
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: „Sie sind doch festjeschnallt“
Der 82-jährige Werner Wanders aus Geltow hat im Auto Routine. Das will er vom ADAC schriftlich
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Schwielowsee – Im Straßenverkehr kommt Werner Wanders nach wie vor gut zurecht. Routiniert steuert der 82-Jährige seinen feuerroten Ford Fusion durch Geltow und plaudert angeregt mit seinem Beifahrer. „Wo soll es denn heute hingehen?“, fragt der. Werner Wanders antwortet im breiten Krieewelsch: „Sagen sie et mir – solang isch nit zu fliegen brauch’, können wir öberall lang.“ Neben dem gebürtigen Krefelder sitzt Fahrlehrer Harald Sittner und grinst. Im Rahmen des ADAC-Fahrfitnesschecks für Senioren soll er dem Rentner heute auf Finger und Füße schauen – und ihm im Idealfall bestätigen, dass er fit am Steuer ist.
Seit drei Jahren bietet der Autoclub in Zusammenarbeit mit Fahrschulen die anderthalbstündige Testfahrt für Senioren an. Selbstzweifel sollen ausgeräumt und gegebenenfalls Defizite aufgezeigt werden, zum Beispiel nach längerer Krankheit oder einer Reha, erklärt Izabela Grzywacz, Sprecherin des ADAC Berlin-Brandenburg. Alles ist freiwillig, am Ende der Fahrt kann der Fahrlehrer eine Empfehlung abgeben. Eine Meldung an die Behörden gibt es auch nicht. Die Nachfrage steigt: Allein im vorigen Jahr hätten 180 Senioren beim Fahrcheck mitgemacht – dreimal so viele wie im Vorjahr, so Grzywacz. Vor allem Senioren aus Berlin und dem Berliner Umland möchten ihre Fahrkünste auf die Probe stellen.
Werner Wanders, der seit einigen Jahren mit seiner Frau in Geltow lebt, hat in der Zeitung vom Fahrcheck erfahren. Natürlich denke er, dass er mit 82 noch fit ist, räumt er ein, „aber man fühlt sich sicherer, wenn et vom Fahrlehrer bestätigt wird“. Seinen Führerschein hat Wanders schon 1947 gemacht. „Dat war noch auf nem MAN mit Holzverjaser“, erinnert er sich. Er hatte damals als Lkw-Fahrer bei einer Spedition gearbeitet, durch den Job kam er 1969 nach Westberlin.
Nach der Wende baute er sich ein Haus in Ferch, nun wohnt er in einer seniorengerechteren Mietwohnung. Seinen Laster-Führerschein hat er längst freiwillig abgegeben, auf das Auto aber möchte Werner Wanders nicht verzichten – ob zum Einkaufen oder für den Urlaub. Bis Düsseldorf geht es dann auf der „Warschauer Straße“, wie die A2 in Fernfahrerkreisen heißt.
Jetzt geht es aber erst einmal mit 50 km/h über die B 2 in Richtung Werder. Fahrlehrer Sittner, der aus Falkensee angereist ist, findet fast nur lobene Worte für die Fahrweise des Seniors: Das Tempo angepasst, der Sicherheitsabstand stimmt und wie geschmiert schaltet Wanders durch die Gänge – ohne dass der Motor heult. Nur dass die Hände nicht beide auf dem Lenkrad liegen, bemängelt er. Werner Wanders’ Rechte ruht für gewöhnlich auf der Handbremse. „Sie bremsen doch nicht nur damit – sie bringen uns ja in Gefahr“, so Sittner überspitzt. „Wieso – sie sind doch festjeschnallt“, kommt der trockene Konter.
Nein, wenn es hart auf hart kommt, betätigt Wanders alle Bremsen, sagt er. Sicherheit wird bei ihm groß geschrieben: Das sechs Jahre alte aber sparsam gefahrene Auto ist top-gewartet, sogar ein Fensterhammer hängt griffbereit über dem Cockpit, um sich im Notfall aus dem Wagen befreien zu können. Der 82-Jährige überlässt nichts dem Zufall.
Es ist die Erfahrung, mit der Senioren kleinere Defizite wett machen können, weiß Fahrlehrer Sittner und spielt auf den gern mal vergessenen Schulterblick an. Er selbst hat im Rahmen des Fahrchecks schon rund 35 Rentner begleitet. Der älteste war 92 und noch top fit, so Sittner. „Ich musste noch niemandem empfehlen, das Auto gänzlich stehen zu lassen“, unterstreicht er. Dennoch sei der Fahrcheck sinnvoll: Zwar führt die Gruppe der 21- bis 25-Jährigen nach wie vor die Unfallstatistik an – 857 Beteiligte waren es in Brandenburg 2010, während nur 358 über 75-Jährige in Unfälle verwickelt waren. Doch würden Senioren bei Verkehrsunfällen schwerer verletzt werden. Und auch die Veränderungen im Straßenverkehr würden manchen zu schaffen machen: Mehr Teilnehmer, neue Technik, „und dann muss man vielleicht auch noch Medikamente nehmen, die die Fahrtüchtigkeit einschränken“, so Sittner.
Bei seinem heutigen „Fahrschüler“ ist von alledem nichts zu merken. Zurück aus Werder bekommt Werner Wanders eine Urkunde überreicht, die ihm seine volle Fahrtüchtigkeit bestätigt. Damit wird er sich wohler fühlen, wenn es das nächste Mal über die „Warschauer“ in Richtung Westen geht.
Anmeldung für 69 Euro (ADAC-Mitglieder 49 Euro) unter der Telefonnummer (030) 868 6475
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