-Bahnhof, wird ein Fahrradparkhaus – das erste in Brandenburg – errichtet. Kapazität: 600 Räder. Kosten: fast zwei Millionen Euro.
Der Club um Eva-Maria Scheel, der Chefin des Berliner ADFC, fordert seit Langem „Radschnellwege“ mit grüner Welle, auf der Radler auch größere Distanzen überwinden können. Sinnvoll wäre zum Beispiel innerstädtisch ein Schnellweg auf der Ost-West-Achse über Kaiserdamm und Bismarckstraße in Charlottenburg. Dafür müsste eine der vielen Autospuren umgewidmet werden.
Nach Angaben der Senatsverkehrsverwaltung scheidet die ehemalige Stammbahn als Trasse für einen Radweg Richtung Teltow und Kleinmachnow jedoch aus, weil die vor Jahrzehnten stillgelegte Trasse zwischen Zehlendorf und Düppel und weiter Richtung Potsdam noch nicht entwidmet ist, rechtlich also weiterhin eine Eisenbahnstrecke ist. Grundsätzlich seien Radwege auf Eisenbahntrassen aber sinnvoll, weil sie nur selten von Straßen gekreuzt werden. Bislang wurden alte Strecken vor allem aus touristischen Gründen zu Radwegen umgebaut.
Radschnellwege existieren auch in Berlin – auch wenn sie nicht so genannt werden. So gibt es entlang der Autobahn nach Schönefeld und parallel zur Avus ausgezeichnete Radwege, auf denen ampelfrei schnell große Entfernungen zurückgelegt werden können. Für Pendler fehlt aber eine vernünftige Anbindung Richtung Innenstadt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: