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Beelitzer Spargel: Spargelbauern wehren sich gegen Etikettenschwindel
Der Verein der Beelitzer Spargelbauern will ein europäisches Qualitätssiegel einführen - weil nicht jeder Spargel, der als Beelitzer gehandelt wird, auch aus dem Anbaugebiet stammt. Bei der Bestimmung der Herkunft des Gemüses kann ein neues Verfahren helfen.
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Beelitz - Es ist in jedem Frühjahr das gleiche Bild: Während die Beelitzer Spargelbauern gerade erst angefangen haben, ihr Edelgemüse zu stechen, sind die Körbe der Straßenhändler schon prall gefüllt – alles Qualität, alles aus Beelitz, wie die Schilder versprechen. Tatsächlich stammt das angepriesene Gemüse aber mindestens zum Teil aus dem Großmarkt – und damit aus Griechenland, Spanien oder Polen. Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin mahnt schon seit Längerem, dass – würde man alle als Beelitzer bezeichneten Stangen zusammenzählen – ein Mehrfaches der tatsächlich in Beelitz geernteten Menge zusammenkommen würde.
Die 16 Spargelbauern im Beelitzer Anbaugebiet haben sich ihre Marke zwar bereits Mitte der 1990er Jahre vom Patentamt in München schützen lassen, doch offenbar reicht das nicht, um den Etikettenschwindel zu stoppen. Jetzt gehen sie erneut in die Offensive: Der Name „Beelitzer Spargel“ soll nach EU-Recht zur „Geografisch Geschützten Angabe“ (GGA) werden. Damit würde er den gleichen Schutzstatus wie zum Beispiel der Parmaschinken oder die Spreewaldgurke erhalten, sagte Vereinsvorsitzender Manfred Schmidt gestern den PNN. „Das Anerkennungsverfahren wird eine lange bürokratische Prozedur, aber wir wollen uns dem in diesem Jahr stellen“, so Schmidt, der dafür auch auf die Unterstützung des Brandenburgischen Agrarministeriums setzt. Mit dem Siegel der Europäischen Union hätte man dann noch eine stärkere Handhabe zur Verfügung, so der Vereinsvorsitzende.
Die Hoffnung der Spargelbauern: dass sich Betrüger davon abschrecken lassen. Sie zu überführen und vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen, wird allerdings schwierig für den kleinen Verein. Dem Verbraucher rät Schmidt deshalb, am Stand nachzufragen, von welchem der Beelitzer Höfe der angebotene Spargel stammt. „So viele sind wir ja nicht, die meisten Kunden kennen unsere Namen“, sagt er. Unterschiede mit dem bloßen Auge zu erkennen ist kaum möglich – erst beim Verzehr würde man merken, ob man tatsächlich das „weiße Gold“ aus der Nieplitz-Niederung auf dem Teller hat.
Ob es sich um Original oder Fälschung handelt, lässt sich seit Kurzem auch auf einem weiteren Wege klären: Der Geochemiker Martin Rosner hat jetzt ein Analyseverfahren entwickelt, mit dem sich die Herkunft von Lebensmitteln, aber auch von Rohstoffen, genau bestimmen lässt. Mit seinem vor zwei Jahren gegründeten Unternehmen „IsoAnalysis“ bietet er das als Dienstleistung an und hat bereits nachgewiesen, dass es deutliche Unterschiede zwischen israelischen Paprika und deutschen gibt, die im Gewächshaus gezogen wurden. Den mit einem Massenspektrometer messbaren Unterschied hat er in den chemischen Elementen Bor und Strontium gefunden, welche die Pflanzen aus dem Boden aufnehmen. Die IsoAnalysis misst die Verhältnisse unterschiedlich schwerer Atome, also der Isotope, und erhält so eine Art „Fingerabdruck“.
Im vergangenen Jahr hat Rosner den Spargel-Betrug ins Visier genommen. Dafür musste er erst einmal die Beelitzer Böden analysieren und in eine Datenbank aufnehmen. Die soll nun so umfangreich sein, dass das Unternehmen auf Anfrage jedem Spargel genau den Boden zuordnen kann, auf dem er gewachsen ist.
Immerhin: In diesem Jahr wird der Etikettenschwindel wohl nicht so groß werden wie sonst, sagt Manfred Schmidt. Schließlich haben die Bauern bereits Anfang April und damit rund eine Woche früher als sonst mit der Ernte angefangen. Auch von der erwarteten Erntemenge her sehe er keinen Anlass, dass irgendjemand den Beelitzer Spargel mit Importgemüse strecken müsste: 40 bis 50 Tonnen sollen pro Tag auf den knapp 1200 Hektar Anbaufläche im Beelitzer Gebiet geerntet werden – und das noch bis Ende Juni.
Der offizielle Startschuss fällt indes am Donnerstag, 19. April. Dann feiern die Beelitzer den Saisonauftakt auf dem Spargelhof in Klaistow – und das mit der garantiert echten Beelitzer Stange.
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