zum Hauptinhalt
Beelitz macht Blau: Seit gestern werden in der Region wieder Heidelbeeren geerntet. Der Startschuss fiel in Klaistow, wo man auf 22 Hektar selbst pflücken kann.

© Nestor Bachmann

Fruchtwechsel: Spargel war gestern

Die Beelitzer Bauern kommen mit der Heidelbeere gut über den Sommer. Die Saison ist eröffnet

Stand:

Beelitz - „Die Blaubeere stopft das Sommerloch.“ Manfred Kleinert vom Landesgartenbau-Verband formuliert eine Bauernregel, die so alt noch gar nicht ist – die aber immer häufiger Anwendung findet: Der Spargel ist geerntet, die Erdbeeren auch – nur noch ein paar Kirschen hängen in den Bäumen. Wie also könnte der mittelmärkische Land- und Erlebniswirt den Reigen der Saisonprodukte – und seiner Einnahmequellen – besser fortsetzen? Der Spargelhof der Familien Buschmann und Winkelmann liefert ein mustergültiges Beispiel für den Fruchtwechsel auf Teller und Theke, wohl auch deshalb fiel der Startschuss für die diesjährige Heidelbeersaison gestern wieder in Klaistow. In den kommenden Wochen kann man die blauen Perlen aber überall in der Region pflücken oder im Körbchen kaufen.

Denn die Spargelbauern im Beelitzer Raum haben die Heidelbeeren für sich entdeckt – um Kunden über den Sommer zu binden und für Abwechslung auf den Tellern zu sorgen. „Man hat die Kapazitäten, die Transportmittel und die Leute“, so Spargelbauer Josef Jakobs. Da könne das Geschäft nicht nur auf die 80 Tage Spargelzeit beschränkt bleiben. „Es ist gut, wenn man das Geschäft entzerren kann“, so der Landwirt weiter. Die Jakobshöfe in Beelitz ernten Heidelbeeren mittlerweile auf zehn Hektar, zehn weitere befinden sich derzeit im Aufbau.

Kultiviert wurde die Heidelbeere erstmals Ende des 19. Jahrhunderts in Nordamerika. Über die Niederlande kam sie in den 1930er Jahren nach Deutschland. Heute gibt es mittlerweile hundert verschiedene Sorten, die von ihrem Ursprung her nichts mit der hier heimischen und kleineren Blaubeere zu tun haben. Seit der Jahrtausendwende ist die Heidelbeere in Brandenburg auf dem Vormarsch. Laut Landwirtschaftsministerium hat sich der Ertrag von 177 Tonnen in 2006 auf 421 im vergangenen Jahr fast kontinuierlich gesteigert. Die Bayern habe man damit schon überholt, nur die Niedersachsen habe man noch vor sich, so Hans-Rüdiger Schubert aus dem Landwirtschaftsministerium. Die liegen allerdings mit 4700 Tonnen pro Saison, vor allem aus der Lüneburger Heide, deutlich an der Spitze.

Einer, der in beiden Regionen Fuß gefasst hat, ist Heinrich Thiermann. Der Landwirt aus dem niedersächsischen Scharringhausen betreibt seit elf Jahren neben dem Familienstammsitz auch das Domstiftgut Mötzow im Nordwesten des Landkreises – und seit 13 Jahren die Heidelbeerplantage am Finnenhaus in Beelitz-Heilstätten. Er lobt das Klima unter den Landwirten in der Region, die sich nicht als Konkurrenz verstehen würden, sondern eine Erzeugergemeinschaft bilden. „Es ist die einzige Möglichkeit, dem ländlichen Raum faire Preise zu geben“. Und es führe dazu, dass die Verbraucher mitgenommen werden.

Lediglich der Regen trübt wie allzu oft die Feierlaune bei den Bauern. Nach den starken Güssen in den vergangenen Wochen wird bei den Heidelbeeren schon jetzt mit Ertragseinbußen von bis zu 30 Prozent gerechnet, heißt es seitens des Landwirtschaftsministeriums. Unternehmer Ernst-August Winkelmann will solchen Prognosen nicht trauen: „Wir blicken einer guten Ernte entgegen“, sagt er.

Die Saisoneröffnung muss dennoch in einem kurzen Sonnenfenster über die Bühne gebracht werden. Dabei erfährt man einiges über die Vorzüge der Kulturheidelbeere: So soll sie durch ihren Farbstoff freie Radikale im Körper neutralisieren und so Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Auch gegen Darmbeschwerden soll die blaue Frucht helfen. Und schließlich strafft sie auch die Haut, wie Vize-Landrat Christian Stein (CDU) bemerkt. „Im Prinzip starten wir hier ein riesengroßes Anti-Aging-Programm“, witzelt er und hat mit „Blaubeeren statt Botox“ schon den passenden Slogan parat.

Der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth verwies auch auf die immer weiter wachsende Produktpalette: Neben dem Spargel werden in Klaistow mittlerweile auch die Heidelbeeren in allen denkbaren Variationen auf den Tisch gebracht: Traditionell mit Hefeklößen, Eierkuchen oder Windbeuteln, unkonventionell mit Kassler, Matjes oder als Nudeln, außerdem als Brotaufstrich oder Eis. „Unsere Spargelbauern leisten enorm viel“, so Knuth. Indem das Angebot immer größer werde, sei auch Beelitz immer häufiger in aller Munde – ob nun in länglicher Form als Spargel, in Kugelform wie bei der Heidelbeere oder aufgeblasen als Kürbis.

Am Sonntag wird auf dem Spargelhof Klaistow das Heidelbeerfest gefeiert – mit Heidelbeerkuchen und Country-Musik auf der Hofbühne. Bereits am Samstag wird das 2,5 Hektar große Maislabyrinth eröffnet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })